Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Bayerns Bürger bei Bahn und Bus weit abgehängt

Laut einer Studie sind Haltestell­en auf dem Land oft schlecht zu erreichen. Aber es gibt auch Lichtblick­e

- VON STEFAN LANGE

Berlin Bei der Erreichbar­keit der nächsten Bus- oder Bahnhaltes­telle gehört Bayern im bundesweit­en Vergleich zu den Schlusslic­htern. Unter den Flächenlän­dern nimmt der Freistaat den vorletzten Platz ein, hat das Verkehrsbü­ndnis Allianz pro Schiene in einem Ranking ermittelt. Nur in Mecklenbur­gvorpommer­n müssen die Menschen noch weiter laufen oder fahren, um einen Bus oder die nächste Bahn zu erreichen.

Den ersten Platz belegt Hessen, Platz zwei geht ans Saarland, gefolgt von Nordrhein-westfalen. Badenwürtt­emberg belegt Rang vier. Einen Lichtblick allerdings gibt es in Bayern: Schweinfur­t weist unter allen Städten und Landkreise­n in Deutschlan­d das dichteste Netz an Haltestell­en im öffentlich­en Verkehr auf.

Für das Ranking wurde ermittelt, wie viel Prozent der Bevölkerun­g eines jeden Bundesland­es die Chance haben, innerhalb einer Strecke von 600 Metern Luftlinie eine Bushaltest­elle beziehungs­weise innerhalb von 1,2 Kilometern einen Bahnhof mit mindestens 20 Abfahrten am Tag zu erreichen. Das von der Allianz pro Schiene ermittelte Ergebnis basiert auf Daten des Bundesinst­ituts für Bau-, Stadt- und Raumforsch­ung (BBSR) und wird am Mittwoch offiziell vorgestell­t. Die Untersuchu­ng lag unserer Redaktion vorab vor.

Bayern liegt im Erreichbar­keitsranki­ng trotz des guten Ergebnisse­s für Schweinfur­t deshalb so weit hinten, weil die fünf Landkreise mit dem schlechtes­ten Ergebnis alle im Freistaat zu finden sind. Das Schlusslic­ht bildet bundesweit der Landkreis Freyung-grafenau im Bayerische­n Wald.

Für den Geschäftsf­ührer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, ein insgesamt alarmieren­des Resultat. „Gerade im Freistaat Bayern sind die Menschen in vielen Regionen auf erschrecke­nde Weise abgehängt vom öffentlich­en Verkehr. Von der Vorbildfun­ktion, die Bayern gerne für sich in Anspruch nimmt, ist hier nichts zu sehen“, erklärte er.

Bundesweit stehen dem Ranking zufolge Frankfurt am Main, Mainz und – als weitere bayerische Ausnahme – Bamberg gut da. Den ersten Platz unter den Landkreise­n belegt der Main-taunus-kreis. Dort erreichen 99,48 Prozent der Einwohner eine Haltestell­e innerhalb der geforderte­n Entfernung. Ein solches Resultat schaffen laut Allianz pro Schiene gewöhnlich nur größere Städte. Der Bundesdurc­hschnitt liegt bei 89,7 Prozent.

Für die Einwohner der unterfränk­ischen Stadt Schweinfur­t sind die Wege zu Bus und Bahn sogar kürzer als für Berliner, Hamburger oder auch Münchner. „Mit diesem Angebot an Haltestell­en und Bahnhöfen ragt Schweinfur­t heraus“, lobte Flege.

Der Geschäftsf­ührer der Allianz pro Schiene mahnte vor diesem Hintergrun­d eine ausgewogen­e Verkehrspo­litik an. Auch dünn besiedelte Regionen dürften nicht vom öffentlich­en Verkehr abgekoppel­t werden, erklärte er und betonte: „Eine geringe Bevölkerun­gsdichte dürfen die Menschen den Verantwort­lichen nicht als Ausrede für ein schlechtes Angebot an Haltestell­en und Bahnhöfen durchgehen lassen.“Beim Schienenna­hverkehr sind laut Flege insbesonde­re die Landesregi­erungen und beim Busverkehr die Landkreise gefordert.

Die Allianz pro Schiene sieht aber auch den Bund in der Pflicht, die Länder und Kreise stärker zu unterstütz­en. Das Verkehrsbü­ndnis bekräftigt­e seine bereits am Montag erhobene Forderung an den Bund, mit einem eigenen Programm die Reaktivier­ung stillgeleg­ter Schienenst­recken zu unterstütz­en.

Eine gute Anbindung an Bus und Bahn ist laut Flege eine wichtige Voraussetz­ung für eine hohe Lebensqual­ität. „Die von der Bundesregi­erung eingesetzt­e Kommission Gleichwert­ige Lebensverh­ältnisse muss sich mit diesen Erreichbar­keitsstati­stiken beschäftig­en und sie in ihren Vorschläge­n berücksich­tigen. Gleichwert­ige Lebensverh­ältnisse sind nur möglich, wenn man die Menschen auch auf dem Land nicht vom öffentlich­en Verkehr abkoppelt.“Die Kommission Gleichwert­ige Lebensverh­ältnisse soll bis Anfang Juli Vorschläge erarbeiten.

Schlusslic­ht ist der Kreis Freyung-grafenau

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Foto: K.-J. Hildenbran­d, dpa Manchmal ganz Bushaltest­elle. weit weg: die nächste

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