Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Man kann es allen Recht machen
Straßen für Autofahrer zu bauen ist einfach. Für Radfahrer ist es schwieriger. Aber es gibt einen Trick
man dann gerne mal „da haben wir keinen Platz für“oder „das wird zu teuer“. Man sagt nicht, dass Infrastruktur für Radler und Fußgänger billiger sind als Autostraßen. Und was die Raumverteilung angeht, könnte man sagen: Wenn man dem Auto Platz nimmt und dafür attraktiven ÖPNV, gute Radverkehrsund Fußwege schafft, geht kein Platz verloren, weil man Menschen zum Umsteigen animieren kann. Nimmt man den Platz und schafft keine attraktiven Lösungen, so ist der Platz natürlich verloren.
Wie schafft man es, für jeden Radlertyp sinnvolle Lösungen zu schaffen, die attraktiv genug sind, um Leute zum Umsteigen zu animieren? Baut man nun diese „Protected Bikelanes“– geschützte Radwege, oder legt man Radstreifen auf den Straßen an? Verweg sucht man sich an Grünen Wellen für Radfahrer? Ganz ehrlich: Ich denke, das ist erstens egal, zweitens gar nicht kategorisch zu entscheiden und drittens vielleicht zu weit gedacht. Denn viel wichtiger ist der gemeinsame Nenner, auf den sich die Interessen aller Radfahrer herunterbrechen lassen: Komfortabel & sicher ohne Hindernisse von A nach B kommen. Dabei bedeutet komfortabel auch, dass man nicht zu viel denken muss, um sich korrekt zu verhalten. Also weg mit den linksseitig geführten Radwegen, die nicht deutlich aufgehoben werden. Her mit klaren Markierungen an Kreuzungen und Einmündungen, in welche Richtung mein weiterführt, wo ich anzuhalten habe und wo ich entlangfahren darf, um nicht zur Gefahr für andere zu werden. Sie sehen da kein Problem? Dann sagen Sie mir mal, warum ich so viele Geisterfahrer sehe, oder Leute, die auf die falsche Ampel achten, während sie anderen Radfahrern, die noch grün haben, im Weg stehen. Wann haben sie das letzte Mal denn im Auto nachgedacht, wo sie bei Rot anhalten sollen oder wo es weitergehen wird? Hat Sie schon mal jemand angehupt, weil sie dachten, sie müssten auf die Fußgängerampel schauen, während sie eigentlich schon Grün hatten? Nein. Natürlich nicht. Denn Kraftverkehrsführungen sind konsistent.
Sicherheit ist subjektiv und wenn der Radweg eine ordentliche Breite hat, dann fühlt er sich selbst dann nicht mehr so gefährlich an, wenn er auf der Fahrbahn geführt ist. Wichtig ist es dann nur noch, Kreuzungen so zu gestalten, dass es beinahe unmöglich ist, einen Radfahrer zu übersehen. Zum Beispiel, weil dieser an einer vorgelagerten Haltelinie vor seiner Nase steht, statt rechts neben ihm. Wenn man überflüssige Hindernisse beseitigt, wird Radfahren noch attraktiver: Radfahrer danken es, wenn die Radwege nicht zugeparkt werden. Wenn man den Winterdienst drei Tage nach demletztenheftigenschneefallnoch mal losschickt, um die Überbleibsel von Radwegen und deren Aufund Abfahrten zu schieben, hat man etwas getan, was Stresspegel und Unfallrisiken senkt. Das sind simple Maßnahmen, die vergleichsweise wenig kosten, wenn man jede Maßnahme zuvor aus der Perspektive eines Radfahrers prüft. Ich glaube fest daran, dass man es am Ende allen recht machen kann.
36, ist Vater von zwei Kindern und lebt seit 14 Jahren autofrei.
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