Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Die Welt seit der Finanzkrise
Adam Tooze über Verwerfungen
Die Finanzkrise von 2008 war eine Zeitenwende wie der Weltkriegsbeginn 1914. Das sagt der Historiker Adam Tooze in „Crashed“. Und ihre Ursachen seien heute weder gänzlich verstanden, noch behoben.
Die Krise sorgte für gravierende weltweite Änderungen, politisch wie ökonomisch. Zu den USA als einzige Supermacht hat sich China gesellt, weil der autoritäre Staat von dieser Krise profitiert hat und sein Arm mittlerweile bis nach Osteuropa reicht. Europa selbst? Leidet, so Tooze, unter den „Metastasen der Krise“. Es sträubte sich lange gegen die richtigen finanzpolitischen Instrumente: „Das war eine der schwersten selbst verschuldeten wirtschaftspolitischen Katastrophen der Geschichte.“Gemeint: die von Deutschland favorisierte Austeritätspolitik. Und Tooze stellt fest: „Die Globalisierung der Finanzmärkte wurde durch die Krise enttarnt als Projekt mit weitreichenden Folgen für Vermögensund Machtverteilung.“Eine Reaktion darauf ist der Machtzuwachs nationalistisch-rechter Politiker, allen voran Donald Trump.
„Wie endet eine Ära geringer Konjunkturschwankungen und niedriger Inflation? Wie bauen sich hohe Risiken auf, die nur ansatzweise verstanden werden und kaum kontrollierbar sind?“, fragt sich Tooze am Ende seines Buches. Die nächsten Jahre werden wohl erneut Antworten auf diese Fragen liefern. Mit welchen Konsequenzen, kann derzeit niemand sagen.
Übs. Juraschitz, Peterson, Schmidt; Siedler Verlag, 800 S., 38 ¤