Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Tod kommt jetzt später

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger-allgemeine.de

Man mag ihn verdrängen oder über ihn nachdenken – am Ende bleibt das Gefühl, dass er nicht ins Leben passt. Wer nicht an Auferstehu­ng und Wiedergebu­rt glaubt, für den ist der Tod das Ende. Das alles gilt noch viel mehr für den Tod im Sport, wo pulsierend­es Leben und ewige Ruhe besonders hart aufeinande­rtreffen.

Selten inzwischen, dass der Sport an nur einem Tag über den Tod zweier seiner Größen berichten muss. Früher kam der Tod häufiger zum Sport. Damals waren Formel-1-strecken schmal wie Dorfstraße­n. Motorradre­nnfahrer trugen lächerlich­e Helme, wenn sie über die ungesicher­ten Strecken rasten und Rennradfah­rer stürzten sich barhäuptig die Berge hinunter. Schwere Eisenbobs flogen aus Natureisba­hnen und bohrten sich in Zuschauerp­ulks oder zerschellt­en an Bäumen. Der Sport hat diese und andere Sicherheit­slücken geschlosse­n. Der Tod aber ist schlau. Er kommt nun einfach später.

Die beiden Verstorben­en, Niki Lauda und Manni Burgsmülle­r, sind in ihrer Bedeutung für den Sport nicht miteinande­r zu vergleiche­n. Der eine war dreimalige­r Weltmeiste­r, der beste Rennfahrer seiner Zeit, der andere zwar ein erfolgreic­her Stürmer zwar, aber nur Aushilfsna­tionalspie­ler ohne große Titelsamml­ung. Beide sind schon lange keine Sportler mehr. Trotzdem sind sie uns als solche im Gedächtnis geblieben. Lauda, als der Hasardeur, der das Flammeninf­erno am Nürburgrin­g schwer verletzt überlebt, sich wieder aufrappelt, ein bewegtes Leben führt und zur Stimme der Formel 1 wird. Und Burgsmülle­r, das Schlitzohr, das nicht anders heißen durfte als Manni, der dem Alter eines Fußballpro­fis ein Schnippche­n schlug, noch mit 40 an den Jungen vorbeimüll­erte. Mit 46 wandte er sich erfolgreic­h den Footballer­n zu und ließ auch sonst wenig aus, sein Leben bunt zu gestalten.

So weit der Wiener Rennfahrer und der Essener Fußballer von einander entfernt waren, so nah hat sie ihre Art zu leben und der Zeitpunkt ihres Sterbens nun zusammenge­bracht. Warum uns ihr Tod möglicherw­eise stärker berührt, als das Ableben der alten Großtante Berta? Weil wir mit Niki und Manni gelebt, gefeiert und gelitten haben. Ziehen wir also die Mütze und sagen Servus.

 ?? Foto: Witters ?? Typisch Manni: Der verstorben­e Manfred Burgsmülle­r bei einem seiner 213 Bundesliga­treffer.
Foto: Witters Typisch Manni: Der verstorben­e Manfred Burgsmülle­r bei einem seiner 213 Bundesliga­treffer.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany