Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Lasst die Experten arbeiten
Bayern für Bienen – das bislang erfolgreichste Volksbegehren gibt der alten Forderung nach einem Mehr an direkter Demokratie auch auf Bundesebene neuen Auftrieb. Doch die Euphorie um die Insektenrettung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Thema äußerste Umsicht erfordert. So sind viele einstige Befürworter bundesweiter Volksabstimmungen seit dem 23. Juni 2016 ziemlich still geworden. An diesem Tag wagten die Briten sehr viel direkte Demokratie, hielten ein Referendum über den Verbleib in der Europäischen Union ab. 51,9 Prozent der Wähler stimmten für den Austritt. Direkte Demokratie birgt – wie jedes politische Instrument – stets die Gefahr des Missbrauchs. Gleichzeitig ist es auch und gerade das Gefühl, dass zu viele Entscheidungen in Berlin oder Brüssel über ihre Köpfe hinweg getroffen werden, das Menschen empfänglich für Populismus macht. Es lohnt sich also, darüber zu diskutieren, ob mehr direkte Demokratie die grassierende Politikverdrossenheit lindern könnte. Ergebnisoffen, mit Vorsicht und Augenmaß. Es gibt also keinen vernünftigen Grund, warum die Expertenkommission, welche die Union und SPD im Koalitionsvertrag angekündigt hat, nicht endlich mit der Arbeit beginnt.