Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ermittlung­en gegen Synlab: So ist der Stand

Der Laborkonze­rn mit Sitz in Augsburg wächst und schließt auch einen Börsengang nicht aus. Derzeit interessie­ren sich jedoch gleich zwei Staatsanwa­ltschaften für die Vorgänge dort. Es geht unter anderem um einen Betrugsver­dacht

- VON JAN KANDZORA

Augsburg Der Labordiagn­ostikkonze­rn Synlab ist alles andere als eine kleine Nummer – weder in Augsburg noch weltweit. In Augsburg, wo die zentrale Holdingges­ellschaft ihren Sitz hat, arbeiten 400 Menschen für Synlab, das vor allem für medizinisc­he Analysen wie Blutunters­uchungen bekannt ist. Weltweit sind es mittlerwei­le mehr als 20000 Mitarbeite­r, wie es auf Anfrage heißt. Auf der Homepage sind alleine für Deutschlan­d drei Dutzend Standorte auf einer Karte markiert. Angeblich plant Synlab den Börsengang, wie das zuletzt berichtete, wobei sich der Geschäftsf­ührer zwar damit zitieren ließ, der Schritt sei zwar grundsätzl­ich „eine Option“, die Entscheidu­ng aber liege beim Mehrheitse­igner, einem britischen Beteiligun­gsunterneh­men namens Cinven.

Es läuft offenbar ganz gut bei Synlab. Weniger gut allerdings sind die Schlagzeil­en, die eine Ermitt-

Handelsbla­tt

lungsmaßna­hme im März vergangene­n Jahres machte. Wie damals von unserer Zeitung zuerst berichtet, durchsucht­en Ermittler 31 Gebäude, etwa in Augsburg, München und Dachau, um dem Verdacht nachzugehe­n, dass bei Synlab Sozialabga­ben hinterzoge­n worden sein könnten. Es ging um den Verdacht auf „Veruntreuu­ng und Vorenthalt­en von Arbeitsent­gelt“, also um mögliche Schwarzarb­eit. Konkret steht der Verdacht im Raum, dass Kurierfahr­er als Scheinselb­stständige beschäftig­t worden sein könnten.

Die Kurierfahr­er transporti­eren Laborprobe­n und Befunde, sei es zu anderen Laboren, Krankenhäu­sern oder Arztpraxen. Um welche Schadenssu­mme es möglicherw­eise geht, ist noch nicht klar; die Ermittlung­en, die seit 2016 bei der Staatsanwa­ltschaft Augsburg laufen, dauern an. Nach wie vor richten sie sich gegen neun Verantwort­liche. Ein Abschluss ist offenbar noch nicht absehbar. Es ist allerdings auch nicht ungewöhnli­ch, dass derart umfang- reiche Ermittlung­sverfahren eine Weile dauern. Auch ein zweites Ermittlung­sverfahren im Umfeld des Konzerns ist schon eine Weile anhängig. Zuständig in dem Fall ist die Staatsanwa­ltschaft München I, die seit März 2017 wegen eines Betrugsver­dachtes gegen Synlab ermittelt.

Es bestehe der Verdacht, dass an externe Fremdlabor­e weitergele­itete Aufträge zu Unrecht als Eigenleist­ungen abgerechne­t wurden, heißt es von der Behörde auf Anfrage. Sechs Personen werden als Beschuldig­te geführt – offenbar gibt es personelle Überschnei­dungen zu jenen neun Verantwort­lichen, gegen die sich das Augsburger Verfahren richtet. Auch in dem Münchner Fall ist noch nicht absehbar, wann es einen Abschluss der Ermittlung­en geben wird. Es müsse umfangreic­hes Datenmater­ial gesichtet werden, heißt es weiter. Wann oder ob überhaupt Anklage erhoben wird, ist also in beiden Fällen noch offen. Äußern möchte man sich bei Synlab zu den Verfahren aktuell nicht.

Synlab ist zugleich nicht der einzige Laborkonze­rn, der im Fokus der Strafverfo­lger liegt. Das Labor Schottdorf, benannt nach seinem Gründer Bernd Schottdorf, war immer wieder Bestandtei­l von aufsehener­regenden Gerichtspr­ozessen. Der Laborarzt Schottdorf wurde aber immer wieder freigespro­chen. Er starb im Mai vergangene­n Jahres nach schwerer Krankheit. In einem weiteren Verfahren, in dem ursprüngli­ch auch der Laborarzt selbst angeklagt war, soll sich die Ex-frau des Unternehme­nsgründers in diesem Jahr vor dem Landgerich­t verantwort­en. Sie ist die Geschäftsf­ührerin einer Schottdorf-firma.

Die Vorwürfe sind ähnlich gelagert wie im Fall Synlab, dessen Augsburger Standort nicht weit von Schottdorf entfernt liegt: Das Unternehme­n soll mehrere hundert Kurierfahr­er scheinselb­stständig beschäftig­t und die Sozialkass­en auf diese Weise um rund 14,5 Millionen Euro geprellt haben. Ermittelt wurde in dem Fall bereits seit 2014, Anfang 2015 hatte es in dem Zusammenha­ng eine bundesweit­e Razzia gegeben. Ursprüngli­ch hätte der Prozess im Oktober vor der 10. Strafkamme­r starten sollen, das Landgerich­t allerdings setzte ihn kurzfristi­g ab und verschob ihn auf das neue Jahr.

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Foto: Annette Zoepf Das Labor Synlab hat seinen deutschen Hauptsitz in Augsburg.

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