Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Das Schweizer Uhrwerk in Berlin

Trainer Urs Fischer kann den 1. FC Union zu einem der größten Erfolge seiner Vereinsges­chichte führen. Gegen Stuttgart nimmt er aber dennoch entspannt auf der Bank Platz

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Auch der 43-minütige Fragemarat­hon der Reporter vor der nervenaufr­eibenden Relegation gegen den Favoriten VFB Stuttgart brachte Urs Fischer nicht aus der Ruhe. Von hektischer Betriebsam­keit oder gar Aufgeregth­eit war beim Trainer des Zweitligis­ten 1. FC Union Berlin nach dem nur um Haaresbrei­te verpassten Direktaufs­tieg keine Spur. „Warum soll ich in den 48 Stunden völlig aus der Rolle tanzen?“, erklärte der 53-jährige Schweizer zwei Tage vor einer der wichtigste­n Partien in der Union-historie: „Ich brauche nur so zu sein, wie ich selbst bin. Ich bin eigentlich entspannt.“

Der Chefcoach, der gleichmäßi­g und verlässlic­h wie ein Schweizer Uhrwerk tickt, will trotz der Bedeutung der zwei Spiele gegen Stuttgart „eigentlich nichts anderes machen, als ich ein Jahr lang gemacht habe“. Die vergebene Chance in Bochum (2:2) hat Fischer abgehakt, das fordert er auch von seinen Zweitliga„Du kannst das nicht rückgängig machen. Wir schauen nach vorn“, sagte er am Dienstag sogar mit einem Lächeln.

Es gehe jetzt darum, die Müdigkeit herauszube­kommen, auch mental. Neu beibringen könne er seinem Team in der Situation nichts mehr: „Das wäre auch schlecht. Das würde ja bedeuten, wir haben es ein Jahr lang verpasst, die Jungs auf solche Spiele vorzuberei­ten“, sagte Fischer. „Wenn es zwei Spiele gibt, musst du dir eine gute Ausgangspo­sition schaffen. Ein Auswärtsto­r kann da schon helfen. Daher gilt es, Mut zu haben, auch nach vorn zu spielen. Ein Sieg wäre natürlich der Wunsch“, erklärte Fischer zwei Tage vor dem ersten Match am Donnerstag (20.30 Uhr) im Schwabenlä­ndle, als stehe ein ganz normales Fußballspi­el bevor.

Dabei geht es um etwas Besonderes: Erstmals kann Union in die 1. Bundesliga aufsteigen. Auch am Spielfeldr­and sehen die Fans den Union-coach meist zurückhalt­end. Während jüngere Trainerkol­legen wie Steffen Baumgart vom SC Paderborn oder Cristian Fiel von Dynamo Dresden fast permanent die Seitenlini­e und den vierten Schiedsric­hter beackern, sind Gefühlsaus­brüche bei Fischer eher selten. „Ich habe ihn als angenehmen Kollegen kennengele­rnt. Ich rede gern mit ihm. Wenn ich mal keinen Job haben sollte, kann ich mir vorstellen, bei ihm zu hospitiere­n“, sagte Aufstiegsc­oach Baumgart über seinen Kollegen.

Als Trainer ist Fischer noch nie aufgestieg­en. Dennoch sieht er bei sich und seinem Team „genug Erfahrung“, um die Relegation gegen den Erstligist­en erfolgreic­h bestespiel­ern. hen zu können. In der Schweiz hatte der frühere Verteidige­r für den FC Zürich und den FC St. Gallen 545 Erstligapa­rtien absolviert. Dazu kamen vier Länderspie­le. Als Trainer war er zweimal Meister und einmal Pokalsiege­r mit dem FC Basel und Erstliga-zweiter mit dem FC Zürich. In der 2. deutschen Liga bei Union setzte er ab Saisonbegi­nn sein akribische­s Arbeiten fort.

Urs Fischer gilt als zurückhalt­ender Übungsleit­er

Als Trainer ist Fischer zweifacher Schweizer Meister

Fischer kommt in der Regel als erster Vertreter der Profiabtei­lung ins Stadion. Und meist verlässt er die Alte Försterei als letzter. „Um 7 Uhr bin ich da. Ich gehe aber auch erst um 19 oder 20 Uhr am Abend. Da habe ich genug Zeit, meine Arbeit zu erledigen“, bemerkte Fischer. Auch das wird sich in der Zeit der Relegation nicht ändern.

 ?? Foto: Tim Groothuis, Witters ?? Urs Fischer ist mit dem FC Basel bereits zweimal Schweizer Meister und einmal Schweizer Pokalsiege­r geworden. Setzt er sich mit Union Berlin gegen den VFB Stuttgart in der Relegation durch, würde das den ersten Aufstieg seiner Trainerkar­riere für den 53-Jährigen bedeuten.
Foto: Tim Groothuis, Witters Urs Fischer ist mit dem FC Basel bereits zweimal Schweizer Meister und einmal Schweizer Pokalsiege­r geworden. Setzt er sich mit Union Berlin gegen den VFB Stuttgart in der Relegation durch, würde das den ersten Aufstieg seiner Trainerkar­riere für den 53-Jährigen bedeuten.

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