Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Weimar baut aufs Bauhaus

In der Klassikers­tadt wurde vor 100 Jahren die Architektu­r- und Designschu­le von Walter Gropius gegründet. Ein neues Museum öffnet im April

-

ist eines der Top-reiseziele dieses Jahres. Zumindest, wenn man dem Ranking des Trendreise­führer folgt. Einer der genannten Gründe wird selbst manchen Einheimisc­hen überrasche­n: Das Bauhaus! 2019 wird die Design- und Architektu­rschule 100 Jahre alt. Im Inland ist sie zwar jedem Kunstinter­essierten ein Begriff, aber keineswegs populär. Ungleich höher ist ihr Ansehen im Ausland. Namen wie die der Bauhaus-meister Mies van der Rohe oder László Moholy-nagy sind dort nicht nur für Architekte­n und Designer ein Begriff.

Weimar hat als Gründungss­tadt des Bauhauses einen besonderen Anteil an dessen Geschichte. Und zum anstehende­n Jubiläum gibt sich die Stadt an der Ilm alle Mühe, diesen Anteil zur Schau zu stellen. Denn obwohl die Architektu­r- und Designschu­le ihre Blütezeit im rund zwei Autostunde­n von Weimar entfernten Dessau erlebt hat, wurden auch in Weimar entscheide­nde Entwicklun­gen angestoßen.

1919, vor 100 Jahren, gründete Walter Gropius das Staatliche Bauhaus, indem er die Großherzog­lichsächsi­sche Kunstschul­e Weimar mit der Großherzog­lich-sächsische­n Kunstgewer­beschule vereinigte. Obwohl die etwas angestaubt­en Namen dieser beiden Schulen etwas anderes vermuten lassen könnten:

Lonely Planet

Gropius erschuf so eine revolution­äre neue Bildungsst­ätte. Er war der Erste, der Kunst und Handwerk unter einem Dach vereinte.

Sehenswürd­igkeiten sind schon im klassische­n Weimar dicht gesät. Goethes Wohnhaus, Schillers Wohnhaus, ein Denkmal für die beiden Dichter, der Rokokosaal in der Herzogin-anna-amalia-bibliothek, die Stadtkirch­e St. Peter und Paul mit einem Altar von Lucas Cranach… Im Jubiläumsj­ahr liegt der Fokus aber auf dem moderneren Weimar, dem Weimar der Bauhäusdeu­tschland ler. Die Klassik Stiftung der Stadt eröffnet im April ein neues Museum. Hier, im Bauhaus-museum Weimar, wird die weltweit älteste Bauhaus-sammlung zu sehen sein.

Walter Gropius hatte sie 1925 angelegt und mit 168 Werkstatta­rbeiten aus dem Bauhaus angefangen. Mittlerwei­le umfasst die Sammlung 13 000 Objekte. Zu den berühmtest­en gehört wohl die Tischlampe von Wilhelm Wagenfeld und Carl Jacob Jucker, eine weiße Dreivierte­l-kugel als Lampenschi­rm auf einem stabilen Glasfuß und kurzer Schnur zum An- und Ausknipsen. Auch Werke von Paul Klee, auch als Mitglied der Künstlergr­uppe Blauer Reiter bekannt, gehören dazu.

Ein besonderes Erlebnis ist der Besuch des Hauses am Horn. Es ist der einzige in Weimar umgesetzte Architektu­r-entwurf des Bauhauses, in dem zum ersten Mal die revolution­ären Wohnideen der Schule deutlich werden. Überrasche­nd für die Besucher ist vor allem die Enge des Hauses.

Architekt Georg Muche wollte kein repräsenta­tives Gebäude schaffen, sondern ein zweckmäßig­es, das sich auch die durchschni­ttlichen Bürger der 20er Jahre leisten konnten.

Derzeit wird das Haus aufwendig restaurier­t. Denn lange Zeit war es nicht als Ausstellun­gsobjekt genutzt, sondern als Wohnhaus. Zum Teil ist es diesem Umstand geschuldet, dass das Gebäude heute überhaupt noch steht. Doch im Laufe der Jahre wurde es auch verändert. Nun soll der Ursprungsz­ustand wieder hergestell­t werden. Ab Mai soll es dann zur Besichtigu­ng offen sein. Auch das Neue Museum Weimar zeigt sich nach einer Sanierung zum Jubiläumsj­ahr von seiner besten Seite. Ab 6. April ist dort die Ausstellun­g „Van de Velde, Nietzsche und die Moderne“zu sehen. Henry van de Velde war ein belgisch-flämischer Architekt, der kurz nach der Jahrhunder­twende Leiter der Kunstgewer­beschule Weimar wurde und in der Stadt vor allem die Zeit vor der Bauhaus-gründung mitprägte. Sein Wohnhaus, das Haus Hohe Pappeln, wird heute als Ausstellun­gsort genutzt und kann besucht werden. Das Neue Museum Weimar wird auch Teil des „Quartiers der Moderne“, ein Komplex rund um das Bauhaus-museum.

Besondere Bauhaus-luft schnuppern können Besucher auch an der Bauhaus-universitä­t. In Weimar wird immer noch in dem Gebäude

In der Bauhaus-uni wird die Tradition gelebt

gelehrt, das van de Velde zu Beginn des vergangene­n Jahrhunder­ts für die Kunstgewer­beschule gebaut hatte. Die Universitä­t stellt sich damit bewusst in das Erbe der historisch­en Architektu­r- und Designschu­le.

Beim Bummeln über das Gelände können Besucher einen Eindruck davon gewinnen, wie es sich anfühlt, an der Bauhaus-uni zu studieren. Und dann gibt es hier auch noch sehenswert­e Andenken an das alte Bauhaus, etwa das Direktoren­zimmer von Walter Gropius oder Wandmalere­ien sowie Wandrelief­s von Oskar Schlemmer und Herbert Bayer.

 ?? Fotos: dpa ?? Ein neues Museum (unten links) zum Jubiläum: Weimar feiert 100 Jahre Bauhaus. Auch das Musterhaus Haus am Horn (rechts oben) kann besichtigt werden. Das Mobiliar der Designschu­le wird in den Mittelpunk­t gerückt.
Fotos: dpa Ein neues Museum (unten links) zum Jubiläum: Weimar feiert 100 Jahre Bauhaus. Auch das Musterhaus Haus am Horn (rechts oben) kann besichtigt werden. Das Mobiliar der Designschu­le wird in den Mittelpunk­t gerückt.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany