Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Das Wetter! Jetzt ungeschminkt!
Am Ende einer wieder mal wirren Woche tut Hilfe not, denn es war zu beobachten, wie auch Parteien zweifelnd vor dem Spiegel stehen können: Mit wie viel Rot soll man als SPD das Gesicht grundieren? Wie viel Grün steht einem als CSU, eher oben- oder untenrum? Und wie wird man als CDU den Stil glaubwürdig los, den lange alle für typisch gehalten haben?
Hilfe könnte ein Blick in die Bereiche bringen, die zusammen ohnehin wesentliche Charakteristika des politischen Geschäfts widerspiegeln: die Schicksalshaftigkeit des Wetters und die Wirkungsfrage der Showbranche. Droben die natürliche Erhabenheit, drunten die künstliche Inszenierung. Und da fällt auf: Stimmt beides so gar nicht mehr. Spätestens am Ende dieses Winters dürfte jetzt klar sein, dass das Wetter nicht nur andauerndes Interpretationsthema ist, sondern dass es zudem mächtig inszeniert, geradezu künstlich aufgeschminkt wird. Es war Winter, es schneite, es gab Unfälle – und der Boulevard kündete gleich vom „Todeswinter“. Es war spät, aber doch noch ein bisschen anhaltend kalt: Und man fragte gleich: „Jahrhundertwinter?“Einfach Winter, ungeschminkt, tut’s nicht mehr.
Und was die Show angeht: Da war bei der Mega-gala der Grammys nun das Statement, dass Alicia Keys als Moderatorin praktisch ungeschminkt auftrat. Inszenierte Natürlichkeit also im Rahmen absoluter Künstlichkeit. Resultat: Man konnte bestaunen, wie das den Unterschied zur schicksalhaftigen Durchschnittlichkeit der Normalzuschauerinnen aber eher nur noch mehr betonte. Geschminkt schön sein kann jeder.
Was daraus zu lernen ist? Die Welt ist aus den Fugen und das rechte Maß liegt in der Mitte. Denn eine AKK-CDU ist keine Alicia von oben, eine Nahles-spd kein Blizzard von unten. Bloß die Söder-csu, die will natürlich wieder beides sein.