Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Der Tod kommt jetzt später
Man mag ihn verdrängen oder über ihn nachdenken – am Ende bleibt das Gefühl, dass er nicht ins Leben passt. Wer nicht an Auferstehung und Wiedergeburt glaubt, für den ist der Tod das Ende. Das alles gilt noch viel mehr für den Tod im Sport, wo pulsierendes Leben und ewige Ruhe besonders hart aufeinandertreffen.
Selten inzwischen, dass der Sport an nur einem Tag über den Tod zweier seiner Größen berichten muss. Früher kam der Tod häufiger zum Sport. Damals waren Formel-1-strecken schmal wie Dorfstraßen. Motorradrennfahrer trugen lächerliche Helme, wenn sie über die ungesicherten Strecken rasten und Rennradfahrer stürzten sich barhäuptig die Berge hinunter. Schwere Eisenbobs flogen aus Natureisbahnen und bohrten sich in Zuschauerpulks oder zerschellten an Bäumen. Der Sport hat diese und andere Sicherheitslücken geschlossen. Der Tod aber ist schlau. Er kommt nun einfach später.
Die beiden Verstorbenen, Niki Lauda und Manni Burgsmüller, sind in ihrer Bedeutung für den Sport nicht miteinander zu vergleichen. Der eine war dreimaliger Weltmeister, der beste Rennfahrer seiner Zeit, der andere zwar ein erfolgreicher Stürmer zwar, aber nur Aushilfsnationalspieler ohne große Titelsammlung. Beide sind schon lange keine Sportler mehr. Trotzdem sind sie uns als solche im Gedächtnis geblieben. Lauda, als der Hasardeur, der das Flammeninferno am Nürburgring schwer verletzt überlebt, sich wieder aufrappelt, ein bewegtes Leben führt und zur Stimme der Formel 1 wird. Und Burgsmüller, das Schlitzohr, das nicht anders heißen durfte als Manni, der dem Alter eines Fußballprofis ein Schnippchen schlug, noch mit 40 an den Jungen vorbeimüllerte. Mit 46 wandte er sich erfolgreich den Footballern zu und ließ auch sonst wenig aus, sein Leben bunt zu gestalten.
So weit der Wiener Rennfahrer und der Essener Fußballer von einander entfernt waren, so nah hat sie ihre Art zu leben und der Zeitpunkt ihres Sterbens nun zusammengebracht. Warum uns ihr Tod möglicherweise stärker berührt, als das Ableben der alten Großtante Berta? Weil wir mit Niki und Manni gelebt, gefeiert und gelitten haben. Ziehen wir also die Mütze und sagen Servus.