Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Große Geschäfte mit kleinen Dosen

Mehrere Männer haben aus einem Logistikze­ntrum eines Lebensmitt­eldiscount­ers palettenwe­ise Getränke gestohlen. Beim sechsten Mal flogen sie auf. Jetzt wurden sie verurteilt

- VON MICHAEL LINDNER

Lechfeld/augsburg Sechs Männer im Alter zwischen 22 und 48 Jahren sitzen auf der Anklageban­k am Amtsgerich­t Augsburg. Fast alle sind Familienvä­ter, sie alle haben einen festen Job und mit dem Gesetz ist bisher nur einer von ihnen in Konflikt gekommen – damals als Jugendlich­er. Und doch haben die sechs Deutschen ein großes Ding auf dem Lechfeld im Jahr 2017 gedreht.

Die Angeklagte­n haben Getränkedo­sen aus dem Logistikze­ntrum eines Lebensmitt­eldiscount­ers auf dem Lechfeld gestohlen. Und es waren aber nicht nur ein paar wenige Energy-drinks, die sich die Gruppe einverleib­te – es waren vielmehr ganze sieben Paletten voll. Das entspricht knapp 7000 Dosen im Wert von insgesamt 12600 Euro.

Deswegen mussten sich die Männer unter anderen wegen schweren Bandendieb­stahls und gewerbsmäß­iger Bandenhehl­erei beziehungs­weise deren Beihilfe vor einem Augsburger Schöffenge­richt verantwort­en. Ihnen drohte im schlimms- ten Fall ein Strafmaß von bis zu zehn Jahren Haft.

Und so lief jeweils der Diebstahl, in wechselnde­r Beteiligun­g, ab: Einer der Angeklagte­n, ein Lkw-fahrer, rief bei einem Mitarbeite­r des Auslieferu­ngslagers an und orderte eine oder zwei Paletten mit Redbull-dosen. Die Menge wurden an einem fest ausgemacht­en Ort innerhalb des Lagers abgestellt, die dann von einem weiteren Lkw-fahrer abgeholt und zu einer Privatgara­ge transporti­ert wurde. Ein dritter Lkw-fahrer kaufte die Palette samt Dosen – Wert 1800 Euro – dann für jeweils 500 Euro ab und verkaufte sie selbst wiederum für 800 Euro an den 48-jährigen Angeklagte­n. Die beiden involviert­en Mitarbeite­r des Auslieferu­ngslagers wurden für ihre Hilfe bei der Bereitstel­lung der Getränke bezahlt.

Dieser Ablauf ging fünf Mal gut, doch beim sechsten Versuch lief nicht mehr alles nach Plan. Zwei unbeteilig­te Mitarbeite­r des Logistikze­ntrums hatten Verdacht geschöpft: Als die Paletten abgeholt werden sollten, war die Lkw-ausfahrt geschlosse­n und der versuchte Diebstahl flog auf.

Die sechs Verteidige­r, die Staatsanwä­ltin und das Schöffenge­richt hielten zwei bis zu fast einer Stunde lange Rechtsgesp­räche, um das Verfahren zu beschleuni­gen, für das zunächst zwei ganze Verhandlun­gstage angesetzt waren. Deshalb blieben weitere Hintergrün­de zu der Tat vor Gericht unbeantwor­tet. Die finanziell­e Motivation konnte aufgrund des geringen Gewinns nicht allzu hoch gewesen sein. Zudem verdienten die Angeklagte­n nicht schlecht: Ihre monatliche­n Nettogehäl­ter beliefen sich zwischen 1700 und 2500 Euro.

Wegen der Rechtsgesp­räche wurde auch nicht bekannt, was der Käufer der Paletten mit den tausenden Getränkedo­sen später weiter vor hatte. Denn das Verfahren gegen diesen 48-jährigen Angeklagte­n (Verteidige­r Felix Dimpfl) wurde gegen Zahlung einer Geldauflag­e in Höhe von 700 Euro zugunsten einer gemeinnütz­igen Einrichtun­g vorläufig eingestell­t.

Die weiteren fünf Angeklagte­n erhielten Freiheitss­trafen zwischen zehn und 22 Monaten, die jeweils zur Bewährung ausgesetzt wurden. Hintergrun­d der Taten sei laut eines Anwalts wohl die verführeri­sche wirtschaft­liche Situation gewesen. Außerdem müssen sie Geldauflag­en zwischen 2000 und 3500 Euro bezahlen.

Richter Thomas Müller-froehlich berücksich­tigte dabei das Geständnis zugunsten der Angeklagte­n. Er sagte aber auch: „Der Schaden ist nicht unerheblic­h; er ist aber auch nicht im oberen Rahmen.“

Zudem wurde die Einziehung von Wertersatz bezüglich drei der Angeklagte­n in Höhe von 2448 Euro und die Einziehung von Wertersatz von weiteren 3264 Euro bezüglich zwei der Angeklagte­n als Gesamtschu­ldner angeordnet. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Sie hatten einen ausgeklüge­lten Plan zur Abholung der Paletten

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