Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wohnen: Wie lässt sich die Preisspirale stoppen?
In diesem Frühjahr will die Stadt Überlegungen präsentieren, wie sie im Wohnungsmarkt intervenieren will. Manches hört sich interessant an, doch es könnte Kontroversen geben
Eine Woche hat sich unsere Zeitung intensiv mit dem Thema „Wohnen“auseinandergesetzt. Wo steht Augsburg, wo wird es sich hinentwickeln? Die bisher offene Frage ist: An welchen Stellschrauben kann gedreht werden, um die Preisspirale zu dämpfen?
Wohnen in Augsburg ist teurer, aber (noch) nicht für jeden zum Problem geworden. Wer einen älteren Mietvertrag hat, der hat keine so schlechten Chancen, zu einer auskömmlichen Miete zu wohnen, weil bei Weitem nicht alle Vermieter den gesetzlichen Rahmen bei Mieterhöhungen ausschöpfen. Aber es gibt eine zunehmende Zahl von Menschen, für die die Wohnungspreise zum Problem werden: Leute mit wenig Geld oder Alleinerziehende. Der Markt ist rauer geworden. Und in der Tendenz wird er noch rauer werden, denn die ungebrochen hohen Bodenpreise bedingen teure Neubauwohnungen und letztlich hohe Mieten.
Eine zentrale Frage wird sein, wie stark sich die öffentliche Hand künftig einmischen wird. Ohne dass sich hiesige Bauträger wie „Immobilienhaie“verhielten, sorgten die Gesetzmäßigkeiten von Angebot und Nachfrage für eine Preisspirale.
Was kann die Stadt tun? Mehr Baugebiete auszuweisen, ist eine Möglichkeit, von der die Stadt Gebrauch macht. Mehr Wohnungen sind in jedem Fall nötig. Ob das steigende Angebot für sinkende Preise sorgt (der Zuzug wird durch mehr Wohnungen angekurbelt) ist eine offene Frage.
Eine Quote von 30 Prozent geförderte Wohnungen (früher Sozialwohnungen) in neuen Bebauungsplänen würde für mehr Wohnungen sorgen, in denen die Bewohner – gestaffelt nach dem Einkommen vom Hartz-iv-empfänger bis zur Mittelschicht-familie – einen staatlichen Zuschuss zur Miete bekommen. 70 Prozent (!) der Augsburger hätten Anspruch darauf. Die Zahl der geförderten Wohnungen sank in Augsburg in den vergangenen Jahrzehnten, weil die Bindungsfrist auslief, nach der die geförderten Wohnungen in den freien Markt gehen dürfen. Inzwischen gibt es eine leichte Trendwende.
Ohne die städtische Wohnbaugruppe mit ihren 10 000 sehr günstigen Wohnungen sähe es in Augsburg noch magerer aus.
Momentan arbeitet die Stadt an einem Konzept zur Bodennutzung.
Die Idee setzt ganz am Anfang der Entstehungskette von hohen Mieten an – den Bodenpreisen. Kommunen haben die Möglichkeit, Gewinne abzuschöpfen, wenn aus bisher günstigem Ackerland durch ihre Umplanungen teureres Bauland wird. Eine Idee, die Baureferent Gerd Merkle (CSU) – in der Vergangenheit kein übermäßiger Freund von zu starker städtischer Intervention – hat, ist offenbar, der Stadt bei größeren Bauvorhaben die Möglichkeit einzuräumen, ein Drittel des Bodens zum Preis von Ackerland zu kaufen, obwohl es inzwischen als Bauland den vielfachen Wert hat. Fix ist das noch nicht. Merkle will dem Stadtrat im Februar einen Entwurf vorlegen.
Was die Stadt zuletzt angestoßen hat, gibt schon einen Hinweis auf die künftige Richtung. Auf dem Sheridan-areal sollen Grundstücke der städtischen Tochter AGS in Konzeptvergabe verkauft werden. Dabei zählt nicht der höchste Preis, sondern das Konzept. Zum Zug kommen können auch Genossenschaften oder Baugemeinschaften, die günstigen Wohnraum bieten.
Bei Genossenschaften müssen Mitglieder einen Einmalbeitrag zahlen und können dann gegen eine monatliche Nutzungsgebühr eine Wohnung zu günstigen Konditionen nutzen. Bei einer Baugemeinschaft legen mehrere Bauherren zusammen und bauen nach ihren Vorstellungen eine Wohnanlage. Sie sind dann Eigentümer ihrer Wohnung und sparen sich ohne Bauträger Geld. Eine Hoffnung der Genossenschaften ist, dass die Stadt eigene Grundstücke in Erbpacht vergibt – die Nutzer zahlen keine Erwerbskosten, sondern zahlen über die nächsten 100 Jahre einen Zins für die Nutzung. All das dürfte im Frühjahr noch für politische Diskussionen sorgen. SPD und Grüne dringen seit Jahren auf ein entschiedeneres Vorgehen der Stadt. Die CSU kam dem teilweise entgegen, was aber nicht verhinderte, dass sich die Koalitionäre CSU und SPD diese Woche in die Haare gerieten.
Ganz unproblematisch sind all die möglichen Vorgaben zu Sozialquote und Gewinnabschöpfung nämlich auch nicht. Der Bau einer geförderten Wohnung kann für einen Investor durchaus lohnend sein, wenn er sie lange genug im Bestand behält. Nur wollen viele Investoren
lieber schnell verkaufen, um mit den Einnahmen das nächste Projekt in Angriff nehmen zu können. Die CSU verweist auch darauf, dass Investoren im Ausgleich die Preise für die frei finanzierten Wohnungen erhöhen könnten.
Gleiches gilt für die 30-Prozentklausel bei der Bodenwertabschöpfung: Wenn die Stadt sich günstig einen Anteil am Boden in Baugebieten vom Investor sichert, kann sie damit spezielle Projekte fördern. Doch möglicherweise sorgt auch das für höhere Preise bei den entstehenden Wohnungen. Die Folge wäre eine Zweiteilung des Preisniveaus.
Es wird in den kommenden Monaten viel zu diskutieren geben. Gar nichts zu tun, würde die momentane Entwicklung fortsetzen. Dann würde Wohnen für größere Anteile der Bevölkerung irgendwann zum Problem werden.
Auch das Umland steht in der Pflicht