Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Kommando zurück
Häufig lesen und hören Autobesitzer von verschiedensten Fahrzeugen, an denen nachgebessert werden muss. Doch wie genau funktioniert so ein Rückruf eigentlich?
Flensburg Rückruf – diesen Begriff hören Autofahrer in Zeiten des Diesel-skandals häufig. Aber auch aus anderen Gründen finden Rückrufe statt. Um was geht es dabei genau, und wie laufen sie ab? Stephan Immen, Sprecher des Kraftfahrt-bundesamts, erklärt, dass es bei Fahrzeugen zwei Arten von Rückrufaktionen gebe: Aktionen, die der Verkehrssicherheit dienen, und seltener Rückrufe, die eine reine Servicemaßnahme der Hersteller darstellen. „Zum Beispiel, wenn es um eine fehlerhafte Farbe des Fahrzeugs geht“, so Immen. Verbraucher seien nicht gezwungen, sich an letzteren Rückrufen zu beteiligen.
Bei Rückrufen, die der Verkehrssicherheit dienen, verweist Immen auf den Kodex zur Ausführung des Produktsicherheitsgesetzes bei Straßenfahrzeugen. Denn dieser unterscheidet nochmals zwischen einem freiwilligen und einem angeordneten Rückruf. Im Kodex heißt es zum freiwilligen Rückruf: „Ein freiwilliger Rückruf kann durch den Produktverantwortlichen erfolgen, wenn er Informationen darüber hat, dass ein Produkt den Sicherheitsund Gesundheitsanforderungen anwendbarer Rechtsverordnungen nicht entspricht oder die Sicherheit und Gesundheit der Verwender oder Dritter bei bestimmungsgemäßer Verwendung oder vorhersehbarer Fehlanwendung gefährdet.“Diese Art des Rückrufes wird durch die Hersteller selbst eingeleitet. Dennoch ist das KBA involviert, indem es die Aktion im Hinblick auf Wirksamkeit und den zeitlichen Ablauf überwacht.
Den angeordneten Rückruf leitet das KBA selbst ein. Der Kodex sagt hier: „Ein angeordneter Rückruf erfolgt, wenn der Produktverantwortliche nicht durch eigene Maßnahmen sicherstellt, dass ernste Gefährdungen (nicht sicheres Produkt) ausreichend schnell und wirksam beseitigt werden.“In beiden Fällen erhalten die Fahrzeughalter einen Brief, in dem mitgeteilt wird, dass ihr Fahrzeug von einer Rückrufaktion betroffen ist, mit der Aufforderung, das betreffende Auto in einer Vertragswerkstatt vorzustellen.
„Die Daten des Zentralen Fahrzeugregisters beim KBA sind hierbei die Grundlage der Adressierung“, sagt Herbert Engelmohr, Sprecher des Automobilklubs. Ob freiwilliger oder angeordneter Rückruf, der Fahrzeughalter muss sich beteiligen. Es ist nicht klug, Rückrufe, die der Verkehrssicherheit dienen, zu ignorieren. Engelmohr erklärt, warum: „Bei sicherheitsrelevanten Rückrufen wird die Durchführung überwacht und bei Nichtbefolgung ein Zwangsstilllegungsverfahren eingeleitet.“
Das bestätigt auch Stephan Immen und weist darauf hin, dass der Halter insgesamt drei Aufforderungen per Post erhält, den Mangel beseitigen zu lassen. „Kommt er diesen nicht nach, bekommt die örtliche Zulassungsbehörde eine Information vom KBA darüber. Die Behörde setzt in der Regel nochmals eine Frist.“Verstreiche auch diese ohne Reparatur, wird das Fahrzeug stillgelegt. Zahlen des KBA zeigen, dass aus diesem Grund allein 2017 über 55000 Außerbetriebsetzungen eingeleitet wurden.
Wer sich gerade erst ein Auto gekauft hat und schon bald einen Rückruf-brief erhält, wird davon wenig begeistert sein und womöglich mit dem Gedanken spielen, es komplett zurückzugeben. Doch ein solches Rückgaberecht besteht nicht. „Bei jeder Art von Mangel, also auch bei Rückrufen, muss dem Händler in der Regel mindestens ein- bis zweimal die Möglichkeit gegeben werden nachzubessern, bevor man das Fahrzeug zurückgeben kann“, berichtet Thomas Almeroth, Sprecher des Verbands der Internationalen Kraftfahrzeughersteller. Dieses Nachbesserungsrecht des Händlers ist demnach meist in den Verkaufsbedingungen des Kaufvertrags des Neu- oder Gebrauchtwagens festgeschrieben.
Stephan Immen erklärt das weitere Vorgehen, nachdem man als Fahrzeughalter einen Rückruf-brief bekommen hat: „Man gibt das Auto in eine Vertragswerkstatt des jeweiligen Herstellers und lässt den Mangel beseitigen. Die Kosten übernimmt der Hersteller.“Ein Anspruch auf einen kostenlosen Ersatzwagen gibt es nicht. „Ob ein Händler im Einzelfall bemüht ist und ein Ersatzfahrzeug stellt, ist denkbar, fällt aber unter Kulanz. Er muss das nicht“, ergänzt Almeroth. Die Werkstatt leitet im Anschluss an die Reparatur die Informationen und Daten darüber, dass der Mangel beseitigt wurde, an den Hersteller weiter. Der Fahrzeughalter muss sich dann um nichts mehr kümmern. Für ihn ist der Rückruf überstanden.