Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Weniger ist manchmal mehr
Man muss kein Senior sein, um die Funktionsvielfalt moderner Smartphones irritierend oder überflüssig zu finden. Es gibt genügend Modelle, die auf Einfachheit setzen
Die neueste Smartphone-generation von Apple, Samsung, Huawei & Co. bietet eine nie gekannte Funktionsvielfalt – und verschreckt damit manchen Handy-käufer. „Ich will doch eigentlich nur telefonieren“, hören Verkäufer vor allem von ihren älteren Kunden, die sich nicht mehr mit „Whatsapp“, Podcasts oder der Bearbeitung von Fotos auf ihrem Handy auseinandersetzen wollen. Die Alternative sind sogenannte Senioren-handys.
Die wesentlichen Vorteile dieser Geräte-kategorie sind schnell genannt: Sie verfügen im Gegensatz zu Smartphones noch über „echte“Tasten. Die Eingabe einer Telefonnummer erfolgt also nicht auf einem Bildschirm, sondern mit Hilfe vergrößerter und im Regelfall beleuchteter Tasten.
Die Funktionen und entsprechend die Menüs eines Seniorenhandys sind sehr übersichtlich. Extralaute Klingeltöne stellen sicher, dass ein Anruf wahrgenommen wird. Dafür ist im Regelfall ein zusätzlicher Lautsprecher eingebaut, über den auch ein Freisprechen möglich ist. Zusätzlich sind die meisten Senioren-handys mit Hörgeräten kompatibel.
Notruf-funktionen lassen sich mit einem Tastendruck aktivieren. Damit verbunden ist teilweise eine Ortungsfunktion per Satellit: Der Angerufene erhält die Gps-koordinaten und kann so beispielsweise einen Krankenwagen zum Anrufer schicken.
Das Beste: Aufgrund der Reduzierung auf die reinen Telefonfunktionen ist ein Senioren-handy im Vergleich zu einem Smartphone sehr viel preiswerter. Allerdings hat das Konzept auch Nachteile: Die meisten Senioren-handys bieten keinerlei Internet-funktionen. Somit ist selbst das Versenden eines Fotos nicht oder nur über den teuren Mms-dienst möglich.
Funktionsfähig sind Seniorenhandys nach dem Einsetzen der Sim-karte, das hilfsbereite Verkäufer, Nachbarn oder Verwandte übernehmen können. Die Eingabe einer PIN zum Identifizieren lässt sich deaktivieren – das vereinfacht die Handhabung noch weiter und stellt bei einer Prepaid-karte auch kein wirkliches Risiko dar. Im Fall eines Diebstahls ist der Schaden auf das vorhandene Guthaben begrenzt.
Sehr konsequent setzt Swisstone das Senioren-handy-konzept bei seinem Modell „BBM 320c“um. Hier gibt es keine Kamera und nur wenige Zusatzfunktionen, die sich jedoch zweifellos am realen Bedarf orientieren. So ist eine Taschenlampe integriert. Eine spezielle Notruftaste ermöglicht nicht nur einen Anruf. Wird sie mindestens drei Sekunden lang gedrückt, sendet das Handy auch eine Notfall-sms an zuvor gespeicherte Empfänger. Dank der integrierten Bluetoothfunktion ist ein Freisprechen im Auto oder über entsprechende Lautsprecher in der Wohnung möglich. Aktuell kostet das „BBM 320c“knapp 35 Euro.
Mit rund 60 Euro etwas teurer ist das „Euphoria V50“von Emporia. Es bietet dafür ein Farbdisplay zur Darstellung von Fotos und zusätzlich auch eine Kamera. Deren Auflösung ist mit zwei Millionen Bildpunkten aber nur für Schnappschüsse geeignet und kein Ersatz für eine Fotokamera. Die Übertragung der Fotos ist ausschließlich per MMS möglich. Das „Euphoria V50“ist kompatibel mit Hörgeräten und unterstützt dabei den M4- und den T3-standard. Eine Taschenlampe ist hier ebenso vorhanden wie eine spezielle Notruf-funktion.
Im Gegensatz zu diesen beiden Modellen ist das „MB 100“von Simply Smart ein Klapp-handy. Das Ein- und Ausschalten erfolgt also mit dem Öffnen beziehungsweise Schließen. Das verhindert eine versehentliche Bedienung und schützt die Tastatur. Eine Kamera ist hier nicht eingebaut, eine Notruftaste jedoch vorhanden. Bei der Eingabe einer Rufnummer bestätigt das Gerät auf Wunsch die eingegebene Zahl per Sprachausgabe. Zwei Direktwahltasten ermöglichen einen schnellen Anruf beispielsweise zu Hause oder bei einem Arzt. Zusätzlich lassen sich bis zu 300 Rufnummern im internen Telefonbuch speichern. Eine Led-taschenlampe gehört ebenso zur Ausstattung wie ein Ukw-radio. Aktuell kostet das „MB 100“von Simply Smart rund 50 Euro.
Neben diesen „klassischen“Senioren-handys gibt es auch Smartphones, deren Anbieter mit einem bewusst reduzierten Funktionsumfang auf die Generation 60plus als Käuferschicht setzen. Das „8040“von Doro gehört dabei aktuell zu den meistverkauften Modellen. Statt umfangreicher Menüs gibt es hier eine „Ich möchte“-schaltfläche. Sie startet Funktionen wie das Versenden einer Nachricht und die Aktivierung der Fotofunktion.
Die Ersteinrichtung erfolgt mit Hilfe eines Fragebogens. Entsprechend der persönlichen Anforderungen reduziert das „8040“seine Funktionen selbsttätig. Die eingebaute Kamera nimmt acht Millionen Bildpunkte auf. Das reicht nicht nur für Eindrücke von einer Urlaubsoder Ausflugsfahrt, sondern ermöglicht sogar Fotoausdrucke im kleinen und mittleren Format.
Auch dieses Gerät verfügt über die Übertragungstechnik Bluetooth, sodass ein Freisprechen über entsprechende Bluetooth-geräte ebenso möglich ist wie das schnurlose Übertragen von Fotos beispielsweise zum Ausdrucken in einem Drogeriemarkt. Für Internet-anwendungen arbeitet das Gerät mit einer speziellen Android-variante als Betriebssystem und unterstützt den 4G-standard (LTE). Das „8040“kostet derzeit rund 230 Euro.
Taschenlampe und Notruf-taste integriert