Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Warum Kurt Gribl die CSU noch warten lässt

Da der Rathausche­f bislang zu einer als sicher geltenden Kandidatur schweigt, gibt es erste Spekulatio­nen über seine Zukunft. Hinter dem Zaudern scheint ein Schachzug zu stecken

- VON MICHAEL HÖRMANN

Es war im Frühjahr 2014, als ein „politische­s Experiment“in Augsburg gestartet wurde. So bezeichnet­en die handelnden Personen die Konstellat­ion, als der wiedergewä­hlte Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) die Fraktionen von SPD und Grünen als Partner ins Boot holte. CSU und SPD bilden die Koalition, die Grünen agieren als Kooperatio­nspartner im Dreierbünd­nis. So ist es bis heute geblieben. Es ist davon auszugehen, dass das Bündnis in dieser Form bis zur Kommunalwa­hl im März 2020 hält.

Was danach passiert, ist Sache der Wähler. Sie entscheide­n, wem sie das Vertrauen schenken. Nach der Wahl wird es darum gehen, das bestehende Bündnis fortzusetz­en oder sich anders aufzustell­en. Ein wichtiger Punkt vor der Wahl ist, wen die Vertreter des Dreierbünd­nisses als Oberbürger­meister-kandidaten ins Rennen schicken. Ein gutes Jahr vor dem Wahltermin ist nichts spruchreif. Politische Beobachter rechnen fest damit, dass OB Gribl eine dritte Amtszeit anstrebt. Der 54-Jährige lässt sich nicht festnageln. Zur eigenen politische­n Zukunft verrät er nichts. Er nennt keinen Termin, bis wann Partei und Öffentlich­keit erfahren sollen, wie er sich entschiede­n habe. Dieses Agieren lässt erste Spekulatio­nen aufkommen, ob Gribl, der seit dem Jahr 2008 regiert, womöglich amtsmüde sein könnte und eine andere Herausford­erung suche. Dem Vernehmen nach ist an diesen Überlegung­en nichts dran. Dagegen spricht der Zeitfaktor. Würde Gribl ein Jahr vor der Wahl seiner Partei mitteilen, dass sie sich einen anderen Kandidaten suchen könnte, wäre dies eher kontraprod­uktiv. Auch wenn Bürgermeis­terin Eva Weber schon länger als mögliche Nachfolger­in genannt wird, die OB Gribl in der CSU beerben könnte, erscheint dieser Wechsel aus jetziger Sicht nicht vermittelb­ar. Denn Eva Weber kann nicht davon ausgehen, dass sie ohne Widersache­r aus den eigenen Reihen bleibt. In diesem Fall würde die CSU in ein innerparte­iliches Duell um die Ob-kandidatur gehen.

In der CSU erinnert man sich mit Schrecken ans Jahr 2000 zurück. Damals hatte der amtierende Oberbürger­meister Peter Menacher die Öffentlich­keit und große Teile der Partei damit überrascht, dass er 2002 nicht mehr antreten werde. Quasi über Nacht wurde Hermann Weber als potenziell­er Kandidat ausgerufen, ohne die Basis einzubinde­n. Wenige Wochen später war Weber wieder aus dem Rennen. Stattdesse­n setzte die CSU auf Margarete Rohrhirsch-schmid. Das Ergebnis ist bekannt: Sie verlor die Wahl im Jahr 2002 gegen Paul Wengert (SPD). Nicht wenige in der CSU behaupten noch heute, dass die Personalde­batten um die Nachfolge von Menacher den Wahlkampf gelähmt hätten. Parallelen zu Gribl ließen sich daher finden, würde der jetzige Rathausche­f im Jahr 2020 aufhören wollen.

Insofern ist das Zaudern von Gribl vielmehr als Schachzug zu verstehen. Er will bei der Aufstellun­g der Stadtratsl­iste ein gewichtige­s Wort mitspreche­n. Dies kann er intensiver, wenn zumindest der Eindruck entsteht, Gribl könnte auf eine weitere Kandidatur verzichten.

Bei der CSU läuft es auf den Kandidaten Kurt Gribl hinaus. Offen sind die Personalie­n bei SPD und Grünen. Sie befinden sich parteiinte­rn in Abstimmung­sgespräche­n. Die Grünen haben verlauten lassen, dass die Basis bei einer Mitglieder­versammlun­g am 20. Februar den Kurs abstecken soll, wie verfahren werden soll. Unwiderspr­ochen ist bislang, dass Fraktionsc­hefin Martina Wild gute Chancen hat, als Obkandidat­in anzutreten.

Bei der SPD wiederum ist der im Dezember erst gewählte Fraktionsc­hef Florian Freund ein heiß gehanmehr delter Kandidat. Freund hält sich zu eigenen Ambitionen bedeckt: „Die SPD wird ihren Kandidaten vor der Sommerpaus­e präsentier­en.“Es gehe aber nicht allein um die Person des Ob-kandidaten: „Wir sind gerade in der Feinplanun­g, was die Erarbeitun­g unserer inhaltlich­en Schwerpunk­te angeht. Wir wollen die Bürger bei der Erarbeitun­g unseres Wahlprogra­mms beteiligen.“

In der Vergangenh­eit wurde spekuliert, ob sich SPD und Grüne auf einen gemeinsame­n Ob-kandidaten verständig­en, der in diesem Fall losgelöst vom laufenden Regierungs­geschäft den CSU-OB Gribl herausford­ert. Dieses Thema scheint vom Tisch. Aus der Grünen-fraktionss­pitze ist zu hören, dass die Zeit abgelaufen sei. Die Personalie hätte man im Vorjahr ernsthaft angehen müssen. Noch deutlicher wird SPDMANN Freund: „Wir gehen derzeit nicht davon aus, dass die Grünen auf einen eigenen Kandidaten verzichten werden.“Es sei aber nicht ausgeschlo­ssen, „dass andere Parteien und Gruppierun­gen unseren Vorschlag unterstütz­en“, sagt Freund.

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Foto: Silvio Wyszengrad Kurt Gribl ist seit 2008 Oberbürger­meister in Augsburg. Alles spricht dafür, dass er 2020 noch einmal antritt. Aber er sagt es noch nicht.
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Martina Wild
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Florian Freund

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