Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Mittelstand gegen Öffnung der Geldwäsche-kartei
Familienunternehmen sorgen sich um die eigene Sicherheit
Berlin. Die Familienunternehmen in Deutschland lehnen die von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgesehene Öffnung des Transparenzregisters über Firmenbeteiligungen für jedermann ab. „Mit dem Transparenzregister werden Gesellschafter von Familienunternehmen Sicherheitsrisiken ausgesetzt. Datenschutz endet nicht in dem Moment, in dem ein Mensch einer unternehmerischen Tätigkeit nachgeht“, sagte Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen, unserer Redaktion.
Künftig soll hierzulande jeder sehen können, wer hinter verschachtelten Firmenkonstrukten, Stiftungen und Briefkastenfirmen steht. So sieht es der Gesetzentwurf vor, den Scholz an die anderen Ministerien zur Abstimmung verschickt hat. Dadurch sollen Steuerhinterziehung und Korruption wirksam bekämpft werden. Bisher haben nur Behörden sowie ein kleiner Kreis mit „berechtigtem Interesse“das Recht auf Einsichtnahme. Der Spd-politiker will das ändern und folgt damit einer Eu-richtlinie.
Die Unternehmer halten die Öffnung für zu weitreichend und wollen erreichen, dass die Datenbank weiter nur Behörden und dem kleinen Kreis offensteht. Außerdem verlangen sie ein Auskunftsrecht für die betroffenen Unternehmen darüber, an wen persönliche Daten von Gesellschaftern weitergegeben werden. Der Mittelstand bezweifelt außerdem, dass das Register überhaupt seinen Zweck erfüllt. „Das eigentliche Ziel, die Vermeidung von Terrorfinanzierung und Geldwäsche, wird kaum erreicht: Wer Böses im Schilde führt, wird sich wohl kaum in ein öffentliches Register eintragen“, meinte Kirchdörfer.
In der Tat hat die 2017 eingeführte Kartei bislang die Erwartungen nicht erfüllt und wird von Ermittlern kaum genutzt. Häufiger verschaffen sich hingegen Banken ein Bild darüber, mit wem sie Geschäfte machen. Könnten künftig auch Nichtregierungsorganisationen wie zum Beispiel die Korruptionsbekämpfer von Transparency International auf die Datenbank zugreifen, würde der Kontrolldruck steigen. Zumindest in der Theorie. In der Praxis hat der Finanzminister die Gebührenordnung davor gesetzt. Pro Abruf eines Dokuments werden 4,50 Euro fällig. Bei weitverzweigten Firmengeflechten kommen schnell große Summen zusammen. In Großbritannien ist zumindest ein Teil der Informationen kostenfrei.
Die deutsche Kartei ist angesiedelt beim Bundesverwaltungsamt. Eintragen müssen sich alle Eigner von Firmen, Genossenschaften und Stiftungen, die über 25 Prozent des Kapitals oder der Stimmrechte verfügen. Wer sich nicht einträgt, riskiert ein Bußgeld von bis zu einer Million Euro.
Mit der Reform des Transparenzregisters packt Scholz gleichzeitig härtere Auflagen für Kryptowährungen wie Bitcoin an, wie es ebenfalls die Europäische Union verlangt. Finanzdienstleister, die Kryptogeld in gesetzliche Währungen tauschen und umgekehrt, sollen von der Finanzaufsicht Bafin überwacht werden.