Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Was die neue Datenbrill­e von Facebook kann

Die Oculus Quest will die virtuelle Realität neu erfinden. Sie braucht weder einen PC noch ein Kabel. Der Test

- Andrej Sokolow, dpa

Kann es sein, dass in der Vr-industrie jemand die goldene Mitte gefunden hat? Die neue Virtual-reality-brille Quest der Facebook-firma Oculus könnte der Branche und den Spielern zum lang erhofften Durchbruch verhelfen. Sie hat keine Kabel, bietet trotzdem ein vollwertig­es Spielerleb­nis in der virtuellen Realität – und kostet 449 Euro.

Genauso viel wird auch die Oculus-brille Rift S kosten, die mit einem Kabel an einen PC angeschlos­sen wird und durch den Zugriff auf die leistungss­tarke Grafikkart­e hochwertig­ere Vr-qualität bieten soll. Der Clou an der Quest ist aber: Sie braucht überhaupt keinen PC. Auspacken, einrichten, losspielen. Facebook setzt darauf, dass sich durch die stark vereinfach­te Nutzung auch viel mehr Leute für VR begeistern.

Die wichtigste Neuerung der Quest sind vier Sensoren, die direkt in die Brille integriert sind. Sie erkennen zum einen die Position im Raum und verfolgen zum anderen die Bewegungen der Controller in der rechten und linken Hand. Die vor drei Jahren erschienen­e Rift brauchte noch zwei externe Sensoren. Die einfache Oculus Go aus dem vergangene­n Jahr hat überhaupt keine Umgebungss­ensoren – eignet sich dadurch aber auch nur für Video-inhalte oder sehr simple Vr-spiele. Die Go bleibe „vorerst“auf dem Markt, heißt es von Oculus etwas distanzier­t.

Den Vorteil der neuen Questsenso­ren merkt man schon beim Abstecken des sicheren Spielberei­chs - also der Platzierun­g der virtuellen blauen Wände. Sie sollen verhindern, dass man sich mit der Brille vor den Augen außerhalb eines sicheren Bereiches bewegt. Die Quest hat dafür eine Funktion mit dem Namen Passthroug­h – man sieht in der Brille die tatsächlic­he Umgebung und kann mit dem Controller virtuelle Linien auf dem Boden ziehen.

Das von den Sensoren übertragen­e Umgebungsb­ild erinnert an die Qualität eines Nachtsicht­geräts – schwarz-weiß und verrauscht – aber es erfüllt seinen Zweck sehr gut. Das Bild des Zimmers verlasse dabei nicht die Brille und werde mit Blick auf den Datenschut­z auch nicht mit Software-entwickler­n geteilt, betont Oculus.

Zum Einrichten der Quest muss man sie zunächst mit einem Smartphone koppeln – unter anderem, um die Verbindung zum WLAN herzustell­en. Insgesamt ist man in wenigen Minuten fertig – eine schnelle Internet-verbindung vorausgese­tzt. Denn die Spiele sind in der Regel mehrere hundert Megabyte groß.

In der Quest arbeitet der Smartphone-chip Snapdragon 835 von Qualcomm. Und das setzt Grenzen für die Möglichkei­ten der Brille im Vergleich zum Betrieb über Kabel mit angeschlos­senem PC beim Schwesterm­odell Rift oder der HTC Vive. Nutzer müssen sich auf etwas einfachere Texturen, weniger Detailreic­htum und weniger komplexe physikalis­che Effekte einstellen. Die gute Nachricht allerdings ist: Das stört das Spielerleb­nis nicht.

Dank eines verbessert­en Displays und der bereits bei der Oculus Go eingeführt­en neuen Linsen wirkt das Bild klar. Es ist scharf und gefühlt sogar weniger grobkörnig als bei der vor drei Jahren erschienen­en ersten Rift-generation. Der sogenannte Fliegengit­tereffekt, bei dem man die Abstände zwischen den einzelnen Bildpunkte­n sieht, wirkt deutlich reduziert. Bei einem Spiel wie „Beat Saber“, in dem Spieler auf sie zufliegend­e farbige Würfel zum Musik-rhythmus mit Laserschwe­rtern zerschneid­en müssen, ist die Illusion des virtuellen Raums so gut, dass man sich nichts besseres wünscht.

Die reichhalti­ge Optik von Riftspiele­n wie „Stormland“oder „Asgard’s Wrath“würde dagegen die Quest hoffnungsl­os überforder­n, räumen auch Oculus-manager ein. Und zumindest in der Quest-vorabversi­on des Spiels „Superhot“, bei dem die Action nur so schnell abläuft wie Spieler sich bewegen, waren die Gegner insgesamt merklich langsamer und damit auch harmloser als auf der Rift. Zum Marktstart sollen zunächst 50 Spiele für die Quest verfügbar sein.

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Foto: A. Warnecke, dpa Teurer Spaß: Die Oculus Quest kostet 449 Euro.

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