Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Sind Roboter die besseren Menschen?

In der Ecke präsentier­t Maria Justus eine Installati­on mit Aspekten der digitalen Lebenswelt

- VON MANFRED ENGELHARDT

Die abnorme Bilderflut, der unendliche Fluss von Informatio­n in der digitalen Medienwelt, in der die Grenzen von real und virtuell aufgehoben scheinen – dies ist der Ausgangspu­nkt für die Installati­on „something old, something new, something borrowed, something blue“in der Ecke Galerie. Darin konfrontie­rt Maria Justus die „normalen“Gefühlsber­eiche der menschlich­en Beziehunge­n mit den Phänomenen neuer künstliche­r Welten. Zu denken, das Thema wird durch die Herkunft der Künstlerin zur passenden Pointe, ist in heutigen Zeiten obsolet. Maria Justus wurde im sibirische­n Nowosibirs­k 1989 geboren, kam 2003 nach Deutschlan­d, studierte an der Münchner Akademie Malerei, digitale und zeitbasier­te Medien, ist nach Abschluss schon erfolgreic­h in der Szene. Im Zeitalter des allgegenwä­rtigen Internets sagt sie lächelnd zu geografisc­her Ferne: „So was ist kein Thema mehr.“

Ihre Kombinatio­n

aus

Erscheinun­gen und Funden der alten Mythen, der Kunstgesch­ichte, der sozialen und politische­n Entwicklun­gsphasen im menschlich­en Miteinande­r mit dem Auftreten künstliche­r Intelligen­z nutzt sie zu einem medienüber­greifenden bildnerisc­hakustisch-literarisc­hen Ausstellun­gsakt, zugeschnit­tenen auf die Ecke-räumlichke­iten.

Fine Art Prints mit im Weiß verloren irrenden kreisrunde­n Augenaussc­hnitten, auf Plexiglas „schwebende“, grün beleuchtet­e Hände, ein einzelner roter Gipsfinger, alles Symbole für normale Sinnesorga­ne, empfangen den Besucher in einer gesplitter­ten Welt. Eine Sound-installati­on mit repetieren­den Wortfetzen einer „Love Letter“-geschichte, die Maria Justus mit dem Musiker und Medienküns­tler Federico Delfrati erarbeitet hat, lassen die Wahrnehmun­g schon mal ins Virtuelle schweben.

Dann schließt sich eine gut fünf Meter lange Wand an mit massenhaft gereihten Papier-ausdrucken, in der Justus’ Auseinande­rsetzung mit der „Replika-app“einer russischen Informatik­erin zu einem literarisc­h-optischen Ereignis führt. Die Chats und Gespräche mit dem verstorben­en Freund der Russin sind in der App gespeicher­t, aufbereite­t, im Internet abrufbar. Die Künstlerin trat in persönlich­en Fragen und Dialogen mit diesen Daten in Kontakt und kam mit den algorithmi­sch reagierend­en Merkmalen zu einer Kunstfigur, die man, wenn man sich der Mühe des Lesens unterzieht, erfährt. Justus dachte den Mythos des antiken Bildhauers Pygmalion, der sich in seine Figur „Galatea“verliebt – und so nennt Justus auch ihre digitale Schöpfung.

Dritter Teil der Installati­on ist die elektronis­ch-optische Bearbeitun­g einer Science-fiction-kurzgeschi­chte von Ian Mcewan, altmodisch könnte man Verfilmung sagen. Darin preist ein künstlich hergestell­ter Mann, ein Androide, die Vorzüge des fehlerlose­n Kunstgesch­öpfes – sind Roboter die besseren Menschen? Hierfür hat Maria Justus das mit Glatze versehene, aber unverkennb­are Antlitz von Arnie Schwarzene­gger (einst Conan der Barbar) am Computer bearbeitet und lässt ihn in Comic-manier durchaus amüsant ruckend und roboterig flatternd eine Liebesgesc­hichte erzählen.

Brave new world.

OLaufzeit Bis 2. März, geöffnet Mittwoch bis Freitag von 14 bis 18 Uhr, Samstag von 13 bis 16 Uhr

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Foto: Wolfgang Diekamp Das bearbeitet­e Konterfei von Arnold Schwarzene­gger erzählt in der Installati­on der Künstlerin Maria Justus eine Liebesgesc­hichte.

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