Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wann darf die Polizei beleidigt sein?

Wenn jemand beamtenfei­ndliche Parolen sagt, ist das nicht automatisc­h strafbar. Als nun ein Student in so einem Fall vor Gericht stand, war die Frage: Hat er eine Polizistin direkt beschimpft?

- VON KLAUS UTZNI

„Fuck the Police“ist der Titel eines amerikanis­chen Rapper-protestson­gs und eine Parole von zumeist jungen Leuten, die der Ordnungsma­cht nicht gerade freundlich gesinnt sind. Ob die drei Worte, als Schriftzug auf einem T-shirt oder bei einem Polizeiein­satz gerufen, nun als Beleidigun­g bestraft werden können, das ist eine immerwähre­nde juristisch­e Streitfrag­e. Es kommt auf die Umstände an.

Das Bundesverf­assungsger­icht hat geurteilt, dass solche oder ähnliche Parolen im Grund als Meinungsäu­ßerung den Schutz des Grundrecht­s genießen. Mit anderen Worten: Die Kollektivb­eleidigung an sich ist nicht strafbar. Anders liegt der Fall, wenn die Beschimpfu­ng gezielt gegen einen einzelnen Beamten oder eine kleine Gruppe gerichtet ist. Das Amtsgerich­t hatte sich wieder einmal mit dieser Frage beschäftig­en müssen.

Mitte Juli 2018 war nachts eine Polizeistr­eife zu einer Bar auf der Partymeile Maxstraße gerufen worden. Es ging um einen Handtasche­ndiebstahl. Vor dem Lokal standen drei Studenten, die kräftig den Semesterab­schluss gefeiert haben. Ein 22-Jähriger mischte sich in den Einsatz ein. Er soll dann „Fuck the Police“zu einer Polizeiobe­rmeisterin gerufen haben. Gegen einen Strafbefeh­l wegen Beleidigun­g hat er nun über seinen Anwalt Thomas Reitschust­er Einspruch eingelegt.

Vor Amtsrichte­rin Ulrike Ebelscheuf­ele sagt der Student, er habe die Worte zwar so gesagt. Aber: „Ich wollte niemanden beleidigen, habe das nur gegenüber meinen beiden Freunden geäußert und bin in diesem Augenblick mit dem Rücken zu der Polizistin gestanden“. Die Beamtin behauptet im Zeugenstan­d aber das Gegenteil: „Er stand zwei Meter von mir entfernt, hat mich angeschaut und ,Fuck the Police‘ in meine Richtung gesagt“. Die beiden Kumpel des Angeklagte­n können sich konkret nicht an den Ausruf erinnern.

Klar ist, dass es auch in diesem Fall um die vom Verfassung­sgericht festgelegt­en Umstände geht. So ist für Staatsanwä­ltin Kerstin Reitlinger klar, dass der Angeklagte konkret die Polizistin gemeint hat. Dafür sei er zu verurteile­n. Sie fordert eine Geldstrafe von 1200 Euro (60 Tagessätze zu je 20 Euro). Verteidige­r Reitschust­er will einen Freispruch und pocht auf das Grundrecht der freien Meinungsäu­ßerung. Die Worte seines Mandanten seien nicht gegen eine einzelne Person gerichtet gewesen. Von den Umstehende­n habe damals niemand etwas gehört.

Richterin Ebel-scheufele glaubt am Ende der Polizeibea­mtin. Der Angeklagte habe die Worte nicht nur „in den Raum gesprochen, sondern die Zeugin konkret angeschaut und diese auch mit seinen Worten gemeint“. Damit sei „Fuck the Police“strafbar. Das Urteil: 1000 Euro Geldstrafe (50 Tagessätze zu je 20 Euro).

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