Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Eine Frage der Gerechtigkeit
Gerechtigkeit lässt sich nur schwer berechnen, schon gar nicht in Euro und Cent. Das zeigen die jüngsten Debatten. Die Csugeführte Staatsregierung ist gerade erst wegen des bayerischen Familiengeldes kritisiert worden, weil es „mit der Gießkanne“und ohne „Bedürftigkeitsprüfung“unterschiedslos an Arm und Reich ausbezahlt wird. Auch von der SPD in Bayern kam diese Kritik. Auf Bundesebene sperren sich CDU und CSU mit genau diesen Argumenten gegen die von der SPD vorgeschlagene Erhöhung der Grundrente. In dem einen Fall geht es um hunderte von Millionen, im anderen Fall um einige Milliarden Euro.
Gegen diese Summen wirken die 100000 Euro, mit denen der Freistaat die 169 Tafeln in Bayern unterstützen will, schlicht lächerlich. Die Tafeln versorgen täglich 200000 Menschen. Pro Tafel und Jahr stünden damit vonseiten des Staates rund 592 Euro zur Verfügung. Pro Kopf und Jahr läge die Fördersumme bei exakt 50 Cent.
Nun mag es zwar sein, dass Gerechtigkeit sich nicht auf Euro und Cent berechnen lässt. Und es mag auch sein, dass für die Tafeln vorrangig die Städte zuständig sind und nicht der Staat. Eines aber dürfte außer Frage stehen: Die Bedürftigkeit muss in diesem Fall nicht geprüft werden – sie ist offenkundig.
Obendrein ist auch klar, dass die ehrenamtlich organisierten Tafeln dort einspringen, wo der Sozialstaat versagt. Sich hier auf das Formale zurückzuziehen und für nicht zuständig zu erklären, ist höchst fragwürdig. Der Staat muss nicht helfen, aber er darf. Und er sollte es auch. Wer viel Geld ausgibt, das nur wenigen wirklich hilft, der sollte auch ein wenig mehr Geld ausgeben, das wirklich viel hilft.