Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Hauptsache, es rummst und wummst
Zum Ausschalten Für sprachlich feinfühligere Gemüter wie mich begann die Woche schrecklich. Schon am Montagmorgen hörte ich Gesundheitsminister Jens Spahn im Radio mehrfach „Kräpps“sagen, was wie eine neu entdeckte Seuche klang, die uns nach dem Leben trachtet – dann doch aber die Tumorerkrankung Krebs meinte, die schon schlimm genug ist. Am Abend schließlich führte die Ard-talkshow „hart aber fair“mal wieder eindrucksvoll vor, wie öffentlichrechtliche Talkshow-redaktionen dazu beitragen, dass die Debatte in diesem Land – fast egal über welches Thema – so vergiftet ist.
Auf Twitter wurde für die Show mit den Worten getrommelt: „Gefühltes Ökovorbild, gelebter Klimasünder: Lügt sich Deutschland grün?“Immer schön zuspitzen, genau! Immer schön auf die Quoten schielen, die gewiss durch die Decke gehen werden, wenn es nur richtig schön rummst und wummst! Und, bitte, nur nicht sachlich diskutieren! Es ist zum Sichgrün-und-blau-ärgern. Denn wer diskutierte da in Plasbergs Runde? Ein Klimafolgenforscher etwa? Nicht doch: Ein Schauspieler (Hannes Jaenicke), eine Journalistin (Heike Holdinghausen von der taz), ein Kolumnist (Jan Fleischhauer vom
Spiegel, unser Foto), Spd-bundesumweltministerin (Svenja Schulze) und der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (Holger Lösch) sowie, später, ein Schüler (Jakob Blasel), der gegen den Klimawandel andemonstriert.
Viel Meinung und Meinungsmache also. Zumal Krawallmacher Fleischhauer so wichtige Beobachtungen beizutragen hatte wie diese: „Es sind Frauen zwischen 35 und 45, die gerade ihre Kinder in die Kita gebracht haben, kurz bevor sie zum Pilates-kurs gehen. Für sie ist Zeit keine Ressource, die knapp ist!“Sagte er über einen Laden, der unverpackte Lebensmittel anbietet. Jaenicke fühlte sich sichtlich im falschen Film. Auf diesem Niveau kann man diskutieren, muss man aber nicht. Vor allem kann man: ausschalten.
Was meine „Medien-woche“noch gerettet hat? Ein Tweet eines Johann Boresch über „wunderbare Wunderworte“wie: Brimborium, Fisimatenten, Hickhack, Potzblitz, Rambazamba oder Tamtam. Jedes Wort eine Welt. Wunderbar!