Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Die Rede ihres Lebens
Ist es despektierlich, von der „Rede ihres Lebens“zu sprechen, wenn die Redende offiziell noch im politischen Leben weilt? Natürlich nicht: Angela Merkel weiß selber, dass sie so gelöst, so gewieft, so galant wie bei der Münchner Sicherheitskonferenz vielleicht noch nie formuliert hat. Da sprach eine Frau, die ein pralles politisches Leben hinter sich weiß und deshalb voll Gewissheit auftrat. In einer Welt, der so viel Selbstverständliches abhandengekommen ist, riss die Kanzlerin mit, indem sie Selbstverständliches aussprach: etwa dass man gemeinsam mehr erreicht als allein.
Trotzdem wehte bei allem Jubel auch Wehmut durch München. Nicht nur, weil man sich fragt, warum Merkel bei anderen Wendepunkten keine bleibenden Worte gefunden hat. Aber auch, weil sie kaum nach vorne blickte – schon auf die Konferenz-nachfrage zu ihren Europaplänen wich sie wieder aus. Diese Ideen muss bald wohl Annegret Kramp-karrenbauer liefern. Sie hörte in München zu, etwas nachdenklich. Auch Merkel hat international klein angefangen. Aber welch große Schuhe sie hinterlässt, hat sie noch einmal bewiesen.