Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Als Jesus ein Arier wurde
Deutsche Christen und ihre „entjudete“Bibel
Es klingt skurril: Jesus war in Wahrheit ein Arier. Galiläa, woher er stammte, sei eine der möglichen Ursprungsregionen dieser Rasse. Die Juden hätten sich erst 150 vor Christus dort angesiedelt und die Bevölkerung zwangsjudaisiert. Rassisch gesehen seien Jesu Eltern weiterhin Arier gewesen. Ausgedacht hat sich diese verquere Theorie ein Professor der evangelischen Theologie zu Jena: Walter Grundmann.
Auf ihn geht wesentlich das 1939 in Eisenach gegründete „Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“zurück. Sein Ziel hieß, eine „entjudete“Bibel zu schaffen und das Judentum aus der christlichen Geschichte herauszulösen. Geforscht hat darüber der Potsdamer Religionswissenschaftler Dirk Schuster, der heute Abend, 19 Uhr, im Jüdischen Museum spricht. „Das Institut war während der Nszeit eine der größten Einrichtungen zur Erforschung der Judenfrage. Es organisierte Tagungen mit bis zu 600 Zuhörern, seine Wissenschaftler hielten Vorträge an Universitäten“, erklärt Schuster. Überzeugt war man, die Reformation zu vollenden, indem das Judentum überwunden und die christliche Urbotschaft Jeus wiederhergestellt wird.
Walter Grundmann, Experte für Neues Testament, trat 1930 in die NSDAP ein und zählte 1933 zu den Gründern der Deutschen Christen in Sachsen. Wegen seines kirchlichen und politischen Engagements machte ihn der sächsische Landesbischof Friedrich Coch zu seinem Assistenten, ernannte den erst 27 Jahre alten Grundmann zum Oberkirchenrat und übertrug ihm die Redaktion der Zeitschrift „Christenkreuz und Hakenkreuz“. (loi)