Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Sich noch mit Plastiktüte zeigen?
Die Fragestellung macht es bereits klar: Es geht hier weder um Not noch um Gedankenlosigkeit, die hier zu Plastiktütenträgern machen – und es geht wohl noch nicht mal um inhaltlich ernst gemeinten Widerspruch zur Umweltschutzkampagne gegen Plastik. Darüber könnte man ja noch diskutieren. Weil: Toll ist die Ökobilanz von Alternativen wie Stoff- und Papiertaschen ja nun nicht… Dann ließe sich wenigstens lospoltern, denn wenn’s dem Menschen ein Alibi liefern kann, einfach seinen öligen ökologischen Fußabdruck weiter in die Welt zu pressen, dann zeigt er sich plötzlich aufgeklärt – daddelt aber sonst weiter auf seinem Smartphone voller seltener Erden, während er sein Supermarkt-fleisch verdrückt. Und so.
Aber nö, es geht bloß um die ästhetische Frage, ob man sich von der moralischen Ächtung der neuen Tüten auch daran hindern lassen soll, seine alten weiter zu verwenden.
Es geht also um Romantiker, die das Wirtschaftswunderkonsumgefühl noch nicht ziehen lassen wollen, oder um Hipster, die Prekariatshässlichkeit ironisieren, oder um die Propheten des Pragmatismus, die mit Stolz auf ihre säuberlich gefaltete Sammlung sauberer, robuster und doch ach so praktischer Tüten in einer eigenen Schublade verweisen … Und was soll man dagegen schon haben? Dafür muss man doch ein sanftes Lächeln übrig haben. Gewiss. Aber darum muss man noch lange nicht selbst zum Kauz werden. Und wenn auch nur ein bisschen vom Gedanken den Träger begleitet: Ha, ihr denkt jetzt alle, ich wär ’ne Umweltsau – dabei bin ich als ewiger Weiterverwerter das Gegenteil … Dann hat dieser Träger auch keinerlei Sympathie mehr verdient. Er kokettiert süffisant mit nichts anderem als dem Ersticken unseres Planeten.