Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Auf die Politik ist kein Verlass
Die Zahl der Menschen, die sich im Supermarkt kein Essen mehr leisten können, hat sich innerhalb von zehn Jahren verdoppelt. Das lässt nur einen Schluss zu: Der Sozialstaat hat versagt. Die Bayerische Staatsregierung merkt offenbar noch nicht, wie wichtig die Tafeln sind, um Versäumnisse der Politik aufzufangen. Anders lässt sich die lächerliche Summe von 100000 Euro nicht erklären, mit denen der Freistaat die Tafeln fördern will. Bei 200000 Tafelkunden sind das gerade einmal 50 Cent pro Person.
Auf die Politik als Problemlöser ist also kein Verlass. Das heißt, es bleibt an uns hängen. An jedem Einzelnen.
Bislang engagieren sich bei den Tafeln oft Bedürftige für Bedürftige. Knapp die Hälfte der Ehrenamtlichen dort schnürt sich selbst ein Lebensmittelpaket, sobald die Not leidenden Kunden versorgt sind. Menschen aus höheren sozialen Schichten bekommen davon wenig mit. Sie spielen gar nicht erst mit der Idee, selbst bei den Tafeln mit anzupacken.
Es ist ein grundlegendes Problem unserer Gesellschaft. Statt die zu sehen, denen es schlechter geht, schielen wir nach oben zu denen, die sich mehr leisten können als wir. Damit sich etwas ändert, muss es genau andersherum sein.