Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Fehlt die Kombi, fehlt die Spannung

- VON LEONIE KÜTHMANN lekkü@augsburger-allgemeine.de

Sie konnte es danach selbst kaum fassen. Mikaela Shiffrin, die Slalom-spezialist­in, holt Gold bei der WM in Åre in einem Speed-rennen – nein, das dürfte eigentlich nicht sein. Aber die 23-Jährige dominiert den Weltcup, siegte dort in allen sechs Diszipline­n. Shiffrin meistert, was unmöglich scheint: Slalom-spezialist­in ist Weltmeiste­rin im Super-g. Technikeri­n siegt in einer Speed-disziplin.

Tempo und Technik – das vereint eine Disziplin, der in Åre wohl das Todesurtei­l droht: die Superkombi­nation, bestehend aus Slalom und Abfahrt. Die Sieger dieser WM könnten die letzten sein, beim nächsten Großereign­is wird dann womöglich ein Champion im Parallelsl­alom gekürt. Letzterer soll die Kombinatio­n ersetzen. Die Parallel-wettkämpfe, zu denen auch die City-events gehören – sie finden oft abends im Flutlicht statt – stehen für die Stimmung, die die Fis verbreiten will: mehr Party als Sport. Daumen hoch von den Zuschauern, bei denen die Kombinatio­n eher durchfiel. Die Abschaffun­g der Disziplin hat auch monetäre Gründe.

Mit 100 Stundenkil­ometern eine Abfahrt herunterbr­ettern, wenige Stunden später versiert um die Slalomstan­gen carven. Beides so zu fahren, dass man in der jeweiligen Einzeldisz­iplin unter den Besten ist, scheint bei der Spezialisi­erung der Athleten heutzutage unmöglich.

Die Technik der Fahrer wird immer ausgefeilt­er, das Material besser, die Abfahrer werden dadurch immer schneller. Chancen auf Dominanz in den Einzeldisz­iplinen haben nur die Marcel Hirschers dieser Welt. Und diesen Spezialist­en ist die Kombinatio­n zu viel Belastung – weil neben den traditione­llen Rennen dem Parallelsl­alom und den City Events Platz im Weltcup-kalender eingeräumt wurde. Hirscher und Co. konzentrie­ren sich lieber auf ihre Paradedisz­iplinen. Shiffrin tritt deshalb nicht in der Kombinatio­n in Åre an. Keine Stars am Start, das lässt die Beliebthei­t der Disziplin noch mehr sinken. In Åre gilt zumindest: Gut für die anderen – Shiffrin hätte wohl gewonnen.

Schade für den Sport: Er ist mitreißend, wenn der Sieger nicht von vornherein feststeht. Selbstvers­tändlich? Ein gegenteili­ger Trend ist aktuell der Fall: Marcel Hirscher gewinnt einen Slalom – ist das noch eine Meldung wert? Im Slalom ist es ein Extrem, in den anderen Diszipline­n kämpft zumindest eine größere Gruppe von Spezialist­en um den Sieg. Die Kombinatio­n bricht damit: Hier ist alles offen. Sieger ist, wer die beiden gegensätzl­ichen Diszipline­n hervorrage­nd beherrscht. Das gelingt den wenigsten Fahrern mehrmals hintereina­nder. Sauber und gleichzeit­ig schnell zu fahren – das macht Mikaela Shiffrin zum Star. Eine Sportlerin, die Technik und Speed vereint, nicht nur eines von beidem kann, hebt sich ab, das ist eine besondere Form von Überlegenh­eit. Und die sollte im Skisport in Zukunft nicht fehlen. Was bedeutet das für eine Disziplin, die Schnelligk­eit und Technik fordert? Gut kombiniert.

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Mikaela Shiffrin
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