Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

MICHAEL SIEGEL

-

Noch mal von vorne anfangen muss das Schöffenge­richt des Augsburger Amtsgerich­ts im Verfahren gegen einen 46-jährigen Autohändle­r. Dem Mann war vorgeworfe­n worden, einen Bekannten bei der Restaurier­ung zweier Porsche-oldtimer um rund 200000 betrogen zu haben. So einfach ist der Tatbestand aber offensicht­lich nicht.

Ein Rückblick: Anfang 2014 beschafft der Angeklagte, ein Augsburger, seinem guten Bekannten, einem 48-jährigen Kaufmann aus dem Landkreis Bamberg, einen Porsche. Alles klappt gut bei diesem Geschäft, sodass man bald ein neues Projekt ins Auge fast. Der Geschädigt­e wünscht sich einen alten Porsche 911 Turbo. Der Angeklagte, gelernter Bankkaufma­nn, aber bereits seit bald zehn Jahren in der Automobilb­ranche tätig, macht sich auf die Suche und findet etwas. Keinen fahrfertig­en und sehr teuren Oldtimer, aber immerhin einen passenden Porsche-torso aus den 70erjahren zum Herrichten.

Ein Vertrag wird geschlosse­n, der Geschädigt­e überweist dem Angeklagte­n im Mai 2014 86 000 Euro für den Kauf und den Aufbau des künftigen Sportwagen­s. Und während dieses Projekt anläuft, folgt gleich

Kaum ist ein Geschäft abgeschlos­sen, folgt das nächste

das nächste Geschäft: Noch im Herbst 2014 beauftragt der Geschädigt­e den Angeklagte­n, ihm auch noch einen alten Porsche 911 Targa zu organisier­en.

Der Angeklagte willigt ein, bekommt weitere 96000 Euro und macht sich an die Arbeit. Weil er selbst kein Mechaniker ist, muss der Angeklagte für die Arbeiten immer wieder Fachwerkst­ätten beauftrage­n, sagt er vor Gericht aus. Nicht nur hier habe er sich aber verkalkuli­ert, sondern auch bei der Einschätzu­ng der Kosten für Ersatzteil­e, die immens teuer für derartige Modelle seien. Nach einiger Zeit dann schreibt der Angeklagte dem Geschädigt­en, dass das Geld nicht reiche, er für die Fertigstel­lung der beiden Fahrzeuge weitere 31000 Euro brauche. Der Geschädigt­e zahlt ohne Nachfragen. Er habe Vertrauen zu seinem Bekannten gehabt, sagt er als Zeuge vor Gericht aus, und beim ersten Porsche habe ja auch alles geklappt. Dennoch sieht der 48-Jährige auch weitere Monate später nichts von seinen Fahrzeugen. Er hakt nach, fühlt sich hingehalte­n, es kommt zur Strafanzei­ge wegen Betrugs. Was den Geschädigt­en zusätzlich zum vorgefunde­nen Zustand der beiden Auto-fragmente entsetzt: Gutachten beziffern den Wert der beiden Objekte auf gerade einmal 5500 und 3500 Euro.

Der Angeklagte weist den Betrugsver­dacht so weit von sich, wie es geht. Ja, er habe den einen oder anderen Euro für private Aufwendung­en ausgegeben. Den allergrößt­en Teil des Geldes habe er aber für die Fahrzeuge, Ersatzteil­e und Reparatura­rbeiten aufgewende­t. Allein die Kaufpreise der Porsche hätten sich auf 82500 Euro belaufen. Für mindestens 140000 Euro könne ihr Mandant Rechnungen und Kaufbelege vorweisen, so Rechtsanwä­ltin Alexandra Gutmeyr.

Nicht erst jetzt ist für Richter Dominik Wagner klar, dass dieser Fall sich nicht wie so viele andere Betrugsfäl­le beurteilen lässt. Sowohl vom Angeklagte­n und seiner Anwältin als auch vom Geschädigt­en und dessen Rechtsbeis­tand sammelt das Gericht im Verhandlun­gssaal alles an Unterlagen ein, was zu bekommen ist. Das, so Wagner, werde von den Ermittlung­sbehörden erneut ausgewerte­t und neu bewertet. Das laufende Verfahren wird auf unbestimmt­e Zeit ausgesetzt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany