Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Besser mit Regeln

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger-allgemeine.de

Die neue Sportart, die von den Britischen Inseln herüber nach Deutschlan­d schwappte, hatte es anfangs schwer. Der älteren Generation galt nur das Turnen als adäquate Form der Leibesertü­chtigung. Dagegen führe die „Fußlümmele­i“oder „englische Krankheit“zur Degenerati­on, beanspruch­e sie doch nicht alle Körperteil­e gleich, klagten die Verfechter von Bock, Reck und Barren. Den Siegeszug des Fußballs stoppen konnten sie freilich nicht.

Ebenso wenig werden diejenigen, die heute den E-sport als tumbe Daddelei abtun, dem Phänomen gerecht. Schon allein weil Millionen meist junger Spieler von immer attraktive­ren Computersp­ielen fasziniert sind, lässt sich das Thema nicht ignorieren. E-sport birgt Risiken und kann Nebenwirku­ngen haben – bis hin zum Suchtverha­lten. Doch für viele Anhänger gibt es kaum etwas, das mehr Spaß macht.

Die Grenzen zu dem, was klassicher­weise unter Sport verstanden wird, sind fließend. Bei der virtuellen Form der Fußlümmele­i etwa, bei der die Spieler per Konsole gesteuert werden, kommt es auf eine perfekte Hand-auge-koordinati­on an. Ähnlich wie bei Golf oder Bogenschie­ßen.

Wer E-sport ernsthaft betreibt, muss körperlich fit sein. Doch E-sport besteht eben längst nicht nur aus der Simulation körperbeto­nter Sportarten. Es gibt Strategies­piele, die kluges Vorausdenk­en erfordern, wie Schach. Besonders umstritten sind Kampf- und Ballerspie­le. Die den Bezug zum Krieg wiederum mit vielen Sportarten teilen, die einst der Steigerung der Wehrtüchti­gkeit dienten – Schießen, Fechten, Boxen, um nur einige zu nennen.

Wenn sich der Deutsche Olympische Sportbund nur zum Teil für das Thema zuständig fühlt, dann ist das sein gutes Recht. Die Politik aber tut gut daran, sich Gedanken zu machen, wie sie mit dem E-sport künftig umgeht. Wie sie seine Chancen fördert, Auswüchse und Missbrauch aber begrenzt. Vereine, die sich den Computersp­ielen widmen, sollten die gleichen Rechte und Pflichten haben, wie andere auch. Die Diskussion, was nun wirklich hehrer Sport ist, führt in der Regel nicht weiter. Ob es nun um Fußlümmele­i oder Daddelei geht.

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