Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Unterwegs in der Edel-gondel von Zermatt
Dekadent? Kabinen mit Glasboden und Swarovski-kristallen sind das neue Aushängeschild des Nobelortes
/ Von Florian Sanktjohanser
● Der Tagesskipass für den Schweizer Teil des Skigebiets kostet ab 75 Franken (67 Euro). Wer zusätzlich auf der italienischen Seite fahren will, bezahlt ab 87 Franken (77 Euro). Eine Einzelfahrt mit einer Crystal-ride-gondel kostet 10 Euro. Die Fahrt kann auch online gebucht werden. Mehr unter www.matterhornparadise.ch
● Info Zermatt Tourismus, Bahnhofplatz 5, CH-3920 Zermatt (Tel.: +41 27 9668100, E-mail: info@zermatt.ch, www.zermatt.ch). Ein irrer Aufwand, der gelohnt hat.
Selbst die Stationen sind schick geworden: die Pfeiler aus hellem Holz, die Wände aus Glas, mit Photovoltaik-quadraten gepunktet. „Warm, fast wie ein Chalet“, sagt Imoberdorf. Draußen freilich pfeift einem weiter der Wind ins Gesicht, vor allem, wenn man die Stahltreppe zur Gipfelplattform hinaufsteigt. Von hier überblickt man an einem Sonnentag 38 Viertausender, hochalpine Herrlichkeit ringsum. Nach dem Gewusel der Selfie-fotografen locken die weißen Rampen unterhalb. Ein kurzer Ziehweg, dann erstrecken sie sich sanft abfallend und in verschwenderischer Breite. „Carving-autobahnen“, wird später ein Berner im Lift sagen, der eine Jahreskarte hat.
Die Hänge sind wie gemacht dafür, sich vor dem Breitbild-panorama in die Kurve zu legen und die Ski laufen zu lassen. Enger und steiler wird es später sowieso, spätestens bei der Talabfahrt. Die tief stehende Sonne konturiert die gefalteten Schneekämme und zackigen Gipfel dramatisch. Der Wind treibt Schneeschwaden über die Piste, man wedelt wie durch knöcheltiefen Bodennebel. Der letzte Abschnitt ist auf dem Pistenplan schwarz und damit als schwer markiert. Zu Recht. Wer ihn durchgeholpert hat, muss nur noch den Sirenengesängen des „Hennu Stalls“widerstehen, der einzigen echten Après-ski-hütte in Zermatt.
Welche Bedeutung der Wind hier hat, zeigt sich am folgenden Morgen. Am Kleinen Matterhorn pfeift es so heftig, dass die neue Kabinenbahn geschlossen bleibt. Also geht es mit der schon im Jahr 1898 gebauten Zahnradbahn auf den Gornergrat. Die Morgensonne strahlt die Ostflanke des Matterhorns an, die Touristen fotografieren eifrig. Die Hälfte von ihnen hat keine Ski dabei. Entsprechend leer ist es morgens. Ein paar Mal kurvt man die blauen Pisten zum Riffelberg hinab und nimmt den Gifthittli-lift zurück. Dann geht es über die herrliche Abfahrt nach Gant und auf der anderen Seite des Hochtals auf die Sonnenhänge des Skigebiets. Sunnegga heißt denn auch einer ihrer Gipfel.
Den schönsten Ausblick hat man aber vom Rothorn: auf den Eisfluss des Findelgletschers, über dem die futuristische Monte-rosa-hütte glänzt. Und auf den scharfen Grat des Matterhorns. Die Tobleroneansicht, wie die Einheimischen sagen. Dahinter planen die Strategen der Bergbahnen schon die nächsten Verbindungen. Die Seilbahn von Testa Grigia zum Kleinen Matterhorn soll zum Frühjahr 2021 fahren. Und irgendwann auch eine Gondel zwischen den Gemeinden Ayas und Valtournenche. So entstünde ein Skigebiet mit 550 Kilometern Piste, eines der größten weltweit. Ein Superlativ – passend zum Anspruch von Zermatt.
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