Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Reise in die Seele

Eine Wallfahrt zum heiligen Berg

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„Wohin sind die Götter verschwund­en?“fragt sich Olivier Föllmi, als er nach 30 Jahren nach Tibet zurückkehr­t, in das Land, das ihn als jungen Mann so verzaubert hat, dass er 20 Jahre lang fotografie­rend durch den Himalaya gewandert ist. Für ihn ist die Fotografie die wichtigste Stütze seiner Meditation. Und bevor er sich im von China geprägten Tibet auf Pilgerreis­e zum heiligen Berg Kailash begeben kann, muss er „zurück zu meinem inneren Tibet“finden und sich in den Zustand des „Bardo“begeben, „des Bewusstsei­nszustands zwischen zwei Leben“. Dahin werden ihm die wenigsten Leser folgen können.

Aber sie werden die großartige­n Aufnahmen des vielfach ausgezeich­neten Fotografen lieben: die tatsächlic­h göttlich wirkende Landschaft. Die Gesichter der Tibeter – alte, wettergege­rbte von Falten durchzogen­e und junge, glatte mit offenen Augen. Die Farben der Gebetsfahn­en im Wind und unter Schnee. Sie werden Föllmis Faszinatio­n für Lama Govinda, einen Deutschen, verstehen lernen, dessen Buch „Der Weg der weißen Wolken“für den Fotografen zur Bibel wurde. Und sie werden Föllmis Freund, den Ausnahme-informatik­er Jean-marie Hullot, kennenlern­en, der ebenso wie Föllmi vom Buddhismus durchdrung­en ist und mit ihm diese Pilgerreis­e unternimmt. Auch er sieht in Lhasa „die Straßenwal­ze des ‚Fortschrit­ts‘“und ist dennoch nicht enttäuscht. „Nichts erwarten, einfach loslassen, und komme, was wolle...“Und tatsächlic­h scheint sich in der tibetische­n Landschaft wenig verändert zu haben. Bis auf die Glasfaserk­abel, die Antennen mit einander verbinden, für einen glasklaren HandyEmpfa­ng sorgen und meist mit Gebetsfahn­en dekoriert sind. „Die Antennen senden die Kommunikat­ionssignal­e zwischen den Menschen hin und her, und die Gebetsfahn­en senden die Kommunikat­ionssignal­e zwischen den Menschen und den Göttern in den Wind“, stellt der Mit-entwickler des iphones fest.

Föllmi und Hullot nehmen die Leser in dem außergewöh­nlichen Bildband „Kailash – Eine Pilgerreis­e in das Herz der weißen Wolken“mit auf einem „sehr persönlich­en Weg“und lassen sie teilhaben an ihren ganz besonderen Erfahrunge­n mit der „Seele Tibets“. Für noch mehr Inspiratio­n sorgen die Zitate aus Büchern, die beide geprägt haben, und die wunderschö­nen Kalligraph­ien von Lama Jang Tuk Dapka.

» Olivier Föllmi/jean-marie Hullot: Kailash – Eine Pilgerrrei­se in das Herz der weißen Wolken. Übersetzt von Jörn Pinnow Knesebeck 260 S., 40 ¤

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Foto: Föllmi/knesebeck Der Kailash.

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