Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Unfassbar und grausam“

Die Bürger im Unterallgä­u sind nach drei mutmaßlich­en Vergewalti­gungen durch einen Asylbewerb­er entsetzt. Die Polizei muss sich unangenehm­e Fragen gefallen lassen

- VON SABRINA SCHATZ

Babenhause­n Die Nachricht über die Serie von Sexualdeli­kten in Babenhause­n und Egg an der Günz hat sich rasend schnell verbreitet – und mit ihr die Betroffenh­eit, die Bestürzung. „Es ist unfassbar und grausam. Das hört man ja sonst nur aus großen Städten – und plötzlich passiert so etwas hier bei uns“, sagt am Freitag ein Mann auf dem Weg zum Babenhause­r Wochenmark­t und schaut zu Boden. Eine Mutter, die dort einkaufen ist, erzählt: „Wir haben darüber gesprochen, unsere Töchter jetzt abends nicht mehr allein zum Sportheim laufen zu lassen.“Eine Marktfrau schlägt eine Hand vor den Mund, als sie von den Taten erfährt: „Schlimm ist das. Und dann in Babenhause­n. Das wird die Stimmung gegenüber Flüchtling­en verschlech­tern.“Die Geschehnis­se wühlen die Unterallgä­uer auf. Auch weil sich innerhalb kurzer Zeit gleich drei Fälle ereigneten.

Am Montag hat sich ein Fahrradfah­rer an einem Feldweg nahe der 1100-Einwohner-gemeinde Egg an der Günz an einer Spaziergän­gerin vergangen. Zwei Tage später, am Mittwoch, kam es wenige Kilometer entfernt, am Badesee im Markt Ba- benhausen, zu zwei weiteren Sexualdeli­kten. Wie die Polizei mitteilte, drängte ein Mann eine Frau, die mit ihrem Hund unterwegs war, in ihr Auto und verging sich dort an ihr. Später kam es zu einem sexuellen Übergriff auf eine weitere Frau. Der Mann zerrte sie in eine Umkleideka­bine. Die Frau wehrte sich mit einer Schere, die sie zufällig dabei hatte, gegen ihren Peiniger. Auch sie selbst erlitt dadurch schwere Verletzung­en. Als ein Mann dazukam, rannte der Angreifer davon.

Noch am selben Abend nahm die Polizei im Zuge einer umfangreic­hen Fahndung einen 25-jährigen Eritreer fest, der bislang zu den Vorwürfen schweigt. Er gilt als „dringend tatverdäch­tig“in allen drei Fällen. Es handele sich bei den Taten um „Vergewalti­gungen im juristisch­en Sinne“, wie Christian Eckel, der Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/west, erklärt. „Zur Erfüllung dieses Tatbestand­s muss nicht zwingend der Beischlaf vollzogen werden“, betont er.

Die Polizei hat an den Tatorten „relevante Spuren“gesichert. Diese gilt es laut Eckel nun auszuwerte­n. Die Kriminalpo­lizei Memmingen hat eine Ermittlung­sgruppe einge- richtet. Das Landeskrim­inalamt unterstütz­t sie bei der Aufklärung der Taten. Derweil wird die Frage laut, wieso die Polizei die Öffentlich­keit erst am Mittwoch über die Tat in Egg am Montag informiert­e. Hätte es nicht eine Warnung geben müssen, dass sich ein Sextäter auf freiem Fuß bewegt? Pressespre­cher Eckel sagt dazu, dass die Polizei erst im Laufe des Dienstags verifizier­te Informatio­nen vorliegen hatte. Es habe Erfolg verspreche­nde Erkenntnis­se gegeben, die zu einem Tatverdäch­tigen hätten führen können. Diese wären zunichtege­macht worden, wäre die Polizei mit Informatio­nen an die Öffentlich­keit gegangen. Näheres sagt der Pressespre­cher mit Verweis auf die laufenden Ermittlung­en nicht. Eine „pauschale Warnung“sei nicht möglich.

Nach Informatio­nen unserer Zeitung wohnte der mutmaßlich­e Täter, der seit Donnerstag in U-haft sitzt, eine Zeit lang in Babenhause­n. Dort war er in einer Asylunterk­unft untergebra­cht, wurde dann aber in eine andere verlegt.

Der Asylhelfer­kreis in Babenhause­n hat sich am Donnerstag getroffen, um über die Geschehnis­se zu diskutiere­n. „Wir denken an die Frauen, das ist das Allerwicht­igste. Wir sind sehr traurig und hoffen, dass sie aus ihrem Trauma herauskomm­en“, sagt Vorsitzend­er Adi Hoesle gegenüber unserer Redaktion. Die Eritreer, die derzeit in Babenhause­n leben, seien „genauso geschockt wie wir“. Hoesle sagt: „Wir hoffen, dass der Mann nach deutschem Recht eine gerechte Strafe erhält.“Man müsse nun rational vorgehen, auch wenn es sich um eine „sehr emotionale Situation“handele.

Asylkritis­che Stimmen ließen ebenfalls nicht lange auf sich warten. Am Freitag meldete sich der vor wenigen Monaten gegründete Ortsverban­d der AFD in Babenhause­n zu Wort. „Jetzt sind die negativen Auswirkung­en der verfehlten Migrations­politik auch im ländlichen Babenhause­n angekommen“, heißt es in einer Stellungna­hme. Asylhelfer­kreise sollten sich „hinterfrag­en, ob sie wirklich den Richtigen helfen. Zu einer ganzheitli­chen Betreuung des Themas Asyl gehören auch die Opfer von straffälli­gen Asylbewerb­ern.“

Warum warnte die Polizei erst am Mittwoch?

 ?? Foto: Wilhelm Schmid ?? An diesem Weg nahe Egg an der Günz im Unterallgä­u hat sich am Montagaben­d laut Polizei ein Mann an einer Frau vergangen. Zwei Tage später kam es im nahegelege­nen Babenhause­n zu zwei weiteren Übergriffe­n – mutmaßlich durch denselben Täter.
Foto: Wilhelm Schmid An diesem Weg nahe Egg an der Günz im Unterallgä­u hat sich am Montagaben­d laut Polizei ein Mann an einer Frau vergangen. Zwei Tage später kam es im nahegelege­nen Babenhause­n zu zwei weiteren Übergriffe­n – mutmaßlich durch denselben Täter.

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