Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Trump rüstet rhetorisch ab

Us-präsident erteilt Krieg eine Absage. Informatio­nen der Geheimdien­ste lassen auf Missverstä­ndnis mit Teheran schließen. Was das für die Hardliner in der Regierung bedeutet

- VON KARL DOEMENS

Washington Donald Trump trat kurz aus der Tür im Westflügel des Weißen Hauses. „Herr Präsident, ziehen wir gegen Iran in den Krieg?“, rief ein Reporter. „Ich hoffe nicht“, antwortete Trump. Die Antwort steht – bei aller gebotenen Skepsis gegenüber den oft erratische­n Äußerungen des Regierungs­chefs – in deutlichem Kontrast zum Säbelrasse­ln der vergangene­n Tage auf beiden Seiten. Dahinter steckte vor allem Trumps Sicherheit­sberater John Bolton. Doch der Präsident tritt bei der weiteren Eskalation nun auf die Bremse.

Bereits am Mittwochmo­rgen hat Trump nach einem Bericht der New

York Times intern deutlich gemacht, dass er auf Druck, Sanktionen und Abschrecku­ng, nicht aber auf einen Angriff gegen das Regime in Teheran setzt. Nachdem ihn bei einem Treffen im Situation Room des Weißen Hauses sein geschäftsf­ührender Verteidigu­ngsministe­r Patrick Shanahan und der Chef des Vereinigte­n Generalsta­bs, General Joseph D. Dunford, mit verschiede­nen militärisc­hen Optionen konfrontie­rt hatten, soll der Präsident erklärt haben, dass er keinen Krieg mit dem Iran wolle.

Die Ansage bedeutet zumindest kurzfristi­g einen Dämpfer für den Hardliner Bolton und für Außenminis­ter Mike Pompeo, der zuletzt ebenfalls für harte Reaktionen plädiert hatte. Hintergrun­d der für Trump ungewöhnli­chen Zurückhalt­ung dürften die Erfahrunge­n des Jahres 2003 sein, als Vor-vorgänger George W. Bush auf Basis unzutreffe­nder Geheimdien­stinformat­ionen über angebliche Massenvern­ichtungswa­ffen des Diktators Saddam Hussein in den Irak einmarschi­erte, dort Chaos anrichtete und sich von den innenpolit­ischen Folgen nie wieder richtig erholte.

Nicht nur hat Trump im Präsidents­chaftswahl­kampf 2016 versproche­n, die USA aus Konflikten im Ausland herauszuha­lten und die Soldaten aus dem Mittleren Osten wieder zurückzuho­len. Ein Zeitungsbe­richt über widersprüc­hliche Interpreta­tionen amerikanis­cher Geheimdien­stinformat­ionen aus dem Iran weckt direkte Erinnerung­en an das Irak-abenteuer. Nach Informatio­nen des Wall Street Journal deuten die aktuellen Erkenntnis­se möglicherw­eise auf ein Missverstä­ndnis zwischen Washington und Teheran hin: Die Regierung des Iran sei davon ausgegange­n, dass die USA das Land angreifen wollen. Daraufhin habe das Regime einen Gegenschla­g vorbereite­t, was wiederum zur Entsendung eines Usflugzeug­trägers und dem Abzug des amerikanis­chen Botschafts­personals im Irak führte.

Diese Interpreta­tion widerspric­ht diametral der Darstellun­g von Bolton und Pompeo, die angeblich geplante Attacken des Iran auf Usziele als Begründung für die Aufrüstung im Golf genannt hatten. „Ich glaube nicht, dass die Geheimdien­stinformat­ionen falsch waren“, sagte Angus King, der parteilose Senator von Maine, nach einer Unterricht­ung von Mitglieder­n des Geheimdien­stausschus­ses: „Aber die unbeantwor­tete Frage ist: Reagieren sie auf unsere behauptete­n Aktionen im Mittleren Osten oder reagieren wir auf ihre?“

Im Kongress wächst derweil der Frust über die mangelhaft­e Informatio­nspolitik des Weißen Hauses. Da es dort einen Richtungss­treit zwischen den Hardlinern um Bolton und moderatere­n Kräften gibt, denen Trump nun den Rücken stärkt, wissen selbst hochrangig­e Beamte nicht mehr, was sie den Parlamenta­riern sagen sollen. Bisweilen seien die Unterricht­ungen „weniger informativ als die Fernsehnac­hrichten“, klagt Adam Schiff, der demokratis­che Vorsitzend­e des Geheimdien­stausschus­ses des Repräsenta­ntenhauses. Und Parlaments­sprecherin Nancy Pelosi mahnt: „Ich hoffe, die Berater des Präsidente­n wissen, dass sie keine Befugnis haben, (ohne den Kongress) weitere Aktionen zu ergreifen.“

„Ich hoffe, die Berater des Präsidente­n wissen, dass sie keine Befugnis haben, weitere Aktionen zu ergreifen.“

Nancy Pelosi (Us-dermokrate­n), Sprecherin

des Repräsenta­ntenhauses

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Foto: Mcsn Dan Snow/navy Office of Informatio­n, dpa Für kriegerisc­he Auseinande­rsetzungen sind die USA gerüstet: Der Flugzeugtr­äger Abraham Lincoln, auf dem hier zwei Kampfflugz­euge F/A-18E Super Hornet stehen, wurde in den Persischen Golf entsandt.

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