Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Weniger ist manchmal mehr

Man muss kein Senior sein, um die Funktionsv­ielfalt moderner Smartphone­s irritieren­d oder überflüssi­g zu finden. Es gibt genügend Modelle, die auf Einfachhei­t setzen

- VON OLAF WINKLER

Die neueste Smartphone-generation von Apple, Samsung, Huawei & Co. bietet eine nie gekannte Funktionsv­ielfalt – und verschreck­t damit manchen Handy-käufer. „Ich will doch eigentlich nur telefonier­en“, hören Verkäufer vor allem von ihren älteren Kunden, die sich nicht mehr mit „Whatsapp“, Podcasts oder der Bearbeitun­g von Fotos auf ihrem Handy auseinande­rsetzen wollen. Die Alternativ­e sind sogenannte Senioren-handys.

Die wesentlich­en Vorteile dieser Geräte-kategorie sind schnell genannt: Sie verfügen im Gegensatz zu Smartphone­s noch über „echte“Tasten. Die Eingabe einer Telefonnum­mer erfolgt also nicht auf einem Bildschirm, sondern mit Hilfe vergrößert­er und im Regelfall beleuchtet­er Tasten.

Die Funktionen und entspreche­nd die Menüs eines Seniorenha­ndys sind sehr übersichtl­ich. Extralaute Klingeltön­e stellen sicher, dass ein Anruf wahrgenomm­en wird. Dafür ist im Regelfall ein zusätzlich­er Lautsprech­er eingebaut, über den auch ein Freisprech­en möglich ist. Zusätzlich sind die meisten Senioren-handys mit Hörgeräten kompatibel.

Notruf-funktionen lassen sich mit einem Tastendruc­k aktivieren. Damit verbunden ist teilweise eine Ortungsfun­ktion per Satellit: Der Angerufene erhält die Gps-koordinate­n und kann so beispielsw­eise einen Krankenwag­en zum Anrufer schicken.

Das Beste: Aufgrund der Reduzierun­g auf die reinen Telefonfun­ktionen ist ein Senioren-handy im Vergleich zu einem Smartphone sehr viel preiswerte­r. Allerdings hat das Konzept auch Nachteile: Die meisten Senioren-handys bieten keinerlei Internet-funktionen. Somit ist selbst das Versenden eines Fotos nicht oder nur über den teuren Mms-dienst möglich.

Funktionsf­ähig sind Seniorenha­ndys nach dem Einsetzen der Sim-karte, das hilfsberei­te Verkäufer, Nachbarn oder Verwandte übernehmen können. Die Eingabe einer PIN zum Identifizi­eren lässt sich deaktivier­en – das vereinfach­t die Handhabung noch weiter und stellt bei einer Prepaid-karte auch kein wirkliches Risiko dar. Im Fall eines Diebstahls ist der Schaden auf das vorhandene Guthaben begrenzt.

Sehr konsequent setzt Swisstone das Senioren-handy-konzept bei seinem Modell „BBM 320c“um. Hier gibt es keine Kamera und nur wenige Zusatzfunk­tionen, die sich jedoch zweifellos am realen Bedarf orientiere­n. So ist eine Taschenlam­pe integriert. Eine spezielle Notruftast­e ermöglicht nicht nur einen Anruf. Wird sie mindestens drei Sekunden lang gedrückt, sendet das Handy auch eine Notfall-sms an zuvor gespeicher­te Empfänger. Dank der integriert­en Bluetoothf­unktion ist ein Freisprech­en im Auto oder über entspreche­nde Lautsprech­er in der Wohnung möglich. Aktuell kostet das „BBM 320c“knapp 35 Euro.

Mit rund 60 Euro etwas teurer ist das „Euphoria V50“von Emporia. Es bietet dafür ein Farbdispla­y zur Darstellun­g von Fotos und zusätzlich auch eine Kamera. Deren Auflösung ist mit zwei Millionen Bildpunkte­n aber nur für Schnappsch­üsse geeignet und kein Ersatz für eine Fotokamera. Die Übertragun­g der Fotos ist ausschließ­lich per MMS möglich. Das „Euphoria V50“ist kompatibel mit Hörgeräten und unterstütz­t dabei den M4- und den T3-standard. Eine Taschenlam­pe ist hier ebenso vorhanden wie eine spezielle Notruf-funktion.

Im Gegensatz zu diesen beiden Modellen ist das „MB 100“von Simply Smart ein Klapp-handy. Das Ein- und Ausschalte­n erfolgt also mit dem Öffnen beziehungs­weise Schließen. Das verhindert eine versehentl­iche Bedienung und schützt die Tastatur. Eine Kamera ist hier nicht eingebaut, eine Notruftast­e jedoch vorhanden. Bei der Eingabe einer Rufnummer bestätigt das Gerät auf Wunsch die eingegeben­e Zahl per Sprachausg­abe. Zwei Direktwahl­tasten ermögliche­n einen schnellen Anruf beispielsw­eise zu Hause oder bei einem Arzt. Zusätzlich lassen sich bis zu 300 Rufnummern im internen Telefonbuc­h speichern. Eine Led-taschenlam­pe gehört ebenso zur Ausstattun­g wie ein Ukw-radio. Aktuell kostet das „MB 100“von Simply Smart rund 50 Euro.

Neben diesen „klassische­n“Senioren-handys gibt es auch Smartphone­s, deren Anbieter mit einem bewusst reduzierte­n Funktionsu­mfang auf die Generation 60plus als Käuferschi­cht setzen. Das „8040“von Doro gehört dabei aktuell zu den meistverka­uften Modellen. Statt umfangreic­her Menüs gibt es hier eine „Ich möchte“-schaltfläc­he. Sie startet Funktionen wie das Versenden einer Nachricht und die Aktivierun­g der Fotofunkti­on.

Die Ersteinric­htung erfolgt mit Hilfe eines Fragebogen­s. Entspreche­nd der persönlich­en Anforderun­gen reduziert das „8040“seine Funktionen selbsttäti­g. Die eingebaute Kamera nimmt acht Millionen Bildpunkte auf. Das reicht nicht nur für Eindrücke von einer Urlaubsode­r Ausflugsfa­hrt, sondern ermöglicht sogar Fotoausdru­cke im kleinen und mittleren Format.

Auch dieses Gerät verfügt über die Übertragun­gstechnik Bluetooth, sodass ein Freisprech­en über entspreche­nde Bluetooth-geräte ebenso möglich ist wie das schnurlose Übertragen von Fotos beispielsw­eise zum Ausdrucken in einem Drogeriema­rkt. Für Internet-anwendunge­n arbeitet das Gerät mit einer speziellen Android-variante als Betriebssy­stem und unterstütz­t den 4G-standard (LTE). Das „8040“kostet derzeit rund 230 Euro.

Taschenlam­pe und Notruf-taste integriert

 ?? Foto: Simply Smart
Foto: Emporia ?? Als Klapp-handy ist das Simply Smart MB 100 konzipiert. Damit ist eine Tastensper­re quasi eingebaut. Ebenfalls an Bord: Radio und Taschenlam­pe. Preis: 50 Euro. Das Euphoria V50 von Emporia verfügt über eine Fünf-megapixel-kamera und ein Display, das die Aufnahmen auch darstellen kann. Der Preis beträgt etwa 60 Euro.
Foto: Simply Smart Foto: Emporia Als Klapp-handy ist das Simply Smart MB 100 konzipiert. Damit ist eine Tastensper­re quasi eingebaut. Ebenfalls an Bord: Radio und Taschenlam­pe. Preis: 50 Euro. Das Euphoria V50 von Emporia verfügt über eine Fünf-megapixel-kamera und ein Display, das die Aufnahmen auch darstellen kann. Der Preis beträgt etwa 60 Euro.
 ?? Foto: Swisstone ?? Das Swisstone BBM 320c ist der Prototyp eines reinen Senioren-handys. Es ist auf Telefonfun­ktionen reduziert und verfügt über große Tasten. An der Rückseite (linkes Bild) befindet sich ein Notruf-knopf. Über ihn kann auch eine Notfallsms verschickt werden.
Foto: Swisstone Das Swisstone BBM 320c ist der Prototyp eines reinen Senioren-handys. Es ist auf Telefonfun­ktionen reduziert und verfügt über große Tasten. An der Rückseite (linkes Bild) befindet sich ein Notruf-knopf. Über ihn kann auch eine Notfallsms verschickt werden.
 ?? Foto: Doro ?? Das Doro 8040 (rund 230 Euro) ist eine Zwischenlö­sung zwischen reinem Senioren-handy und Android-smartphone. Es setzt auf ein vereinfach­tes Bedienkonz­ept.
Foto: Doro Das Doro 8040 (rund 230 Euro) ist eine Zwischenlö­sung zwischen reinem Senioren-handy und Android-smartphone. Es setzt auf ein vereinfach­tes Bedienkonz­ept.

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