Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Was genau ist ein Kilo?
Das neue Maß aller Dinge: eine Siliziumkugel aus Braunschweig
München Ein Kilo Gold oder ein Kilo Federn? Was ist schwerer? Millionen neunmalkluger Grundschüler haben ihre jüngeren Geschwister mit dieser Frage in die Irre geführt. Ist beides gleich schwer, ein Kilo ist ein Kilo, ist doch klar!
Ein Kilo ist ein Kilo – so einfach war es in den vergangenen Jahren eben nicht: Das Pariser Urkilogramm, seit 1889 das Maß – pardon, Gewicht – aller Dinge, hat ausgedient. Der Zylinder besteht zu 90 Prozent aus Platin und zehn Prozent Iridium und ist, wie man in Paris sagen würde, nicht mehr „en vogue“. Der neueste Trend in Sachen Kilogramm kommt aus Braunschweig und ist aus Silizium: eine Kugel, etwa so groß wie ein Tennisball, die genauer als jemals zuvor definieren soll, was genau ein Kilogramm ist. Das sagen Sprecher des Deutschen Museums, in dem die Kugel künftig ausgestellt sein wird.
Sie wurde von Physikern der Physikalisch-technischen Bundesanstalt in Braunschweig aus einem Siliziumkristall geschnitten und poliert. Danach haben die Forscher die darin enthaltenen Silizium-28-atome gezählt. Durch die Zahl der Atome lasse sich sehr präzise berechnen, was ein Kilogramm sei, sagt Wolfgang Heckl, der Generaldirektor des Deutschen Museums.
Klingt kompliziert, ist aber aufregende, bahnbrechende Physik. Und eben etwas cooler als das Urkilo, das in die Jahre gekommen ist. Das merkt man nicht nur am Namen, sondern auch daran, dass es sich beim Urkilo verhält wie bei so manch alterndem Menschen: Es schrumpft. Im Laufe der Jahre hat es ungefähr das Gewicht eines Salzkorns verloren. Eine Reinigungsprozedur, so vermuten die Forscher, soll der Grund dafür sein. Neunmalkluge Schüler würden das wohl so interpretieren: Wasch dich nicht, sonst schrumpfst du.