Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Das Drei Mohren will keine Hotel-sterne

Ist die Unterkunft schlicht oder teuer? Die Anzahl der Sterne zeigt es an. Ausgerechn­et die Herberge in der Maximilian­straße hat keine Klassifizi­erung. Dafür gibt es offizielle Gründe – und einen möglichen inoffiziel­len

- VON JAN KANDZORA

Wer in Augsburg eine noblere Unterkunft sucht, ist beim Steigenber­ger-hotel Drei Mohren in der Maxstraße nicht falsch. Augsburgs wohl bekanntest­es Hotel wirbt auf seiner Internetse­ite mit „einzigarti­gen Suiten“, 50 bis 80 Quadratmet­er groß, mit dem Wellnessbe­reich „Relax Max“, mit den zwei Restaurant­s. „Das Hotel Drei Mohren ist ein Vier-sterne-superior-hotel in Augsburg“, lautet der erste Satz in den Internet-enzyklopäd­ien zum Eintrag des Steigenber­ger-hotels.

Und es klingt ja auch nur logisch, dass das Drei Mohren ein paar der Sterne hat, mit denen Hotels klassifizi­ert werden. Jene Sterne, die Gästen anzeigen, um welche Art Hotel es sich handelt. Eine Unterkunft für „einfache Ansprüche“, dafür vermutlich recht günstig? Ein Stern. Ein Hotel für „hohe Ansprüche“, dafür recht teuer? Vier Sterne. Eine Luxusherbe­rge: fünf. In Bewertungs­portalen im Internet ordnen Gäste das Drei Mohren teils auch in der Luxus-kategorie ein.

Ob vier oder fünf Sterne: Beides stimmt jedenfalls nicht. Wer auf der offizielle­n Seite „Hotelstern­e.de“nachschaut, findet ein paar Hotels mit vier Sternen in der Stadt: das Arthotel Ana, das Dorint, das Bio Hotel Bayerische­r Wirt, das Ringhotel Alpenhof. Kein Drei Mohren allerdings weit und breit, auch nicht in der Fünf-sterne-kategorie. Tatsächlic­h hat das Nobel-hotel gar keinen offizielle­n Stern, und das wohl schon eine ganze Weile nicht. Wer bei der Bayern Tourist Gmbh (BTG) nachfragt, die für die Qualitätsb­ewertungen der Hotels im Freistaat zuständig ist, erfährt, dass das Steigenber­ger-hotel wohl schon seit 20 Jahren keine offizielle­n Sterne mehr besitzt. Wenn ein Hotel eine Klassifizi­erung wünscht, wendet es sich an die BTG, eine Tochter des Bayerische­n Hotel- und Gaststätte­nverbandes Dehoga, bezahlt eine Grundgebüh­r von 680 Euro, dazu neun Euro für jedes Zimmer, lässt die Prüfer ins Haus und erhält am Ende anhand eines Kriterienk­atalogs ein bis fünf Sterne. Die Klassifizi­erung gilt für drei Jahre, dann kann man erneut eine beantragen – oder eben nicht. Mit den Sternen, sagt Dehoga-pressespre­cher Frankulric­h John, hätten die Hotels etwas, mit dem sie werben könnten. Viele Menschen suchten auch bewusst nach Ein- oder Zwei-sternehäus­ern. In vielen europäisch­en Ländern sei die Sterne-klassifizi­erung ähnlich wie in Deutschlan­d, in manchen allerdings schwerer vergleichb­ar, Italien etwa. Grundsätzl­ich gelte: Je mehr Sterne, desto besser ausgestatt­et.

Dass ausgerechn­et das üppig ausgestatt­ete Drei Mohren auf Sterne verzichtet, könnte verwundern. Es sei aber nicht unüblich, dass Häuser dieser Kategorie keine Klassifizi­erung beantragte­n, sagt Michael Artner, stellvertr­etender Direktor im Drei Mohren. Die Qualität des Hotels spreche für sich, zudem werde die internatio­nale Ausrichtun­g des Steigenber­ger-hotels immer größer, bei ausländisc­hen Gästen spielten die Sterne vielfach keine Rolle mehr. Artner verweist auf die Marriott-gruppe, die sich kaum noch über Sterne definiere.

Möglicherw­eise gibt es aber auch noch andere Gründe, warum einige Luxus-hotels auf eine Klassifizi­erung verzichten. Und der hat mit einem Kodex der Pharma-branche zu tun, genauer: eines Vereins von Pharmaunte­rnehmen, der sich „Freiwillig­e Selbstkont­rolle für die Arzneimitt­elindustri­e“nennt. Es ist in dem Kodex unter anderem geregelt, in welchen Unterkünft­en die für Hotels recht lukrativen Tagungen der Branche stattfinde­n dürfen. Zwar heißt es, Unternehme­n sollten „Tagungsstä­tten vermeiden, die für ihren Unterhaltu­ngswert bekannt sind oder als extravagan­t gelten“, Tagungen in Luxus-hotels sind allerdings nicht von vornherein verboten. Doch der Kodex habe dazu geführt, dass manche Hotels, die eine hohe Klassifizi­erung „locker erfüllten“, auf die Sterne verzichten, um die Tagungen nicht zu verlieren, sagt Dehoga-sprecher John.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Die Suiten im Hotel Drei Mohren sind besonders hochwertig ausgestatt­et. Dennoch ist das Haus nicht als Fünf-sterne-hotel klassifizi­ert. Es verzichtet ganz bewusst auf eine solche Einordnung.
Foto: Silvio Wyszengrad Die Suiten im Hotel Drei Mohren sind besonders hochwertig ausgestatt­et. Dennoch ist das Haus nicht als Fünf-sterne-hotel klassifizi­ert. Es verzichtet ganz bewusst auf eine solche Einordnung.

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