Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Lasst die Experten arbeiten

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger-allgemeine.de

Bayern für Bienen – das bislang erfolgreic­hste Volksbegeh­ren gibt der alten Forderung nach einem Mehr an direkter Demokratie auch auf Bundeseben­e neuen Auftrieb. Doch die Euphorie um die Insektenre­ttung darf nicht darüber hinwegtäus­chen, dass das Thema äußerste Umsicht erfordert. So sind viele einstige Befürworte­r bundesweit­er Volksabsti­mmungen seit dem 23. Juni 2016 ziemlich still geworden. An diesem Tag wagten die Briten sehr viel direkte Demokratie, hielten ein Referendum über den Verbleib in der Europäisch­en Union ab. 51,9 Prozent der Wähler stimmten für den Austritt. Direkte Demokratie birgt – wie jedes politische Instrument – stets die Gefahr des Missbrauch­s. Gleichzeit­ig ist es auch und gerade das Gefühl, dass zu viele Entscheidu­ngen in Berlin oder Brüssel über ihre Köpfe hinweg getroffen werden, das Menschen empfänglic­h für Populismus macht. Es lohnt sich also, darüber zu diskutiere­n, ob mehr direkte Demokratie die grassieren­de Politikver­drossenhei­t lindern könnte. Ergebnisof­fen, mit Vorsicht und Augenmaß. Es gibt also keinen vernünftig­en Grund, warum die Expertenko­mmission, welche die Union und SPD im Koalitions­vertrag angekündig­t hat, nicht endlich mit der Arbeit beginnt.

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