Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Warum Kurt Gribl die CSU noch warten lässt
Da der Rathauschef bislang zu einer als sicher geltenden Kandidatur schweigt, gibt es erste Spekulationen über seine Zukunft. Hinter dem Zaudern scheint ein Schachzug zu stecken
Es war im Frühjahr 2014, als ein „politisches Experiment“in Augsburg gestartet wurde. So bezeichneten die handelnden Personen die Konstellation, als der wiedergewählte Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) die Fraktionen von SPD und Grünen als Partner ins Boot holte. CSU und SPD bilden die Koalition, die Grünen agieren als Kooperationspartner im Dreierbündnis. So ist es bis heute geblieben. Es ist davon auszugehen, dass das Bündnis in dieser Form bis zur Kommunalwahl im März 2020 hält.
Was danach passiert, ist Sache der Wähler. Sie entscheiden, wem sie das Vertrauen schenken. Nach der Wahl wird es darum gehen, das bestehende Bündnis fortzusetzen oder sich anders aufzustellen. Ein wichtiger Punkt vor der Wahl ist, wen die Vertreter des Dreierbündnisses als Oberbürgermeister-kandidaten ins Rennen schicken. Ein gutes Jahr vor dem Wahltermin ist nichts spruchreif. Politische Beobachter rechnen fest damit, dass OB Gribl eine dritte Amtszeit anstrebt. Der 54-Jährige lässt sich nicht festnageln. Zur eigenen politischen Zukunft verrät er nichts. Er nennt keinen Termin, bis wann Partei und Öffentlichkeit erfahren sollen, wie er sich entschieden habe. Dieses Agieren lässt erste Spekulationen aufkommen, ob Gribl, der seit dem Jahr 2008 regiert, womöglich amtsmüde sein könnte und eine andere Herausforderung suche. Dem Vernehmen nach ist an diesen Überlegungen nichts dran. Dagegen spricht der Zeitfaktor. Würde Gribl ein Jahr vor der Wahl seiner Partei mitteilen, dass sie sich einen anderen Kandidaten suchen könnte, wäre dies eher kontraproduktiv. Auch wenn Bürgermeisterin Eva Weber schon länger als mögliche Nachfolgerin genannt wird, die OB Gribl in der CSU beerben könnte, erscheint dieser Wechsel aus jetziger Sicht nicht vermittelbar. Denn Eva Weber kann nicht davon ausgehen, dass sie ohne Widersacher aus den eigenen Reihen bleibt. In diesem Fall würde die CSU in ein innerparteiliches Duell um die Ob-kandidatur gehen.
In der CSU erinnert man sich mit Schrecken ans Jahr 2000 zurück. Damals hatte der amtierende Oberbürgermeister Peter Menacher die Öffentlichkeit und große Teile der Partei damit überrascht, dass er 2002 nicht mehr antreten werde. Quasi über Nacht wurde Hermann Weber als potenzieller Kandidat ausgerufen, ohne die Basis einzubinden. Wenige Wochen später war Weber wieder aus dem Rennen. Stattdessen setzte die CSU auf Margarete Rohrhirsch-schmid. Das Ergebnis ist bekannt: Sie verlor die Wahl im Jahr 2002 gegen Paul Wengert (SPD). Nicht wenige in der CSU behaupten noch heute, dass die Personaldebatten um die Nachfolge von Menacher den Wahlkampf gelähmt hätten. Parallelen zu Gribl ließen sich daher finden, würde der jetzige Rathauschef im Jahr 2020 aufhören wollen.
Insofern ist das Zaudern von Gribl vielmehr als Schachzug zu verstehen. Er will bei der Aufstellung der Stadtratsliste ein gewichtiges Wort mitsprechen. Dies kann er intensiver, wenn zumindest der Eindruck entsteht, Gribl könnte auf eine weitere Kandidatur verzichten.
Bei der CSU läuft es auf den Kandidaten Kurt Gribl hinaus. Offen sind die Personalien bei SPD und Grünen. Sie befinden sich parteiintern in Abstimmungsgesprächen. Die Grünen haben verlauten lassen, dass die Basis bei einer Mitgliederversammlung am 20. Februar den Kurs abstecken soll, wie verfahren werden soll. Unwidersprochen ist bislang, dass Fraktionschefin Martina Wild gute Chancen hat, als Obkandidatin anzutreten.
Bei der SPD wiederum ist der im Dezember erst gewählte Fraktionschef Florian Freund ein heiß gehanmehr delter Kandidat. Freund hält sich zu eigenen Ambitionen bedeckt: „Die SPD wird ihren Kandidaten vor der Sommerpause präsentieren.“Es gehe aber nicht allein um die Person des Ob-kandidaten: „Wir sind gerade in der Feinplanung, was die Erarbeitung unserer inhaltlichen Schwerpunkte angeht. Wir wollen die Bürger bei der Erarbeitung unseres Wahlprogramms beteiligen.“
In der Vergangenheit wurde spekuliert, ob sich SPD und Grüne auf einen gemeinsamen Ob-kandidaten verständigen, der in diesem Fall losgelöst vom laufenden Regierungsgeschäft den CSU-OB Gribl herausfordert. Dieses Thema scheint vom Tisch. Aus der Grünen-fraktionsspitze ist zu hören, dass die Zeit abgelaufen sei. Die Personalie hätte man im Vorjahr ernsthaft angehen müssen. Noch deutlicher wird SPDMANN Freund: „Wir gehen derzeit nicht davon aus, dass die Grünen auf einen eigenen Kandidaten verzichten werden.“Es sei aber nicht ausgeschlossen, „dass andere Parteien und Gruppierungen unseren Vorschlag unterstützen“, sagt Freund.