Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Karabatic ist da
Frankreichs dreimalige Welthandballer war verletzt. Nun ist er doch noch überraschend zur Mannschaft gestoßen. Ob er am Dienstag gegen Deutschland spielt, ist offen
Berlin Hat schon die bloße Anwesenheit des Superstars zur gewaltigen Leistungssteigerung seiner französischen Teamkollegen im zweiten Wm-spiel geführt? Es ist jedenfalls Fakt: Nikola Karabatic ist in Berlin eingetroffen, hat sich am Samstagabend das beeindruckende 32:21 (15:12) der Equipe Tricolore gegen Serbien angeschaut und am Sonntag erstmals mit der Mannschaft des amtierenden Weltmeisters trainiert.
Nach einer Zeh-operation im Oktober war eigentlich mit einer bis zu sechs Monate langen Pause des 34-Jährigen gerechnet worden – aber jetzt könnte er sogar schon im Vorrundenspiel gegen die deutsche Mannschaft morgen Abend (20.30 Uhr) sein Comeback geben. Dafür müsste Trainer Didier Dinart allerdings einen anderen Akteur aus dem Kader streichen. Angeboten hat sich dafür am Samstagabend definitiv niemand. „Sie werden sehen“mehr ließ sich Dinart nach Spielende erst einmal nicht entlocken. Doch wie fit ist Nikola Karabatic wirklich? „Ich habe nicht das Gefühl, mich selbst in Gefahr zu bringen“, sagte er der französischen Sportzeitung am Samstag. „Selbst mit einer sehr kleinen Rolle im Team wäre ich der glücklichste Mensch auf der Welt.“Nach dem Spiel gab der dreimalige Welthandballer allerdings
L’equipe
auch zu Protokoll: „Ich bin nicht hier als Zuschauer.“Für Insider kam die Rückkehr weniger überraschend als für die Öffentlichkeit. „Ich habe geschmunzelt, als ich von seinem Comeback gehört habe. Er hat bereits seit Dezember Laufeinheiten absolviert und zuletzt schon mit unserer zweiten Mannschaft trainiert“, sagte der deutsche Kapitän Uwe Gensheimer, der gemeinsam mit Karabatic bei Paris St. Germain spielt. Warum wollte Karabatic unbedingt noch auf den WM-ZUG aufspringen? Der Mann hat alles gewonnen, was es im Handball zu gewinnen gibt. Es geht ihm wohl darum, nicht nur als einer der größten, sondern als der größte Handballer in die Geschichte einzugehen. Seit seinem Länderspieldebüt im Jahr 2002 hat Karabatic kein großes Turnier verpasst, hat zwei Olympiasiege, vier WM- und drei Em-titel gefeiert. 16 Jahre nahezu verletzungsfrei - das ist rekordverdächtig. Diese Serie will er zweifellos ausbauen. Zudem hat er als großes Ziel zum Karriereabschluss die Olympischen Spiele 2020 in Tokio ins Auge gefasst. Der Weltmeister qualifiziert sich direkt für Japan. Bei der erfolgreichen Titelverteidigung will der Meister helfen. Zu guter Letzt spielt es sicher eine Rolle, dass die WM in Deutschland stattfindet. Von 2005 bis 2009 trug Karabatic das Trikot des THW Kiel. „Es macht immer Spaß, zurück nach Deutschland zu kommen“, sagte er gestern. Wenn der Meister Spaß hat, dann haben die Gegner in aller Regel nichts zu lachen.
Den Tatsachen ins Auge zu blicken, ist schmerzhaft. So sehr, dass Tränen fließen können. Selbst härtesten Männern öffnet es die Schleusen, wenn sie akzeptieren müssen, was sie nie akzeptieren wollten. Dass das Christkind nicht das gesamte auf DVD gebannte künstlerische Wirken von Pamela Anderson unter den Baum neben das Kuscheleinhorn der Zweijährigen legt. Bittere Momente.
Momente, wie sie in Häufigkeit und Intensität nur der Sport liefert. An die Latte klatschende Bälle sorgen wöchentlich für ungezählte feuchte Augen. Richtig gefühlig aber wird es, wenn sich Männer eingestehen, dass es nicht mehr reicht. Dass man den eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht wird. Michael Rösch gewann 2006 olympisches Gold mit der deutschen Staffel. In den vergangenen Jahren startete er für die Wintersportgroßmacht Belgien. Nun aber: Karriereende. Wahrscheinlich wird er in seinem Leben nie mehr etwas besser können, als auf Skiern durch die Landschaft zu hetzen und schwarze Scheiben weiß zu schießen. Neuanfang mit 35 Jahren. Ein ähnliches Schicksal teilt Andy Murray, mit dem dezenten Unterschied, dass er nur eine vage Vorstellung seines Kontostandes benötigt. Geld wird in seinem Leben kein Problem mehr darstellen. Trotzdem: Auch seine Augen füllten sich mit Tränen, als er das Ende seiner Laufbahn bekannt gab.
Das Leben als Rockstar mag für Leber, Lunge und Co. schädlicher sein als Leistungssport. Drei dahingeschrammelte Akkorde reichen aber für Bühnenpräsenz und damit verbundene Ego-streicheleien bis ins Rentenalter. Friedhelm Funkel schien ein ähnlicher Weg vorgezeichnet. Der Angus Young unter den Trainern. Nicht besonders einfallsreich, aber immer erfolgreich. Nun aber sollte auch für ihn Schluss sein. Er konnte sich mit den Bossen der Düsseldorfer Fortuna nicht auf eine Vertragsverlängerung einigen. Darauf folgten: Tränen. Dann aber: Wende. Und doch noch mal ein Jahr Verlängerung. Was dann kommt, dürfte klar sein.