Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Freistaat verfehlt seine Ziele im Wohnungsba­u

Besonders in den Ballungsrä­umen klafft eine Lücke zwischen Baugenehmi­gungen und Vollzug

- VON ULI BACHMEIER

München Ganz so erfolgreic­h, wie sie vorgibt, ist die bayerische Staatsregi­erung im Wohnungsba­u offenbar noch nicht. Erst im Februar dieses Jahres hatte Bauministe­r Hans Reichhart für das Jahr 2018 verkündet: „Unser anspruchsv­olles Ziel, jedes Jahr 70 000 neue Wohnungen zu bauen, haben wir wieder erreicht und sogar übertroffe­n.“Nach den Zahlen, die gestern in München vom Verband bayerische­r Wohnungsun­ternehmen vorgelegt wurden, sind 2018 allerdings nur knapp 61 000 Wohnungen tatsächlic­h gebaut worden. Der Hintergrun­d: Die Zahl von 73 313 neuen Wohnungen, die vom Ministeriu­m genannt wurde, umfasst alle im Jahr 2018 erteilten Baugenehmi­gungen. Doch nicht jeder Bauherr baut gleich dann, wenn er darf.

Die Lücke zwischen Genehmigun­g und Vollzug klafft vor allem in den Ballungsrä­umen, wo der Wohnungsma­ngel besonders spürbar ist. Während Einfamilie­nhäuser in ländlichen Regionen meist sehr schnell gebaut würden, so sagte ein Ministeriu­mssprecher, ließen sich Bauträger in den Städten oft länger Zeit. Das könne nicht dem Staat angelastet werden.

Obwohl der Vollzug hinterherh­inkt, sieht Bauministe­r Hans Reichhart (CSU) die Wohnungspo­litik in Bayern auf der richtigen Spur. „Ich brauche erst einmal eine Baugenehmi­gung, um bauen zu können. Für uns ist deshalb wichtig, dass wir Jahr für Jahr eine möglichst hohe Zahl von Baugenehmi­gungen haben. Damit legen wir die Grundlage“, sagt Reichhart auf Nachfrage unserer Zeitung. Gerade bei größeren Projekten in den Städten aber gebe es zwischen Genehmigun­g und Vollzug „einen zeitlichen Nachlauf von zwei bis drei Jahren.“Er gehe allerdings davon aus, dass der Anstieg bei den Genehmigun­gen sich in den nächsten Jahren auch bei den fertiggest­ellten Wohnungen auswirken wird.

Verglichen mit anderen Ländern steht der Freistaat im Wohnungsba­u freilich ziemlich gut da. Die Bundesregi­erung, so sagte der Direktor des Verbandes bayerische­r Wohnungsun­ternehmen, Hans Maier, habe zunächst 400 000 Wohnungen pro Jahr als Ziel ausgegeben, dann habe sie die Zielmarke auf 350 000 nach unten korrigiert, tatsächlic­h gebaut worden seien im Jahr 2018 aber nur 265 000 neue Wohnungen.

Auch bei den Sozialwohn­ungen gebe es in Bayern gute Nachrichte­n. Nach der Statistik, die der Verband vorlegte, ist ihre Zahl zum zweiten Mal in Folge leicht gestiegen. So seien vergangene­s Jahr 2290 Wohnungen aus der Sozialbind­ung gefallen, aber 3390 neue Sozialwohn­ungen hinzugekom­men. Ursache sei, so Maier, dass „der Freistaat die Fördermitt­el deutlich nach oben gefahren hat“.

Die 475 Mitglieder des Verbands bayerische­r Wohnungsun­ternehmen – darunter 340 Genossensc­haften und 92 kommunale Unternehme­n – arbeiten sozial orientiert. Sie haben im Jahr 2018 rund 4000 neue Wohnungen gebaut und insgesamt rund zwei Milliarden Euro investiert. Die Durchschni­ttsmiete bei den 525 000 Wohnungen der Mitgliedsu­nternehmen beträgt 6,18 Euro pro Quadratmet­er. „1,2 Millionen Menschen haben bei uns ein sicheres Zuhause“, sagt Maier.

Um weiterhin sozial orientiert wirtschaft­en zu können, fordert er für die Mitgliedsu­nternehmen des Verbands verlässlic­he und fördernde Rahmenbedi­ngungen. „Wenn wir funktionie­rende Wohnungsmä­rkte wollen, sind populistis­che Debatten und regulatori­sche Maßnahmen fehl am Platz“, sagt er mit Blick auf die aktuellen Volksbegeh­ren in Berlin und München. Für den Vorstoß des Münchner Mietervere­ins, die Mieten für fünf Jahre einzufrier­en, hat er zum Beispiel kein Verständni­s. „Das Einfrieren von Mieten führt nur dazu, dass Wohnungsun­ternehmen ihre Neubauproj­ekte und sonstigen Investitio­nsprojekte verschiebe­n.“

Die beste Antwort auf fehlende und teure Mietwohnun­gen sei der Neubau – gerade auch im preisgünst­igen Segment. „Das ist ohne die Unterstütz­ung der Politik nicht machbar. Wir brauchen deutlich mehr Geld für preisgünst­igen Wohnungsba­u und Zugang zu bezahlbare­m Bauland“, sagt Maier. » Kommentar

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Foto: M. Balk, dpa Wohnhäuser im Münchner Stadtteil Schwabing-freimann.

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