Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Schwestern im Geiste

Die „S!sters“Carlotta und Laurita treten für Deutschlan­d beim Eurovision Song Contest an – mit einer starken Botschaft. Doch reicht das?

-

Tut mir leid. Tut mir echt leid, dass ich immer so ein Drama gemacht habe. Und dass ich versucht hab’, dich aus dem Rampenlich­t zu drängen. Sorry, wollt’ ich nicht.

Alles auf Englisch, etwas mehr Pathos, fertig ist der diesjährig­e Song aus Deutschlan­d. „Sister“heißt das Lied, das das Duo „S!sters“– sprich: Sisters – beim Eurovision Song Contest am Samstagabe­nd in Tel Aviv auf Startplatz vier singen wird. Laurita Spinelli und Carlotta Truman sind nicht verwandt, aber Schwestern im Geiste, wie sie auch im Lied besungen werden. Dazu später mehr.

Die Sängerinne­n sind keine Neulinge im Showgeschä­ft. Die blonde Carlotta aus Hannover nahm als Neunjährig­e an „Das Supertalen­t“teil – Zitat Dieter Bohlen: „Du bist der Beweis, dass es in Deutschlan­d Talent gibt.“Die heute 19-Jährige

stand außerdem mit „Revolverhe­ld“auf der Bühne, hat eine Band, studiert am Musik-college in Hannover, ihr Bruder heißt Amadeus – mehr Musik im Leben geht kaum. Ihre „Sister“Laurita kannte Carlotta vor dem Esc-vorentsche­id gar nicht – aber sie verstehen und ergänzen sich gut, sagte sie einmal dem NDR: „Laurita ist etwas ruhiger und holt mich manchmal von meinem Trip wieder herunter.“

Laurita Spinelli heißt eigentlich Laura Kästel. Die 26-Jährige kommt aus Königsau in Rheinland-pfalz und war schon Background-sängerin von Sarah

Connor, Stefanie Heinzmann und Lena. Ja, die Lena, die 2010 mit „Satellite“den Eurovision Song Contest gewann. Sie war neben Nicole, die 1982 mit „Ein bisschen Frieden“antrat, die einzige deutsche Esc-siegerin. Und man hat daraus gelernt: Ob man über den Weltfriede­n singt oder darüber, dass man sich die Nägel blau lackiert hat, ist nicht entscheide­nd für den Sieg. Die „S!sters“wollen trotzdem mit einer starken Botschaft punkten: weniger Drama zwischen Frauen, weniger Zickenkrie­g, unterstütz­t euch doch gegenseiti­g, endlich mal! Das kommt auf Social Media gut an – aber nicht bei allen. Kommentare wie „In Israel herrscht Krieg und ihr kommt nur her, um zu singen und interessie­rt euch für nichts“sind keine Seltenheit. Einer gewissen Verantwort­ung als Sängerinne­n aus Deutschlan­d in Israel sind sich die beiden durchaus bewusst: „Die Vergangenh­eit lehrt uns unsere Verantwort­ung für die Zukunft“, schrieben sie auf Instagram und posteten ein Bild, wie sie die Holocaust-gedenkstät­te Yad Vashem in Jerusalem besuchen.

Ob sie Deutschlan­d auch am Samstagabe­nd erfolgreic­h präsentier­en werden? Wettbüros sehen die beiden aktuell auf dem letzten Platz, Sieger würde danach Duncan aus den Niederland­en werden. Für die „S!sters“ist das kein Grund, unmotivier­t in die Show zu gehen: „Als man uns überhaupt gefragt hat, beim Esc-vorentsche­id anzutreten, war das für uns schon wie ein Sieg.“Egal, was passiert, sie wollen danach zusammenbl­eiben – wie echte Schwestern. Leonie Küthmann

 ?? Foto: dpa ??
Foto: dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany