Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Eine Fundgrube für Raritätensammler
Das Staatstheater pries die letzten Schätze der Schreinerei in der Kasernstraße an und hunderte Interessierte scharten sich um Bilder, Opernballstühle und Frauenbeine mit blau-weiß-roter Kokarde
Über 150 Requisitenjäger warteten schon vor dem Eingang der ehemaligen Schreinerei des Staatstheaters in der Kasernstraße. Ihr gemeinsames Ziel: Mal sehen, was die alten Räume ein letztes Mal zu bieten haben. Ein Adenauer-porträt war angekündigt, die restlichen Requisiten blieben eine Überraschung. Als sich die Türen öffneten, brauchte der Großteil der Besucher eine ganze Weile, um in die Mitte des Raumes vorzudringen – da war „der Adenauer“schon weg. So schnell ging das.
Auf einem kleinen Podest war Staatstheater-intendant André Bücker mit einem Mikrofon in der Hand zu sehen und zu hören. „Da hinten steht ein tolles Bild von Willy Brandt zusammen mit Jimi Hendrix“, pries er die ausgewählten Stücke an. „Wer das haben will... Ach, nee, es ist schon nicht mehr da“. So ging das an diesem Samstagvormittag. Gegen eine Spende zugunsten
Aus einem Gemälde wird ein Triptychon
des „14. Treffens des Bayerischen Theaterjugendclubs“, konnten sich die Interessierten ihre Theater-beute mit nach Hause nehmen. Bücker trat schon bald vom Podest, legte sein Mikrofon beiseite und unterhielt sich lieber mit den Leuten, die fleißig Figuren, komische Beine, Gemälde, Kunststoffköpfe, seltsamen Krimskrams, Stühle und Kleider an ihm vorbeitrugen.
Nicht jeder fand das, was er eigentlich suchte. Alvar Ceamanos, der als Praktikant am Staatstheater arbeitet, hatte auf einen Frack spekuliert. Den gab es leider nicht. Dafür wählten sich seine Mutter Mila und er eine goldene Figur und ein Gemälde aus. „Aus dem Gemälde mache ich ein Triptychon. Es ist zu groß für meine Wohnung“, sagte Mila Ceamanos.
Jemand deutete auf ein noch größeres Bild und sagte: „In mein Auto bekomme ich das aber nicht hinein.“Wie Transportprobleme gelöst werden können, zeigte ein junger Mann, der die Leinwand einfach Rahmen nahm und in eine handliche Rolle verwandelte. Diana Zapf-deniz hatte sich einen Stuhl ergattert. „Der ist vom Opernball“, sagte sie mit Gewissheit.
Der Renner war aber ein einzelnes rotes Frauenbein mit blau-weißroter Kokarde, die zahlreich vorhanden waren. Monika Godani will daraus etwa einen Tisch bauen. Marisa Muske und Sebastian Lutz standen vor ihren Requisiten, damit sie niemand anderer mitnehmen konnte: Frauenbein, Gemälde und goldene Figur. „Wir werden am 30. März heiraten und wollen die Augsburger Theaterrequisiten als Hochzeitsrequisiten in Würzburg einsetvom zen“, sagte Marisa Muske. Nach zwei Stunden war der Raum fast leer und kaum noch Requisiten übrig. Dafür war einiges an Geld in der Spendenbox zusammengekommen. André Bücker war zufrieden. „Im Vorfeld haben wir bereits ganz alte Sachen weggeworfen, von denen niemand mehr wusste, wofür die eisich gentlich auf der Bühne standen.“Recep und Ugurlu Cihat tragen ein Bild, auf dem ein Uniformierter mit einer russischen Papacha-fellmütze zu sehen ist, davon. Wo denn das Bild hinkommt? „Wir wissen es nicht. Die Wohnung ist eigentlich zu klein“, sagt Recep Cihat. Requisitenjäger eben.