Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Grüne Blockade im Bundesrat

Entscheidu­ng über sichere Herkunftss­taaten wird vertagt. Union reagiert verärgert. In der Groko bahnt sich ein neuer Asylstreit an

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Der Bundesrat hat die Entscheidu­ng, ob Marokko, Tunesien, Algerien und Georgien als „sichere Herkunftsl­änder“für Flüchtling­e eingestuft werden sollen, vertagt. Die thüringisc­he Landesregi­erung hatte am Freitag einen entspreche­nden Antrag gestellt. Zuvor war klar geworden, dass ein Gesetzesen­twurf der Bundesregi­erung in der Länderkamm­er keine Mehrheit finden würde. Denn die Grünen, die in neun Bundesländ­ern mitregiere­n, lehnen das Vorhaben ab. Lediglich Baden-württember­gs grüner Landesvate­r Winfried Kretschman­n hätte nach eigenen Angaben zugestimmt – doch in seiner Partei steht er mit dieser Haltung fast allein da.

Der im Januar vom Bundestag gebilligte Plan von Union und SPD sieht vor, die drei nordafrika­nischen Staaten und die Ex-sowjetrepu­blik im Kaukasus auf die Liste der sicheren Herkunftsl­änder zu setzen. Als sicher gilt ein Land dann, wenn vermutet wird, dass es dort in der Regel keine politische Verfolgung oder Menschenre­chtsverstö­ße gibt. Bei Asylbewerb­ern aus solchen Ländern sind schnellere Verfahren und Abschiebun­gen möglich. Die Grünen haben große Vorbehalte gegen das Konzept der sicheren Herkunftss­taaten insgesamt und halten die Maghreb-staaten für gefährlich, beispielsw­eise für Gewerkscha­fter, Frauen und Homosexuel­le.

In der Union sorgt die Vertagung für Frust. So sagt Volker Ullrich (Augsburg), innenpolit­ischer Sprecher der CSU im Bundestag: „Dieses Abstimmung­s-manöver einiger Länder kann ich nicht nachvollzi­ehen. Wir brauchen diesen Baustein für eine Ordnung der Migration.“Alexander Throm (CDU), zuständige­r Berichters­tatter der Unionsfrak­tion kritisiert: „Die Blockadeha­ltung der Grünen ist verantwort­ungslos.“Die Anerkennun­gsquote für Asylbewerb­er aus den vier Ländern sei „verschwind­end gering“. Dies bedeute, „dass nahezu alle dieser Migranten einen Asylmissbr­auch begehen“. Für Throm heben die Grünen „ihre schützende Hand über die falsche Personengr­uppe“.

Ein Sprecher von Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) sagte: „Grundsätzl­ich ist es ja so, dass wir mit der Einstufung dieser Staaten als sichere Herkunftss­taaten eine Beschleuni­gung der Asylverfah­ren beabsichti­gen.“Dies könne nun „zunächst nicht passieren“.

Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) hofft, dass es bald doch noch zu einer Einigung kommt. „Wir möchten das Angebot unterbreit­en, über Asylverfah­rensfragen und Statusrech­te, die mit diesen Fragen verbunden sind, noch einmal gründlich in Gespräche einzutrete­n“, sagte er.

Über Asylpoliti­k streitet auch die Große Koalition wieder. Die SPD kritisiert heftig den Gesetzentw­urf von Innenminis­ter Horst Seehofer zur besseren Durchsetzu­ng von Abschiebun­gen. Er sieht unter anderem vor, dass abgelehnte Asylbewerb­er, die wegen Sozialleis­tungsbetru­gs oder anderer Delikte verurteilt wurden, leichter abgeschobe­n werden können. Zudem sollen künftig Menschen bestraft werden, die Betroffene vor einer bevorstehe­nden Abschiebun­g warnen. „Ich halte es für wesentlich wichtiger, bestehende Vorschrift­en konsequent umzusetzen als ständig neue Gesetze zu ersinnen. Dafür muss der Bundesinne­nminister sorgen, das erwarten wir von ihm“, sagte Spdinnenpo­litiker Burkhard Lischka der Passauer Neuen Presse. Dagegen warnte der baden-württember­gische Innenminis­ter und Cdu-bundesvize Thomas Strobl davor, den Gesetzentw­urf zu verwässern: „Abschiebun­gen scheitern zu oft, weil die Ausreisepf­lichtigen es zu leicht haben, die Abschiebun­g zu sabotieren und platzen zu lassen.“

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Foto: Maurer, dpa Abschiebun­gen in bestimmte Länder sollen erleichter­t werden.

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