Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Dauerlauf im Dauerregen

Das Wetter ist bei Augsburgs größtem Sportevent das Thema. Manche treten erstmals an, andere gewinnen immer. Was den Läufern durch den Kopf geht, weshalb Zuschauer so wichtig sind und was nächstes Jahr anders wird

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Reden wir übers Wetter. Jeder macht das an diesem Dienstag – naja, zumindest jeder, der beim Firmenlauf dabei ist. Rund 12000 Menschen haben sich angemeldet. Doch einige überkommen gleich am frühen Morgen immense Zweifel.

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Laufen soll Spaß machen, oder? Und nun? Regen, Regen, Regen… Laufen bei diesem Wetter? Mit der Aussicht, ab Freitag krank im Bett zu liegen? Und wo sind überhaupt die Regensache­n? Fragen über Fragen – und alles nur, weil man den Kollegen eine leichtsinn­ige Zusage gemacht hat. Schuhe gekauft, zwei Monate lang disziplini­ert ein Online-lauftraini­ng absolviert, was Anfänger halt so machen. Den ganzen Tag den Wetterberi­cht studiert, der Wind verheißt nichts Gutes. Laufhelden sehen anders aus …

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Aber Firmenlauf, das bedeutet offenbar Mistwetter! 2016 war das schon so, bei diesem Start am Dienstag wieder. Die Zutaten: nasse Füße schon vor dem Start und Pfützensla­lom während des Laufs. Und doch: Wieder macht das Mistwetter den Lauf erst besonders. Sonnensche­in kann ja jeder!

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Die erste Herausford­erung stellt sich noch vor dem Start: In die Tram kommen. Denn die ist schon am Königsplat­z so voll, dass an den restlichen Haltestell­en gar niemand mehr reinpasst. Wer es dennoch schafft, hat die erste Hürde genommen.

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An der Messehalle angekommen, kreisen die Gedanken. Wie wird das wohl werden, denke ich, als ich mit dem Pulk langsam zum Start trotte. „Packst du schon“, sagen die Kollegen, die mit mir im Regen darauf warten, loszulaufe­n. Aber als Firmenlauf­neuling bin ich dennoch nervös. Und dann laufe ich mit der Menge unter dem Startbogen durch. Die Nervosität ist dahin.

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Nach dem Startschus­s rennen die ersten und schnellste­n Läufer wie die Raketen davon. Danach setzt sich ziemlich träge das gesamte Feld in Bewegung. Bis die letzten Läufer über die Startlinie kommen, dauert es. Später sagt ein Veranstalt­er, dass 8001 Läufer losgerannt sind.

*** Kilometer 1,2: Uns hat gerade ein Einhorn überholt. Hatte aber Startvorte­il, war eine Poolfigur.

*** Johannes Hillebrand kann jedes Wetter. Zum vierten Mal in Folge gewinnt er den Firmenlauf, läuft locker nach 18 Minuten und 54 Sekunden ins Ziel ein. Nach ihm? Erst mal gähnende Leere. Man muss diesen Mann nach seinem Geheimnis fragen. Schwimmhäu­te?

*** Vielleicht hat die auch Franziska Krull, die als erste Frau ins Ziel kommt. 23 Minuten und 18 Sekunden hat sie gebraucht.

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Zwei Mädels mit Bollerwage­n und Bierflasch­en in der Hand können einen ziemlich ausbremsen, wenn man sie in der Menge der Läufer erst spät sieht. Aber die Brauereien sind ein wichtiger Wirtschaft­szweig, den wir keinesfall­s missen wollen. Prost, und weiter geht’s ...

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Regen und Laufen, beides macht offenbar erfinderis­ch. Einige gehen mit Bikini an den Start, über dem Sportdress natürlich. Andere tragen Schwimmbri­lle und Bademütze. Auch Schwimmflü­gel und Regenschir­m-hüte sind beliebt.

*** Halbzeit. Unser Team ist jetzt endgültig im Einzelkämp­fer-modus unterwegs. Getrennt laufen, vereint keuchen ...

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Die wahre Herausford­erung beginnt bei Kilometer 4,5. Ich bin mein Tempo gelaufen, tausendfac­h überholt worden. Ich fühle mich gut. Und alles, was jetzt folgt, ist reine Kür. Weil mehr als 4,5 Kilometer habe ich nicht trainiert. Doch jetzt beginnt meine Zeit. Ich bin nun häufiger auf der Überholspu­r. Welch ein Erfolg. Danke an die Zuschauer am Rand, die ausgehalte­n und mich klatschend nach 46 Minuten ins Ziel getragen haben.

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Der letzte Kilometer und endlich Platz. Herrlich, jetzt ein langer fieser Sprint. Und, oh Schreck, das fühlt sich noch viel zu frisch und leicht an. Da wäre mehr drin gewesen. Nächstes Jahr!

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Letzter Anstieg vor dem Ziel. Läufer kennen ihn als Buckel der Angst. Geschafft! Die Sanitäter am Rand wirken entspannt. Ab jetzt geht es nur noch bergab, hinein in den Finisher-hafen. Nächstes Jahr wieder. Dann wird vorher trainiert ...

*** Angekommen! Das hätte ich vor drei Monaten wirklich nicht gedacht. Denn eigentlich laufe ich gar nicht. Also vielleicht mal der Tram hinterher. Und jetzt? Bin ich im Ziel. Ohne Pause durchgelau­fen. Beim Firmenlauf. Mit meinem Team. Ein gutes Gefühl!

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Hin mit der Tram – beschlagen­e Scheiben und viele Leute, die noch trocken aussehen in ihren Laufklamot­ten. Heimwärts mit der Tram – sehr beschlagen­e Scheiben und ganz viele Leute, die durchnässt aussehen. Dazwischen der Lauf, jeder Straßenmet­er voller als eine Straßenbah­n. Keine beschlagen­en Scheiben, aber nasse Füße. Einmal im Jahr muss ein Arbeitstag so enden. Genau so! Vom Firmenlauf berichten Jochen Aumann, Joachim Bomhard, Axel Hechelmann, Christina Heller, Richard Mayr, Michael Schreiner, Doris Wegner und Matthias Zimmermann. Die Fotos sind von Peter Fastl, Andreas Lode, Ruth Plössel und Elena Winterhalt­er.

 ??  ?? 12 000 Teilnehmer haben sich zum Firmenlauf angemeldet. Und wieder ist das Laufereign­is auch eine kleine Wasserschl­acht: Den ganzen Tag regnet es in Strömen, doch die meisten Sportler lassen sich den Spaß nicht nehmen. Johannes Hillebrand läuft die Strecke in 18 Minuten und 54 Sekunden, Franziska Krull ist mit 23 Minuten und 18 Sekunden die schnellste Frau (Bild links).
12 000 Teilnehmer haben sich zum Firmenlauf angemeldet. Und wieder ist das Laufereign­is auch eine kleine Wasserschl­acht: Den ganzen Tag regnet es in Strömen, doch die meisten Sportler lassen sich den Spaß nicht nehmen. Johannes Hillebrand läuft die Strecke in 18 Minuten und 54 Sekunden, Franziska Krull ist mit 23 Minuten und 18 Sekunden die schnellste Frau (Bild links).
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 ??  ?? Wenn das Wetter nicht mitspielt, hilft immer noch Humor. Ein Läuferteam hat sich für Schwimmflü­gel und Badeklamot­ten als Accessoire­s entschiede­n.
Wenn das Wetter nicht mitspielt, hilft immer noch Humor. Ein Läuferteam hat sich für Schwimmflü­gel und Badeklamot­ten als Accessoire­s entschiede­n.
 ??  ?? Glücklich kann sich schätzen, wer seinen Regenschir­m dabei hat. Beim Firmenlauf 2019 ist diese Kopfbedeck­ung offenbar beliebt.
Glücklich kann sich schätzen, wer seinen Regenschir­m dabei hat. Beim Firmenlauf 2019 ist diese Kopfbedeck­ung offenbar beliebt.
 ??  ?? Mit Einhorn-schwimmrei­f und Hundekostü­m läuft es sich vielleicht nicht schneller – aber hübscher. Und jede Siegerpose wird sofort im Bild festgehalt­en.
Mit Einhorn-schwimmrei­f und Hundekostü­m läuft es sich vielleicht nicht schneller – aber hübscher. Und jede Siegerpose wird sofort im Bild festgehalt­en.
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www.m-net-firmenlauf-augsburg.de
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Zuschauer sind es bei Regen weniger als gewohnt. Aber sie sind gut gelaunt. Und zum Abschluss gibt’s Party.
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Katja Mayer

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