Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Kaiser mit dem großen Ego

Festakt zum Jubiläum Maximilian­s I.

- VON STEFANIE SCHOENE

Am 12. Januar 1519 verstarb Maximilian I., der notorisch klamme Kaiser mit den guten Beziehunge­n zum Finanzplat­z Augsburg. Als Erzherzog von Österreich, Herzog von Burgund, römisch-deutscher König und durch Selbstprok­lamation Römischer Kaiser, der Zeit seines Lebens mit enormen Mitteln an seiner Legende gearbeitet hatte, überließ er bis zum Ende nichts dem Zufall: Am 11. Januar verlangte er die Sterbesakr­amente, übergab das kaiserlich­e Siegel und verbot, ihn noch mit seinen Titeln anzureden. Ab 19 Uhr wurde laut gebetet, um drei Uhr früh verstarb der Kaiser. Er durfte nicht ausgeweide­t oder einbalsami­ert werden, stattdesse­n verfügte er Haareschne­iden und das Herausbrec­hen der Zähne, die zur Buße mit glühenden Kohlen begraben werden mussten.

In Augsburg wurde seiner am Samstag zum 500. Todestag gedacht. Etwa 100 Interessie­rte, darunter Vertreter der Bayerische­n Akademie der Wissenscha­ften, der Nürnberger Kunstsamml­ungen und der Universitä­t Wien, erinnerten in der Katharinen­kirche an den umtriebige­n Herrscher. Von den Wänden verfolgten die „Alten Meister“das Gedenkgesc­hehen. Also jene Augsburger Renaissanc­e-künstler, die durch die Aufträge Maximilian I. zu Geld und Ruhm kamen. Der launige Festvortra­g von Christof Metzger, einst Augsburger Kunstgesch­ichts-student und nun Chefkurato­r des Wiener Kunstmuseu­ms Albertina, würdigte den Kaiser und die Rolle, die Augsburg und der Kunstmarkt in dessen Legendenbi­ldung spielte.

Noch zu Lebzeiten ließ er sich pompöse Grabskulpt­uren für sein Mausoleum anfertigen. Die Enkel

Wollte der Kaiser in Augsburg beerdigt werden?

gaben eigens eine Kirche in Innsbruck in Auftrag und ließen den Architekte­n nach Augsburg reisen. Er sollte die Maße von Heilig Kreuz, Maximilian­s hiesiger Hauskirche, aufnehmen und in Innsbruck eine Kopie bauen. Hatte der Kaiser seine Skulpturen etwa ursprüngli­ch für Augsburg anfertigen lassen? Wollte er nicht doch hier beerdigt werden? Beweise gibt es keine. Aber Metzger ist nicht nur Kunsthisto­riker, er kennt auch Augsburg, er darf das: fragen.

Pläne hatte der Kaiser hier allerdings schon. Passend zur gesteuerte­n „Ahnenforsc­hung“, mit der er Wurzeln bis in die Antike schlagen wollte, sah er sich auch als Nachfahren der Augsburger Bistumspat­ronen Ulrich und Simpert. Um sich in deren Tradition als Retter der Christenhe­it zu präsentier­en, gab er eine Reiterstat­ue in Harnisch und Rüstung in Auftrag, und reiste zur Grundstein­legung des Sockels 1503 im Chor von St. Ulrich persönlich an. Der berühmte Augsburger Künstler Hans Burgkmair fertigte den Entwurf, doch das Projekt ging nie über diesen und den Sockel hinaus: Abt und Konvent hatten das Geld – 500 Gulden, die der Kaiser für die Skulptur vorgestrec­kt hatte veruntreut.

Danach wandte sich Maximilian den innovative­ren Bildmedien, den Holzschnit­ten und Papierdruc­ken zu. Augsburger Künstler und Buchdrucke­r fertigten in seinem Auftrag und unter der Aufsicht Konrad Peutingers reichsweit jene Bildwelt, die bis heute die Erzählung über Maximilian prägt.

Christof Metzger bringt es auf den Punkt: „Dass wir heute staunende Zuschauer dieses Lebens werden können, ist der späte Triumph eines Kaisers, der durch die Augsburger Kunst unsterblic­h wurde.“ Ob Füße sprechen können, diese Frage von Augsburgs Ballettche­f Ricardo Fernando konnte am Freitagabe­nd im Martinipar­k nur rhetorisch sein. Denn Antworten gab es darauf in der rund drei Stunden dauernden Internatio­nalen Ballettgal­a am laufenden Band – von Solisten aus Stuttgart und München, aus Spanien, der Slowakei, Flandern, Frankreich und Italien, und von den Tänzerinne­n und Tänzern des Balletts Augsburg – am offensicht­lichsten aber wohl in Anne Klinges Fußtheater. Auf dem Rücken liegend erzählte sie mit ihren nackten Fußsohlen und Requisiten wie Plastiknas­en und Haarteilen die Geschichte vom „Fußmord“, in der sich ein Mann und eine Frau ein amüsantes Duell liefern. 40 Millionen mal wurde das Video im Internet geklickt, auf der ganzen Welt ist sie damit zu Gast und auch im Martinipar­k lag ihr damit das Publikum zu Füßen.

Tanz im strengen Sinne war dies natürlich nicht, aber dennoch eine Aufführung, die sich bestens in den Reigen tänzerisch­er Darbietung­en fügte und Niveau und Bandbreite dieser Gala unterstric­h. Selbst der offenbar unvermeidl­iche Gala-klassiker, der Pas de deux aus „Don Quichotte“wurde mit dem spanischen Jungstar Angel Garcia Molinero und seiner Partnerin Haruhi Otani zu einem Bravourstü­ck, das man in dieser Brillanz noch nie gesehen zu haben glaubte. Nicht nur die Klassik-fans unter den Zuschauern

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