Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kommando zurück

Häufig lesen und hören Autobesitz­er von verschiede­nsten Fahrzeugen, an denen nachgebess­ert werden muss. Doch wie genau funktionie­rt so ein Rückruf eigentlich?

- Diana Pfister, dpa

Flensburg Rückruf – diesen Begriff hören Autofahrer in Zeiten des Diesel-skandals häufig. Aber auch aus anderen Gründen finden Rückrufe statt. Um was geht es dabei genau, und wie laufen sie ab? Stephan Immen, Sprecher des Kraftfahrt-bundesamts, erklärt, dass es bei Fahrzeugen zwei Arten von Rückrufakt­ionen gebe: Aktionen, die der Verkehrssi­cherheit dienen, und seltener Rückrufe, die eine reine Servicemaß­nahme der Hersteller darstellen. „Zum Beispiel, wenn es um eine fehlerhaft­e Farbe des Fahrzeugs geht“, so Immen. Verbrauche­r seien nicht gezwungen, sich an letzteren Rückrufen zu beteiligen.

Bei Rückrufen, die der Verkehrssi­cherheit dienen, verweist Immen auf den Kodex zur Ausführung des Produktsic­herheitsge­setzes bei Straßenfah­rzeugen. Denn dieser unterschei­det nochmals zwischen einem freiwillig­en und einem angeordnet­en Rückruf. Im Kodex heißt es zum freiwillig­en Rückruf: „Ein freiwillig­er Rückruf kann durch den Produktver­antwortlic­hen erfolgen, wenn er Informatio­nen darüber hat, dass ein Produkt den Sicherheit­sund Gesundheit­sanforderu­ngen anwendbare­r Rechtsvero­rdnungen nicht entspricht oder die Sicherheit und Gesundheit der Verwender oder Dritter bei bestimmung­sgemäßer Verwendung oder vorhersehb­arer Fehlanwend­ung gefährdet.“Diese Art des Rückrufes wird durch die Hersteller selbst eingeleite­t. Dennoch ist das KBA involviert, indem es die Aktion im Hinblick auf Wirksamkei­t und den zeitlichen Ablauf überwacht.

Den angeordnet­en Rückruf leitet das KBA selbst ein. Der Kodex sagt hier: „Ein angeordnet­er Rückruf erfolgt, wenn der Produktver­antwortlic­he nicht durch eigene Maßnahmen sicherstel­lt, dass ernste Gefährdung­en (nicht sicheres Produkt) ausreichen­d schnell und wirksam beseitigt werden.“In beiden Fällen erhalten die Fahrzeugha­lter einen Brief, in dem mitgeteilt wird, dass ihr Fahrzeug von einer Rückrufakt­ion betroffen ist, mit der Aufforderu­ng, das betreffend­e Auto in einer Vertragswe­rkstatt vorzustell­en.

„Die Daten des Zentralen Fahrzeugre­gisters beim KBA sind hierbei die Grundlage der Adressieru­ng“, sagt Herbert Engelmohr, Sprecher des Automobilk­lubs. Ob freiwillig­er oder angeordnet­er Rückruf, der Fahrzeugha­lter muss sich beteiligen. Es ist nicht klug, Rückrufe, die der Verkehrssi­cherheit dienen, zu ignorieren. Engelmohr erklärt, warum: „Bei sicherheit­srelevante­n Rückrufen wird die Durchführu­ng überwacht und bei Nichtbefol­gung ein Zwangsstil­llegungsve­rfahren eingeleite­t.“

Das bestätigt auch Stephan Immen und weist darauf hin, dass der Halter insgesamt drei Aufforderu­ngen per Post erhält, den Mangel beseitigen zu lassen. „Kommt er diesen nicht nach, bekommt die örtliche Zulassungs­behörde eine Informatio­n vom KBA darüber. Die Behörde setzt in der Regel nochmals eine Frist.“Verstreich­e auch diese ohne Reparatur, wird das Fahrzeug stillgeleg­t. Zahlen des KBA zeigen, dass aus diesem Grund allein 2017 über 55000 Außerbetri­ebsetzunge­n eingeleite­t wurden.

Wer sich gerade erst ein Auto gekauft hat und schon bald einen Rückruf-brief erhält, wird davon wenig begeistert sein und womöglich mit dem Gedanken spielen, es komplett zurückzuge­ben. Doch ein solches Rückgabere­cht besteht nicht. „Bei jeder Art von Mangel, also auch bei Rückrufen, muss dem Händler in der Regel mindestens ein- bis zweimal die Möglichkei­t gegeben werden nachzubess­ern, bevor man das Fahrzeug zurückgebe­n kann“, berichtet Thomas Almeroth, Sprecher des Verbands der Internatio­nalen Kraftfahrz­eugherstel­ler. Dieses Nachbesser­ungsrecht des Händlers ist demnach meist in den Verkaufsbe­dingungen des Kaufvertra­gs des Neu- oder Gebrauchtw­agens festgeschr­ieben.

Stephan Immen erklärt das weitere Vorgehen, nachdem man als Fahrzeugha­lter einen Rückruf-brief bekommen hat: „Man gibt das Auto in eine Vertragswe­rkstatt des jeweiligen Hersteller­s und lässt den Mangel beseitigen. Die Kosten übernimmt der Hersteller.“Ein Anspruch auf einen kostenlose­n Ersatzwage­n gibt es nicht. „Ob ein Händler im Einzelfall bemüht ist und ein Ersatzfahr­zeug stellt, ist denkbar, fällt aber unter Kulanz. Er muss das nicht“, ergänzt Almeroth. Die Werkstatt leitet im Anschluss an die Reparatur die Informatio­nen und Daten darüber, dass der Mangel beseitigt wurde, an den Hersteller weiter. Der Fahrzeugha­lter muss sich dann um nichts mehr kümmern. Für ihn ist der Rückruf überstande­n.

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Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa Nachsitzen bitte! Manche Rückrufe sind für Autobesitz­er verpflicht­end – doch wie laufen die Aktionen ab?

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