Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Einer der Letzten seiner Art

Mit Rudi Assauer ist ein Funktionär­styp gestorben, den es heute nur noch selten gibt. Einer mit Ecken und Kanten. Einer, der seinem Verein ein Gesicht gegeben hat

- Fotos (4): dpa

Gelsenkirc­hen Uli Hoeneß bei den Bayern, Rainer Calmund und Rudi Völler in Leverkusen, Willi Lemke bei Werder, Reinhard Rauball beim BVB und Rudi Assauer auf Schalke – die vergangene­n Jahrzehnte im deutschen Profi-fußball sind geprägt durch herausrage­nde Charaktere, die über viele Jahre in den Schaltzent­ralen der Bundesliga­klubs sitzen oder saßen. „Wir haben uns viele Schlachten geschlagen, wir haben uns gefetzt und immer gemocht. Wir haben uns aber auch nach den Spielen, wo es hoch hergegange­n ist, immer wieder prima verstanden“, sagte Bayerns Aufsichtsr­atschef und Vereinsprä­sident Hoeneß dem Radio-sender rbb am Rande des Pokal-siegs der Münchner in Berlin am Mittwoch.

Kurz zuvor war die Nachricht vom Tod des langjährig­en Schalkeman­agers Assauer bekannt geworden. „Rudi Assauer war ein richtiger kerniger Typ, der dem Fußball unheimlich gutgetan hat. Wir waren auch privat befreundet“, betonte Hoeneß. Nicht nur seine Betroffenh­eit zeigt, wie eng und von großem Respekt geprägt das Verhältnis zwischen den wohl letzten deutschen Fußball-patriarche­n war – aller sportliche­n Rivalität zum Trotz.

Calmund, Bayer Leverkusen­s Ex-manager, erfuhr in Thailand vom Tod des seit Jahren an Alzheimer erkrankten Weggefährt­en. Es sei ein „schwerer Verlust für Schalke und den deutschen Fußball“, ließ der 70-jährige Calmund mitteilen. „Rudi war Energie pur und eine der prägenden Figuren des deutschen Fußballs der vergangene­n fünf Jahrzehnte – als Spieler, als Manager und vor allen Dingen als Architekt des neuen FC Schalke.“

Die nachfolgen­de Fußball-führungsge­neration um Michael Zorc (Dortmund/56 Jahre), Christian Heidel (Schalke/55) und Horst Heldt (Hannover/49) hat es sicher schwerer, in dem schnellleb­igen Geschäft eine ganze Klub-ära zu prägen. Am besten gelingt dies bisher Bvb-sportdirek­tor Zorc, der nach seiner Profikarri­ere 1998 ins Management seines Herzensklu­bs aufstieg und seit 2005 als Sportdirek­tor neben Geschäftsf­ührer Hans-joaschwerg­ewichtiger chim Watzke das Gesicht beim Bundesliga-spitzenrei­ter ist.

Ob Frank Baumann (Bremen/43), Jochen Saier (Freiburg/40), Alexander Rosen (Hoffenheim/39) oder die aufstreben­den Manager-newcomer wie Sebastian Kehl (Dortmund/38) und Simon Rolfes (Leverkusen/37) ihren Vereinen Jahrzehnte treu bleiben?

Ein Mann, ein Wort. Mündliche Absprachen, Bierdeckel­verträge und ein Handschlag statt seitenlang­e, juristisch verklausul­ierte Vertragswe­rke – das war einmal. Im weltweit vernetzten und von Beratern beeinfluss­ten Millionen-geschäft ist für Fußball-romantik kein Platz mehr. Unverwechs­elbarkeit geht verloren – bei Spielern und Funktionär­en gleicherma­ßen.

Das ist aber keine fußballspe­zifische Entwicklun­g, sondern eine gesamtgese­llschaftli­che. Im harten Wettbewerb um Tv-rechte und im Gefeilsche um astronomis­che Millionen-ablösesumm­en und -Gehälter werden lebenslang­e Klub-treue und bedingungs­lose Identifika­tion auf allen Ebenen immer mehr zur Ausnahme. Wobei nicht vergessen werden darf, dass es auch Assauer nach Stationen in Bremen und Oldenburg erst im zweiten Versuch auf Schalke „geschafft“hat.

 ??  ?? Die Mannschaft von Schalke verabschie­dete sich nach dem 4:1-Sieg gegen Düsseldorf im Pokal mit einem Plakat von Rudi Assauer.
Die Mannschaft von Schalke verabschie­dete sich nach dem 4:1-Sieg gegen Düsseldorf im Pokal mit einem Plakat von Rudi Assauer.
 ??  ?? Sein größter Erfolg: Zusammen mit Trainer Huub Stevens gewann Rudi Assauer auf Schalke 1997 den Uefa-pokal.
Sein größter Erfolg: Zusammen mit Trainer Huub Stevens gewann Rudi Assauer auf Schalke 1997 den Uefa-pokal.
 ??  ?? Für Dortmund spielte Rudi Assauer von 1964 bis 1970.
Für Dortmund spielte Rudi Assauer von 1964 bis 1970.
 ??  ?? Zuletzt war es still geworden um den an Alzheimer erkrankten Rudi Assauer.
Zuletzt war es still geworden um den an Alzheimer erkrankten Rudi Assauer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany