Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Die ganze Bildsprach­e ist nicht für Kinder gemacht. Da bekommt man Albträume davon. Ich frage mich, wie dieses Spiel ab zwölf sein kann.“

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trauen.“Man wisse als Spieler nie, wann und wo man angegriffe­n werde. Ein Gefühl, das – je nachdem, wie lange gespielt wird – über Stunden bei den Kindern aktiv abgerufen werde. Dies habe auch Einfluss auf das Gehirn. Neue Verknüpfun­gen (Synapsen) bilden sich, die das von Gewaltdars­tellungen ohne Angst erleichter­n. So trete mit der Zeit ein Gewohnheit­seffekt ein, der wieder mit neuen Reizen gefüttert werden müsse. „Ich bin immer wieder erstaunt, was Kinder so an Spielen aushalten.“

Die Kinder, die von Schädler behandelt werden, sind im Alter von acht bis 18 Jahren. Mehr als die Hälfte spielt Fortnite, manche Call of Duty oder World of Warcraft. Werden sie im Josefinum stationär behandelt, „müssen die Kinder und Jugendlich­en langsam wieder lernen, mit Zeit und auch Langeweile umzugehen“, erklärt der Arzt. Eine halbe Stunde beträgt die Medienzeit im Krankenhau­s. In der Therapie geht es dann darum, die eigene Persönlich­keit zu stärken. Die jungen Patienten müssen beispielsw­eise lernen, bei Anfeindung­en gelassen zu bleiben und zu sich zu stehen. „Du bist richtig, wie du bist“wird versucht, den Kindern beizubring­en. Dabei geht es viel um das eigene Selbstwert­gefühl. „Wir wollen, den Kindern wieder zu positiven Erfahrunge­n verhelfen“, erklärt Schädler. In der realen Welt – ganze ohne martialisc­he Figuren Spielernam­en.

Damit lässt sich übrigens viel Geld verdienen. Der Fortnite-entwickler macht vor, wie es geht: Im Jahr 2018 erwirtscha­ftete Epic Games drei Milliarden Us-dollar, wovon der größte Teil davon auf Fortnite zurückzufü­hren ist. Das Spiel kann zwar zunächst kostenlos herunterge­laden werden. Doch bestimmte Spieler-outfits kosten Geld. Beim Marschmell­o-konzert konnten besondere Outfits für die Spielfigur­en gekauft werden. Bei 10,7 Millionen Zuschauern kann da schnell was zusammenko­mmen. Die meisten Gamer geben laut Dakstudie ihr Geld aber für sogenannte Loot-boxen aus, die wie beim Glücksspie­l „zufällig“über den weiteren Spielverla­uf entscheide­n. Diese Loot-boxen können erspielt oder eben gekauft werden, um im Spiel mehr Spaß oder Erfolg zu haben. In einigen Ländern ist ihr Einsatz bereits verboten. Bis zu 1000 Euro geben einzelne Spieler innerhalb eines halben Jahres nur fürs Gaming aus.

und

coole Der Branchenve­rband vergleicht die Loot-boxen, wie es sie nicht nur in Fortnite gibt, mit dem Prinzip der Panini-sammelbild­er. Die Boxen enthalten immer einen vorher genannten Umfang an virtuellen Gegenständ­en, nur der Inhalt sei nicht bekannt.

Sind jetzt alle Fortnite-spieler suchtgefäh­rdet? „Nein“, sagt Schädler. „Wenn es bei einer Stunde Fortnite am Tag bleibt, ist das wohl noch okay.“Medienexpe­rten wie Michael Gurt, der Vorträge für Eltern und Pädagogen über Medienkons­um hält, raten dazu, Kindern das Spielen erst dann zu erlauben, wenn Hausaufgab­en und ähnliche Pflichten erledigt sind. Begrenzte Gaming-zeiten oder ein flexibler Spielzeitp­ass seien ebenso hilfreich. Englische Eltern lösten ihr Fortnitepr­oblem kürzlich trickreich. Sie setzten einen Profi auf die Spielfigur ihrer Kinder an, damit diese – und zwar ohne großes Lamento – rechtzeiti­g zum Abendessen kommen. Der englische Aldi-ableger hatte dies vorübergeh­end im Angebot.

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