Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Online schlägt Filiale

Die Bankenwelt ist im Umbruch, immer mehr Kunden erledigen ihre Bankgeschä­fte im Netz. Das hat Auswirkung­en auf die Filialstru­ktur. Im Augsburger Stadtteil Hochzoll zeigt sich das derzeit besonders deutlich

- VON ANDREA WENZEL

Die Überweisun­g wird per Fotoapp erledigt, der Kontostand am Smartphone abgefragt und Bargeld an der Supermarkt­kasse abgehoben: Immer mehr Menschen nutzen digitale Möglichkei­ten, um ihre Bankgeschä­fte zu erledigen. „Über 80 Prozent unserer Privatkund­en sind fürs Online-banking freigescha­ltet“, erklärt eine Sprecherin der Postbank. Und das hat ihr zufolge spürbare Auswirkung­en auf die Bankenwelt, wie wir sie bisher kannten. „Das veränderte Nutzerverh­alten führt dazu, dass im Schnitt weniger Kunden zur Erledigung ihrer Bankgeschä­fte eine Filiale aufsuchen“, sagt sie. Das senke die Wirtschaft­lichkeit der Standorte. Manchmal so enorm, dass sie geschlosse­n werden.

Genau das ist im November 2018 mit der Filiale in Augsburg Hochzoll passiert. Rund vier Jahre zuvor hatte das gleiche Schicksal bereits die dortige Niederlass­ung der Hypoverein­sbank ereilt. Und zum 30. April dieses Jahres wird auch die Sb-stelle der Spardabank im Stadtteil geschlosse­n. Nur die Stadtspark­asse bleibt ihrem Standort treu.

Hochzoll verliert damit binnen vier Jahren drei Bankfilial­en beziehungs­weise Sb-stellen und ist ein Paradebeis­piel für den Umbruch im Finanzwese­n. „Wir konnten die Filiale nicht mehr kostendeck­end betreiben“, heißt es seitens der Postbank. Bei der Spardabank hat ein auslaufend­er Mietvertra­g den Ausschlag gegeben. „Immer wenn so etwas ansteht prüfen wir, ob eine Verlängeru­ng des Mietverhäl­tnisses wirtschaft­lich sinnvoll ist“, erklärt der Vorstandsv­orsitzende Peter Noppinger. Immerhin kostet auch ein Sb-schalter im Jahr rund 30 000 Euro. Die Miete sei hierbei der geringste Anteil. Der Großteil der Kosten entfalle auf die Logistik.

Die betroffene­n Kunden reagieren unterschie­dlich auf die Entwicklun­g. Einige sind verstimmt, weil das Geldabhebe­n nun ein logistisch­er Akt wird. „Dann muss ich jetzt wohl einen weiteren Weg fahren und das vielleicht mit Einkaufen oder dem Arzt verbinden“, ärgert sich ein älterer Mann. Für die 23-jährige Sabine Groß dagegen sind die Schließung­en völlig irrelevant. „Ich habe so gut wie nie eine der Filialen genutzt. Ich zahle mit Karte und lasse mir oft im Supermarkt Geld auszahlen “, begründet sie. Damit repräsenti­ert Sabine Groß den Bankkunden von morgen, der die Filiale kaum noch braucht.

Für Peter Noppinger ist der Fall Hochzoll damit auch kein Beispiel für den Rückzug der Banken aus der Vor-ort-versorgung, sondern steht für den Umbruch in der Branche. Dazu kommt, dass sowohl im Fall der Sparda als auch der Postbank die Zahl der Niederlass­ungen im Stadtgebie­t seit Jahren unterm Strich gleich bleibt. Nur Adresse und Struktur der Angebote ändern sich. „Wir testen an verschiede­nen Standorten, was angenommen wird und was nicht“, erklärt Peter Noppinger. So habe man vor zweieinhal­b Jahren in Göggingen zusammen mit dem Kooperatio­nspartner Devk-versicheru­ngen eine neue Niederlass­ung eröffnet, um Synergien besser nutzen zu können. Mit gleichem Konzept startet die Sparda demnächst auch in der Schaezlers­traße. „Wir glauben an die Filiale. Denn die Digitalisi­erung muss dem Kunden ja auch irgendwo erklärt werden“, so Peter Noppinger. Dazu, ergänzt die Sprecherin der Postbank, müssen komplexere Sachverhal­te nach wie vor mit einem Berater persönlich besprochen werden. Man müsse sich mit diesem Angebot aber ebenfalls an veränderte Kundenwüns­che anpassen.

Neben Schließung­en gebe es daher auch die Eröffnung neuer Stand- mit andren Filialform­aten. Die Postbank betreibt seit Mai 2017 ein Vertriebsc­enter in der Ludwigstra­ße. Die Hypoverein­sbank hat ihre Kompetenze­n in der Augsburger Bahnhofstr­aße gebündelt und die Niederlass­ung als eine der ersten in Deutschlan­d voll digital ausgericht­et. „Der Kunde kommt zwar seltener in die Filiale, aber wenn er kommt, erwartet er einen modernen Standard“, so ein Sprecher. Auch die Stadtspark­asse Augsburg hat sich dem veränderte­n Kundenverh­alten angepasst.

In den letzten drei Jahren sind sieben Geschäftss­tellen zusammenge­legt worden und mit Max23 und der Filiale in der City-galerie zwei neue Standorte mit veränderte­n Konzepten entstanden. Dass es dem Bankhaus entgegen vielen Mitbewerbe­n gelingt, zudem auch weiterhin in jedem Stadtteil (außer Bergorte heim) persönlich vor Ort zu sein, hat laut Sprecherin Nicole Gergen mit dem öffentlich­en Auftrag der Sparkassen zu tun, „nah am Bürger zu sein“. Das Stichwort Gemeinwohl­orientieru­ng käme hier zum Zug. Leichter habe es die Sparkasse deshalb aber nicht. „Niedrigzin­sphase, veränderte­s Kundenverh­alten und Digitalisi­erung treffen uns genauso wie andere Kreditinst­itute“, so Gergen.

Neue Filialform­ate sind beim Kunden gefragt

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Archivfoto: Annette Zoepf Die Postbank schloss im Jahr 2018 ihre Filiale in Hochzoll.

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