Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Große Geschäfte mit kleinen Dosen
Mehrere Männer haben aus einem Logistikzentrum eines Lebensmitteldiscounters palettenweise Getränke gestohlen. Beim sechsten Mal flogen sie auf. Jetzt wurden sie verurteilt
Lechfeld/augsburg Sechs Männer im Alter zwischen 22 und 48 Jahren sitzen auf der Anklagebank am Amtsgericht Augsburg. Fast alle sind Familienväter, sie alle haben einen festen Job und mit dem Gesetz ist bisher nur einer von ihnen in Konflikt gekommen – damals als Jugendlicher. Und doch haben die sechs Deutschen ein großes Ding auf dem Lechfeld im Jahr 2017 gedreht.
Die Angeklagten haben Getränkedosen aus dem Logistikzentrum eines Lebensmitteldiscounters auf dem Lechfeld gestohlen. Und es waren aber nicht nur ein paar wenige Energy-drinks, die sich die Gruppe einverleibte – es waren vielmehr ganze sieben Paletten voll. Das entspricht knapp 7000 Dosen im Wert von insgesamt 12600 Euro.
Deswegen mussten sich die Männer unter anderen wegen schweren Bandendiebstahls und gewerbsmäßiger Bandenhehlerei beziehungsweise deren Beihilfe vor einem Augsburger Schöffengericht verantworten. Ihnen drohte im schlimms- ten Fall ein Strafmaß von bis zu zehn Jahren Haft.
Und so lief jeweils der Diebstahl, in wechselnder Beteiligung, ab: Einer der Angeklagten, ein Lkw-fahrer, rief bei einem Mitarbeiter des Auslieferungslagers an und orderte eine oder zwei Paletten mit Redbull-dosen. Die Menge wurden an einem fest ausgemachten Ort innerhalb des Lagers abgestellt, die dann von einem weiteren Lkw-fahrer abgeholt und zu einer Privatgarage transportiert wurde. Ein dritter Lkw-fahrer kaufte die Palette samt Dosen – Wert 1800 Euro – dann für jeweils 500 Euro ab und verkaufte sie selbst wiederum für 800 Euro an den 48-jährigen Angeklagten. Die beiden involvierten Mitarbeiter des Auslieferungslagers wurden für ihre Hilfe bei der Bereitstellung der Getränke bezahlt.
Dieser Ablauf ging fünf Mal gut, doch beim sechsten Versuch lief nicht mehr alles nach Plan. Zwei unbeteiligte Mitarbeiter des Logistikzentrums hatten Verdacht geschöpft: Als die Paletten abgeholt werden sollten, war die Lkw-ausfahrt geschlossen und der versuchte Diebstahl flog auf.
Die sechs Verteidiger, die Staatsanwältin und das Schöffengericht hielten zwei bis zu fast einer Stunde lange Rechtsgespräche, um das Verfahren zu beschleunigen, für das zunächst zwei ganze Verhandlungstage angesetzt waren. Deshalb blieben weitere Hintergründe zu der Tat vor Gericht unbeantwortet. Die finanzielle Motivation konnte aufgrund des geringen Gewinns nicht allzu hoch gewesen sein. Zudem verdienten die Angeklagten nicht schlecht: Ihre monatlichen Nettogehälter beliefen sich zwischen 1700 und 2500 Euro.
Wegen der Rechtsgespräche wurde auch nicht bekannt, was der Käufer der Paletten mit den tausenden Getränkedosen später weiter vor hatte. Denn das Verfahren gegen diesen 48-jährigen Angeklagten (Verteidiger Felix Dimpfl) wurde gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 700 Euro zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung vorläufig eingestellt.
Die weiteren fünf Angeklagten erhielten Freiheitsstrafen zwischen zehn und 22 Monaten, die jeweils zur Bewährung ausgesetzt wurden. Hintergrund der Taten sei laut eines Anwalts wohl die verführerische wirtschaftliche Situation gewesen. Außerdem müssen sie Geldauflagen zwischen 2000 und 3500 Euro bezahlen.
Richter Thomas Müller-froehlich berücksichtigte dabei das Geständnis zugunsten der Angeklagten. Er sagte aber auch: „Der Schaden ist nicht unerheblich; er ist aber auch nicht im oberen Rahmen.“
Zudem wurde die Einziehung von Wertersatz bezüglich drei der Angeklagten in Höhe von 2448 Euro und die Einziehung von Wertersatz von weiteren 3264 Euro bezüglich zwei der Angeklagten als Gesamtschuldner angeordnet. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Sie hatten einen ausgeklügelten Plan zur Abholung der Paletten