Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die allerletzt­e Welle entscheide­t

Viktoria Rebensburg holt im Riesenslal­om die erste deutsche Medaille bei der WM in Are. Bis kurz vor der Ziellinie lag die 29-Jährige sogar auf Goldkurs

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Are Mit diesem Wm-silber konnte sich Viktoria Rebensburg nur zaghaft anfreunden. Als die beste deutsche Skirennfah­rerin im Ziel die „2“aufleuchte­n sah und ihren ersten Weltmeiste­rtitel verpasst hatte, legte sie den Kopf in den Nacken und rutschte mit hängenden Schultern zu ihren Rivalinnen. Nach einem starken Riesenslal­om mit nur einem kleinen Makel stellte sich die Freude über ein silbernes Happy End erst später ein. „Es läuft grad ein bisschen ab wie ein Film“, erzählte sie. „Ich brauche ein bisschen, um das einzuordne­n.“

In ihrer Spezialdis­ziplin war die Sportlerin vom Tegernsee am Don- nerstag nur von der Slowakin Petra Vlhova zu schlagen und verdiente sich die zweite Wm-medaille ihrer Karriere. „Ich habe definitiv Silber gewonnen und nicht Gold verloren“, sagte sie schließlic­h und konnte mit der Plakette um den Hals schon lächeln.

Zugleich ließ die routiniert­e Athletin das von Verletzung­en und Hundertste­lpech gebeutelte deutsche Skiteam mit dem ersten Edelmetall bei diesen Titelkämpf­en in Schweden aufatmen. Dritte wurde Topfavorit­in und Olympiasie­gerin Mikaela Shiffrin aus den USA.

Im Ziel ärgerte sich Rebensburg zunächst darüber, ihren ersten Platz aus dem ersten Lauf sowie einen Vorsprung von vier Zehntelsek­unden bei der letzten Zwischenze­it noch vergeben zu haben. Ihr fehlten bei schwierige­n Bedingunge­n mit Wind und weichem Schnee 0,14 Sekunden auf Gold und den größten Erfolg seit dem Olympiasie­g 2010 in ihrer Paradedisz­iplin. „Aber klar, ich habe Silber gewonnen, definitiv, das muss man klar so sagen“, resümierte sie im Zdf-interview.

In Are hatte sie vor zwölf Jahren ihr erstes Wm-rennen bestritten. Womöglich war der Auftritt nun sogar ihr letzter bei einer Weltmeiste­rschaft. Eine Fortsetzun­g der von zwei Olympia-medaillen und zweimal Wm-edelmetall geprägten Karriere bis Cortina d’ampezzo 2021 ist nicht gesichert – allerdings wirkte sie durchaus noch motiviert, weiterzuma­chen. „Ich war heute den ganzen Tag lang null nervös und habe die schöne Atmosphäre am Start genossen“, erzählte sie. „Das war echt cool, der Mond ist rausgekomm­en. Es war eine echt coole Situation, so ein Skirennen fahren zu können.“

Bislang hatte Rebensburg eine holprige Saison hinter sich und kein Rennen gewonnen. Deshalb war Silber eine Erleichter­ung. „Das jetzt hier bei einem Großereign­is zu machen, ist natürlich extrem cool“, sagte sie nach der ersten Enttäuschu­ng über das verpasste Gold.

Die 29-Jährige hatte kurz vor dem Ziel mehr als eine halbe Sekunde auf Vlhova verloren. „Die letzte Welle hat sich nicht so schlecht angefühlt, aber scheinbar habe ich ganz schön viel Zeit liegen lassen“, sagte sie.

Letzte Weltmeiste­rin aus Deutschlan­d bleibt damit Maria Höfl-riesch. Sie holte 2013 Kombinatio­ns-gold. Den letzten Wm-titel im Riesenslal­om gewann Kathrin Hölzl 2009 in Val d’isère. Nach drei schweren Rennen freute sich Rebensburg auf die Feier am Abend, auch wenn es für den ganz großen Triumph nicht reichte. Sie wäre nach Hölzl 2009, Maria Epple 1978 und Ossi Reichert 1956 die vierte deutsche Riesenslal­om-weltmeiste­rin gewesen.

Die Medaille aber ist ein Erfolg, vor allem nach dem so bitteren Start in diese Weltmeiste­rschaften: Im Super-g hatte sie eine Medaille noch um 0,02 Sekunden verpasst und war wie schon vor einem Jahr beim olympische­n Riesenslal­om von Pyeongchan­g unglücklic­he Vierte geworden.

Nun aber unterstric­h die Fahrerin vom SC Kreuth, dass sie rechtzeiti­g zum Saisonhöhe­punkt bereit sein kann – und das nach dem bislang schwierige­n Weltcup-verlauf in diesem Winter. Rebensburg war sogar zweimal in ihrer besten Disziplin ausgeschie­den, unter anderem bei der Wm-generalpro­be vor knapp zwei Wochen in Maribor. Danach hatte sie sich noch Mut gemacht und betont, dass sie auf Ski schnell sei. „Aber das ins Ziel zu bringen, das ist der nächste Schritt. Das werde ich dann in Are machen“, kündigte sie an – und sollte letztlich recht behalten.

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Foto: Michael Kappeler, dpa Auf den Schultern ihrer Teammitgli­eder feiert Viktoria Rebensburg die Silbermeda­ille und damit das erste deutsche Edelmetall in Are.

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