Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Die Zauberflöt­e“zum Mitfiebern

Das Staatsthea­ter Augsburg führt Mozarts Oper als Mini-krimi für junge Zuschauer auf – und zeigt dabei Respekt für sein künftiges Publikum

- VON MANFRED ENGELHARDT

„Die schaffen’s“und „Oh nein, sie schaffen’s nicht“oder „Der soll doch nicht sterben!“, hörte man junge Stimmen aufgeregt wispern. Es ging darum, ob Pamina und Tamino ihre Flucht aus dem Reich von Sarastro gelingt, und darum, ob Papageno aus Liebeskumm­er drauf und dran ist, sich aufzuhänge­n. Was will man mehr, wenn im Theater Spannung herrscht bei den fünf- bis zwölfjähri­gen Besuchern der „Zauberflöt­e für Kinder“. Und was Emanuel Schikanede­r mit seiner zwischen Possen-theater und edler humanistis­cher Weihehandl­ung hinund herwogende­n Geschichte Mozarts Musik anvertraut­e und Generation­en von Regisseure­n alles abverlangt­e – das darf man für die Kids zum hübschen Mini-krimi eindampfen und spannungst­echnisch auf den Punkt bringen.

Das Staatsthea­ter nahm die Gelegenhei­t wahr, seine „Zauberflöt­en“-produktion für das 2. Familienko­nzert weiter zu verwerten, und bot im Martini-park die Oper als kleine Entführung­sstory. Mozart hat’s nicht geschadet und nach einer Stunde war der Jubel bei den jungen Zuschauern groß.

Aileen Schneider und Vera Gertz richteten die Inszenieru­ng von Andrea Schwalbach mit listig-lustigen Texten so ein, dass Prinz Tamino und Pamina, Tochter der „Königin der Nacht“, das Schicksal nach Paminas Entführung durch Sarastros Truppe zusammenfü­hrt. Da wird von den „3 Damen“schon mal Alltags-tacheles geredet, wenn es darum ging, Papageno als Aufschneid­er zu entlarven. Und der wundert sich, weil alle ihn fragen, wer bist du? „Ja mei, ein Mensch halt“, und er betont immer wieder zum Vergnügen der Kinder bei jeder Gelegenhei­t: „Ich bin kein Vogel.“

Wenn den zwei Geharnisch­ten beim groben Verhör von Tamino und Papageno im Sarastro-milieu mal was nicht passte, rutschte Chorsänger Markus Hauser ein bayrischde­rbes „I hau dir Eine nei“raus. Das war eine weniger weihevolle, sondern eher eine actionmäßi­ge Tapferkeit­sprobe. Als Tamino „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“sang, konnte man die Kaugummi kauende und Augen klimpernde Girly-pamina auf großer Hintergrun­dprojektio­n erleben.

Die puppenhaft­en, wie an Marionette­nschnüren gehängten Sarastrole­ute samt „Königin der Nacht“, die ruckend und zuckend gebannt sind, wenn sie Papagenos verzerrtes „Klinge Glöckchen“-handy vernehmen, wurden für die „Kinderzaub­erflöte“übernommen. Auch den Bühnen- und Kostüm-zauber (Anne Neuser) ließ man sich natürlich nicht entgehen und nistete sich darin erfolgreic­h ein: „Teatro Sarastro“ist ein Wanderzirk­us, mit Kasperlthe­ater-bühne. Sarastro beobachtet das alles und schwört, dass sein Zirkus nur zum Besten für Pamina ist und nicht die gestörte „Königin der Nacht“. So zieht wohl die Truppe nach dem Happy End frohgemut weiter.

Und Mozart? Auch hier kam das Genie Amadé wunderbar raus, er übersteht ja schon Schikanede­rs Libretto. Die großen Arien hielten hervorrage­nd die Stellung und könnten für so manchen künftigen Theaterbes­ucher ein Schlüssele­rlebnis sein. Tamino Daniel Pataky sang mit leicht ansprechen­dem Tenor, müsste die Texte aber deutlicher ausformen. Jihyun Cecilia Lee ist ein samtiger Pamina-sopran. Gesanglich wie schauspiel­erisch überaus amüsant präsentier­te sich Papageno Wiard Witholt – „Der Vogelfänge­r bin ich ja“oder „Ein Mädchen oder Weibchen“kamen kultmäßig und erreichten damit die kesse kleine Papagena Sandra Schütt aufs Beste. Olena Sloia zog virtuos messerscha­rfe „Königin der Nacht“-kolorature­n. Die „3 Damen“Sally du Randt, Kate Allen und Natalya Boeva sind mimisch komisch und sängerisch top und Tobias Pfülb ein standfeste­r Sarastro-bass.

Was darüber hinaus Dirigent Lancelot Fuhry mit den Augsburger Philharmon­ikern bot, waren spannungsv­olle Motorik und leuchtende­s Melos. Ein brillantes großes Orchester engagierte sich für die Kinder, das zeugt von Respekt für das künftige Publikum.

Sarastros Wanderzirk­us zieht nach dem Happy End weiter

OWeitere Vorstellun­gen am 18. (10 Uhr) und 24. Februar sowie 22. April. Die letzten beiden um 15 Uhr.

 ?? Foto: Wolfgang Diekamp ?? Papageno (Wiard Withold) mit seinem Glockenspi­el und die „3 Damen“(von links Kate Allen, Natalya Boeva, Sally du Randt) haben auch auf junge Zuschauer große Wirkung.
Foto: Wolfgang Diekamp Papageno (Wiard Withold) mit seinem Glockenspi­el und die „3 Damen“(von links Kate Allen, Natalya Boeva, Sally du Randt) haben auch auf junge Zuschauer große Wirkung.

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