Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wann darf die Polizei beleidigt sein?
Wenn jemand beamtenfeindliche Parolen sagt, ist das nicht automatisch strafbar. Als nun ein Student in so einem Fall vor Gericht stand, war die Frage: Hat er eine Polizistin direkt beschimpft?
„Fuck the Police“ist der Titel eines amerikanischen Rapper-protestsongs und eine Parole von zumeist jungen Leuten, die der Ordnungsmacht nicht gerade freundlich gesinnt sind. Ob die drei Worte, als Schriftzug auf einem T-shirt oder bei einem Polizeieinsatz gerufen, nun als Beleidigung bestraft werden können, das ist eine immerwährende juristische Streitfrage. Es kommt auf die Umstände an.
Das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt, dass solche oder ähnliche Parolen im Grund als Meinungsäußerung den Schutz des Grundrechts genießen. Mit anderen Worten: Die Kollektivbeleidigung an sich ist nicht strafbar. Anders liegt der Fall, wenn die Beschimpfung gezielt gegen einen einzelnen Beamten oder eine kleine Gruppe gerichtet ist. Das Amtsgericht hatte sich wieder einmal mit dieser Frage beschäftigen müssen.
Mitte Juli 2018 war nachts eine Polizeistreife zu einer Bar auf der Partymeile Maxstraße gerufen worden. Es ging um einen Handtaschendiebstahl. Vor dem Lokal standen drei Studenten, die kräftig den Semesterabschluss gefeiert haben. Ein 22-Jähriger mischte sich in den Einsatz ein. Er soll dann „Fuck the Police“zu einer Polizeiobermeisterin gerufen haben. Gegen einen Strafbefehl wegen Beleidigung hat er nun über seinen Anwalt Thomas Reitschuster Einspruch eingelegt.
Vor Amtsrichterin Ulrike Ebelscheufele sagt der Student, er habe die Worte zwar so gesagt. Aber: „Ich wollte niemanden beleidigen, habe das nur gegenüber meinen beiden Freunden geäußert und bin in diesem Augenblick mit dem Rücken zu der Polizistin gestanden“. Die Beamtin behauptet im Zeugenstand aber das Gegenteil: „Er stand zwei Meter von mir entfernt, hat mich angeschaut und ,Fuck the Police‘ in meine Richtung gesagt“. Die beiden Kumpel des Angeklagten können sich konkret nicht an den Ausruf erinnern.
Klar ist, dass es auch in diesem Fall um die vom Verfassungsgericht festgelegten Umstände geht. So ist für Staatsanwältin Kerstin Reitlinger klar, dass der Angeklagte konkret die Polizistin gemeint hat. Dafür sei er zu verurteilen. Sie fordert eine Geldstrafe von 1200 Euro (60 Tagessätze zu je 20 Euro). Verteidiger Reitschuster will einen Freispruch und pocht auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung. Die Worte seines Mandanten seien nicht gegen eine einzelne Person gerichtet gewesen. Von den Umstehenden habe damals niemand etwas gehört.
Richterin Ebel-scheufele glaubt am Ende der Polizeibeamtin. Der Angeklagte habe die Worte nicht nur „in den Raum gesprochen, sondern die Zeugin konkret angeschaut und diese auch mit seinen Worten gemeint“. Damit sei „Fuck the Police“strafbar. Das Urteil: 1000 Euro Geldstrafe (50 Tagessätze zu je 20 Euro).