Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wiedersehen nach fast 40 Jahren
Die ehemaligen Ärzte und Pfleger des Alten Hauptkrankenhauses haben sich getroffen, um Erinnerungen auszutauschen. Warum dabei Geld für Ruanda gesammelt wurde
wir morgens kamen, musste man erst mal die Türe aufreißen und ordentlich durchlüften.“Von 1972 bis 1982 arbeitete Ranzinger in dem Krankenhaus, danach bis zu seiner Pensionierung im Zentralklinikum. „Der Zusammenhalt im Team war hervorragend, auch mit den Klosterschwestern, bis diese dann abgezogen wurden“, erinnert sich der Pfleger.
1859 war das Krankenhaus am „Unteren Graben“eröffnet worden, spezialisiert auf „Behandlung der Extremitäten durch Arbeitsunfälle“, wie man in einer historischen Schrift nachlesen kann. 1982 war Schluss, das Haus war an seine medizinischen Grenzen gestoßen und wurde durch das Zentralklinikum, der heutigen Uniklinik, ersetzt. Das Personal ging an das neue Krankenhaus oder verteilte sich in der ganzen Republik, weiß Elisabeth Arkenberg, die das Treffen im Hubertushof mit organisiert hat. „Vor einiger Zeit gab es schon ein Treffen im kleinen Kreis, da waren alle so begeistert, dass wir jetzt das große Wiedersehen organisiert haben.“
151 ehemalige Kollegen konnten sie noch ausfindig machen. Viele waren über all die Jahre in Kontakt geblieben. „Die Narkoseärzte haben die Narkoseärzte informiert, die die Schwestern“, berichtet sie. Aus dem Labor, der Anästhesie, der Intensivstation und der Chirurgie sind Ärzte wie Pfleger und Angestellte gekommen.
So etwas wie der Ehrengast des Nachmittags ist Dr. Alfred Jahn. Der 82-Jährige ist für das Treffen aus Ruanda angereist, wo er seit seiner Pensionierung 2002 lebt, Kinder kostenlos operiert und über 70 Waisenkinder betreut. Für sein Projekt „Kinderhilfe in Ruanda – Dr. Alfred Jahn“werden an diesem Tag auch Spenden gesammelt.
Im Alten Hauptkrankenhaus hat Jahn von 1962 bis 1969 seine chirurgischeund kinderchirurgische Ausbildung gemacht. „Das Arbeiten war anders als heute – wir hatten keinen Ultraschall, kein Kernspin, nur Röntgengeräte gab es schon“, berichtet er. Doch die Lehre sei hervorragend gewesen, noch heute in Ruanda wende er die Operationstechniken an, die er von seinem Professor in Augsburg gelernt hat. Auch an die Pfleger und Schwestern hat er gute Erinnerungen. „Die Vinzentinerinnen haben den Geist des Hauses geprägt“, so der Arzt. „Mit diesen habe ich hervorragend zuschwestern sammengearbeitet.“Als er das erzählt, horcht eine Frau in Ordenstracht auf. „Dr. Jahn?“fragt sie. „Ich hätte sie nicht mehr erkannt.“Vinzentinerin Ludbirga war Opschwester, als Jahn dort als Kinderarzt tätig war. „Ich hätte nicht gedacht, dass man hier so viele alte Freunde trifft“, freut sie sich. Als sie im Hauptkrankenhaus Dienst hatte, war die sie 26 Jahre alt – heute ist sie die einzige Vertreterin ihres Ordens. „Die anderen waren zumeist erheblich älter als ich“, sagt sie.
Im Saal des Hubertushofs geht es zu wie in einem Bienenstock. Die ehemaligen Kollegen haben sich zu Grüppchen zusammengefunden und lachen und reden aufeinander ein. Fast wie eine Familie sei man damals miteinander umgegangen, berichtet Henrieke Knöpfle. Die damals alleinerziehende Mutter war zum Aufbau der Intensivstation ins Haus geholt worden. „Die Kollegen waren wunderbar und verständnisvoll“, erinnert sie sich. Auch die Ärzte hätten Rücksicht auf sie genommen. „Ich konnte unter der Woche Frühdienst machen und musste keine Spät- und Wochenendschichten übernehmen“. Auf diese Weise sei eine Verbundenheit entstanden, die bis heute anhielte, so die 74-Jährige.