Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Jetzt mal im Ernst
Nora Tschirner wollte Schauspielerin werden – und wurde Moderatorin, Regisseurin und Musikerin gleich dazu. Nur ihr Privatleben soll keine Rolle spielen
Als Moderatorin bei MTV kannten sie viele, seit Til Schweiger sie für die Rolle der Anna in „Keinohrhasen“ins Boot holte, kennt sie jeder. Nora Tschirner ist aus der deutschen Filmbranche nicht mehr wegzudenken. Den romantischen Komödien scheint sie jedoch entwachsen zu sein, denn ihr neuer Film ist alles andere als witzig.
Schon als Kind legt die 38-Jährige den Grundstein für ihre Schauspielkarriere. Regelmäßig steht sie auf Theaterbühnen. In einer Folge der Zdf-serie „Achterbahn“spielt sie 1997 mit 16 Jahren erstmals vor der Kamera, damals noch als Nebendarstellerin. Es folgen weitere kleinere Rollen. 2001 geht sie zum Musiksender MTV. Tschirner moderiert Nachrichten und die Charts. Schon damals fällt sie durch ihre unbekümmerte Art
und freche Sprüche auf. Etwa den: „Ich arbeite bei einem Sender, in dem der größte Mist gehypt wird.“Schnell hat sie den Ruf, die unberechenbarste Charts-moderatorin im Fernsehen zu sein. Für MTV mutiert sie zur Allzweckwaffe: Bald steht sie gemeinsam mit Komiker Christian Ulmen für dessen Show „Ulmens Auftrag“vor der Kamera. Gemeinsam entlarven sie darin den Wahnsinn des Alltags. Parallel dazu spielt sie in zahlreichen deutschen Komödien mit – bis sie 2007 die Rolle der etwas verpeilten Anna Gotzlowski in „Keinohrhasen“übernimmt. Der Durchbruch.
Es folgen Nebenrollen in oft banalen Komödien wie „What a man“oder „Vorstadtkrokodile“. 2012 wechselt Tschirner erstmals hinter die Kamera – und zu ernsten Themen: Im Dokumentarfilm „Waiting Area“porträtiert sie vier Mädchen aus Äthiopien, die an Geburtsfisteln leiden und in ihrer Heimat deshalb sozial geächtet sind. Im gleichen Jahr startet sie mit der Chansonband „Prag“als Sängerin und Gitarristin durch. Drei Jahre später beendet sie das Projekt jedoch. An der Seite ihres langjährigen guten Freundes Christian Ulmen übernimmt sie 2013 als Hauptkommissarin Kira Dorn den Weimar-tatort in der ARD. Trotz all der Aufmerksamkeit durch Medien und Fans hat Tschirner es irgendwie geschafft, ihr Privatleben für sich zu behalten. So ist zwar bekannt, dass sie ein Kind hat. Das Geschlecht behält sie aber für sich – ebenso wie die Identität des Vaters. In der Öffentlichkeit bewegt sich die Schauspielerin meist unauffällig, sie will nicht erkannt werden. Einmal sagt sie, sie möge es nicht, „wie im Streichelzoo angefasst und fotografiert“zu werden. Wenn Fans auf der Straße Fotos von ihr oder ihrer Familie machen, geht sie schon auch mal hin und fordert sie auf, das Bild zu löschen.
Im heute erscheinenden Drama „Gut gegen Nordwind“spielt sie eine der Hauptrollen. Von ihrer einstigen Paraderolle als trotteligwitzige Nebenfigur ist nur noch wenig zu sehen. Jonathan Mayer