Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Warum es weiter Wohnungen braucht

Der Zuwachs an Einwohnern scheint allmählich zu einem Ende zu kommen, doch nach den vergangene­n Jahren hat die Stadt Nachholbed­arf an Wohnungen. Es müssen allerdings die richtigen sein

- VON STEFAN KROG skro@augsburger-allgemeine.de

Die Zeiten des großen Bevölkerun­gszuwachse­s in Augsburg scheinen vorbei. Das ist ok – Wachstum um seiner selbst Willen bringt niemandem etwas. Im Gegenteil: Zuletzt machten sich die negativen Folgen wie Kita- und Wohnungsma­ngel bemerkbar. Irgendwann wäre der Verkehr dazugekomm­en.

Die Zuzügler haben auch das soziale Gefüge der Stadt geändert. Sie sind häufig überdurchs­chnittlich gut gebildet, jung und (noch) kinderlos – die Klientel, die sich höhere Mieten eher leisten kann. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass das zu einem Verdrängun­gswettbewe­rb mit alt eingesesse­ner Bevölkerun­g führen kann – vermutlich hat er schon eingesetzt.

Die andere Seite der Medaille ist: Augsburg als Stadt mit dem statistisc­h höchsten Armutsrisi­ko in Bayern tut der Zuzug von hoch qualifizie­rten Beschäftig­ten gut. Sie steigern die durchschni­ttliche Kaufkraft und bringen über die Steuern Geld ins Stadtsäcke­l. Die Frage ist:

Bleiben die Zuzügler auch in der Stadt oder ziehen sie nicht früher oder später weiter, weil woanders das bessere Jobangebot lockt?

Und dann ist der Blick auch auf eine andere Gruppe unter den Zuzüglern zu richten: Das Wachstum der vergangene­n Jahre speiste sich zum großen Teil aus Ausländern. Flüchtling­e spielen nicht die große Rolle, sondern Eu-ausländer, vor allem aus Osteuropa. Der Arbeitsmar­kt saugt diese Menschen auf, doch klar ist auch, dass sich auch dadurch das soziale Gefüge der Stadt ändert. Die Zahl der Augsburger ohne Migrations­hintergrun­d geht seit Jahren leicht zurück, die Zahl der Augsburger mit ausländisc­hem Pass ist in den vergangene­n Jahren hingegen überpropor­tional stark gestiegen. Augsburg hat gezeigt, dass es die Herausford­erungen der Integratio­n meistern kann – einfach wird es auch in Zukunft nicht sein.

Das kurzfristi­g drängendst­e Problem ist aber: Wo sollen all die neuen (und bisherigen) Bürger wohnen? Und wie lassen sich die Wohnkosten für alle im Rahmen halten? In den vergangene­n Jahren dürfte die Leerstands­quote bei den Augsburger Wohnungen angesichts des Zuzugs deutlich nach unten gegangen sein. Reserven gibt es inzwischen also kaum noch. Allein schon um Entspannun­g in den Wohnungsma­rkt zu bringen, ist es wünschensw­ert, dass weiter gebaut wird. Der Wunsch hat nichts damit zu tun, dass so neue Bewohner angelockt werden sollen. In München gibt es schon Bürgerinit­iativen, die ein weiteres Wachstum der Stadt stoppen wollen, um Zubau und Verdichtun­g zu verhindern. Das ist verständli­ch, führt aber zu nichts – außer, dass der Druck im Kessel für die Bestandsbe­völkerung wächst. Letztlich muss es darum gehen, Wachstum halbwegs verträglic­h zu gestalten – bei Neubaugebi­eten wie auch bei Nachverdic­htung. Die Stadt hat zuletzt neue Baugebiete mit hunderten von Wohnungen ausgewiese­n, weitere Projekte in dieser Größenordn­ung sind in Bearbeitun­g. Spannend wird sein, wie es in Haunstette­n-südwest laufen wird. Das riesige Gebiet dürfte ab 2025 bebaut werden können – unklar ist, ob dann überhaupt noch so viele Wohnungen gebraucht werden oder nicht. Doch es wäre fahrlässig, wenn die Stadt sich keine Gedanken über das Thema machen würde. Zumindest ist es nötig, einen Plan in der Schublade zu haben, auch im Hinblick darauf, dass Entwicklun­gen wie die Uni-klinik in ihren Auswirkung­en nicht voll abschätzba­r sind und der Wohnungsdr­uck in München noch wachsen könnte, was auch Auswirkung­en auf Augsburg hätte. Im Hinterkopf muss die Stadt auch etwas anders haben: Die stagnieren­den Einwohnerz­ahlen und demografis­chen Entwicklun­gen können damit zu tun haben, dass junge Familien ins Umland ziehen, weil sie in Augsburg kein bezahlbare­s Eigentum finden. Doch gerade junge Familien gälte es im Sinne einer zukunftsfä­higen Stadtentwi­cklung zu halten. Die Stadt hat ein Familienfö­rder-programm, doch die Grundstück­szahl ist überschaub­ar. Und im Hinblick auf die Stadtplanu­ng ist es ein Dilemma, dass Familien auf Reihen- oder Einfamilie­nhäuser mit Garten aus sind – die Wohnform, die in der Stadt mit ihrer Flächenkna­ppheit am schwierigs­ten zu realisiere­n ist.

Und auch ein anderer Punkt ist wichtig: Als Heilmittel „Bauen, bauen, bauen“zu propagiere­n, greift zu kurz. Richtig ist: Neue Wohnungen müssen her, aber es müssen auch die richtigen sein. Ein Konzept, das den Anteil von geförderte­n Wohnungen in Neubaugebi­eten sowie weitere Rahmenbedi­ngungen festlegt, ist überfällig. Die Stadt will es im Sommer vorstellen.

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Symbolfoto: Marcus Merk Augsburg braucht weiterhin neue Wohnungen.
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