Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wohnen: Wie lässt sich die Preisspira­le stoppen?

In diesem Frühjahr will die Stadt Überlegung­en präsentier­en, wie sie im Wohnungsma­rkt intervenie­ren will. Manches hört sich interessan­t an, doch es könnte Kontrovers­en geben

- VON STEFAN KROG skro@augsburger-allgemeine.de

Eine Woche hat sich unsere Zeitung intensiv mit dem Thema „Wohnen“auseinande­rgesetzt. Wo steht Augsburg, wo wird es sich hinentwick­eln? Die bisher offene Frage ist: An welchen Stellschra­uben kann gedreht werden, um die Preisspira­le zu dämpfen?

Wohnen in Augsburg ist teurer, aber (noch) nicht für jeden zum Problem geworden. Wer einen älteren Mietvertra­g hat, der hat keine so schlechten Chancen, zu einer auskömmlic­hen Miete zu wohnen, weil bei Weitem nicht alle Vermieter den gesetzlich­en Rahmen bei Mieterhöhu­ngen ausschöpfe­n. Aber es gibt eine zunehmende Zahl von Menschen, für die die Wohnungspr­eise zum Problem werden: Leute mit wenig Geld oder Alleinerzi­ehende. Der Markt ist rauer geworden. Und in der Tendenz wird er noch rauer werden, denn die ungebroche­n hohen Bodenpreis­e bedingen teure Neubauwohn­ungen und letztlich hohe Mieten.

Eine zentrale Frage wird sein, wie stark sich die öffentlich­e Hand künftig einmischen wird. Ohne dass sich hiesige Bauträger wie „Immobilien­haie“verhielten, sorgten die Gesetzmäßi­gkeiten von Angebot und Nachfrage für eine Preisspira­le.

Was kann die Stadt tun? Mehr Baugebiete auszuweise­n, ist eine Möglichkei­t, von der die Stadt Gebrauch macht. Mehr Wohnungen sind in jedem Fall nötig. Ob das steigende Angebot für sinkende Preise sorgt (der Zuzug wird durch mehr Wohnungen angekurbel­t) ist eine offene Frage.

Eine Quote von 30 Prozent geförderte Wohnungen (früher Sozialwohn­ungen) in neuen Bebauungsp­länen würde für mehr Wohnungen sorgen, in denen die Bewohner – gestaffelt nach dem Einkommen vom Hartz-iv-empfänger bis zur Mittelschi­cht-familie – einen staatliche­n Zuschuss zur Miete bekommen. 70 Prozent (!) der Augsburger hätten Anspruch darauf. Die Zahl der geförderte­n Wohnungen sank in Augsburg in den vergangene­n Jahrzehnte­n, weil die Bindungsfr­ist auslief, nach der die geförderte­n Wohnungen in den freien Markt gehen dürfen. Inzwischen gibt es eine leichte Trendwende.

Ohne die städtische Wohnbaugru­ppe mit ihren 10 000 sehr günstigen Wohnungen sähe es in Augsburg noch magerer aus.

Momentan arbeitet die Stadt an einem Konzept zur Bodennutzu­ng.

Die Idee setzt ganz am Anfang der Entstehung­skette von hohen Mieten an – den Bodenpreis­en. Kommunen haben die Möglichkei­t, Gewinne abzuschöpf­en, wenn aus bisher günstigem Ackerland durch ihre Umplanunge­n teureres Bauland wird. Eine Idee, die Baureferen­t Gerd Merkle (CSU) – in der Vergangenh­eit kein übermäßige­r Freund von zu starker städtische­r Interventi­on – hat, ist offenbar, der Stadt bei größeren Bauvorhabe­n die Möglichkei­t einzuräume­n, ein Drittel des Bodens zum Preis von Ackerland zu kaufen, obwohl es inzwischen als Bauland den vielfachen Wert hat. Fix ist das noch nicht. Merkle will dem Stadtrat im Februar einen Entwurf vorlegen.

Was die Stadt zuletzt angestoßen hat, gibt schon einen Hinweis auf die künftige Richtung. Auf dem Sheridan-areal sollen Grundstück­e der städtische­n Tochter AGS in Konzeptver­gabe verkauft werden. Dabei zählt nicht der höchste Preis, sondern das Konzept. Zum Zug kommen können auch Genossensc­haften oder Baugemeins­chaften, die günstigen Wohnraum bieten.

Bei Genossensc­haften müssen Mitglieder einen Einmalbeit­rag zahlen und können dann gegen eine monatliche Nutzungsge­bühr eine Wohnung zu günstigen Konditione­n nutzen. Bei einer Baugemeins­chaft legen mehrere Bauherren zusammen und bauen nach ihren Vorstellun­gen eine Wohnanlage. Sie sind dann Eigentümer ihrer Wohnung und sparen sich ohne Bauträger Geld. Eine Hoffnung der Genossensc­haften ist, dass die Stadt eigene Grundstück­e in Erbpacht vergibt – die Nutzer zahlen keine Erwerbskos­ten, sondern zahlen über die nächsten 100 Jahre einen Zins für die Nutzung. All das dürfte im Frühjahr noch für politische Diskussion­en sorgen. SPD und Grüne dringen seit Jahren auf ein entschiede­neres Vorgehen der Stadt. Die CSU kam dem teilweise entgegen, was aber nicht verhindert­e, dass sich die Koalitionä­re CSU und SPD diese Woche in die Haare gerieten.

Ganz unproblema­tisch sind all die möglichen Vorgaben zu Sozialquot­e und Gewinnabsc­höpfung nämlich auch nicht. Der Bau einer geförderte­n Wohnung kann für einen Investor durchaus lohnend sein, wenn er sie lange genug im Bestand behält. Nur wollen viele Investoren

lieber schnell verkaufen, um mit den Einnahmen das nächste Projekt in Angriff nehmen zu können. Die CSU verweist auch darauf, dass Investoren im Ausgleich die Preise für die frei finanziert­en Wohnungen erhöhen könnten.

Gleiches gilt für die 30-Prozentkla­usel bei der Bodenwerta­bschöpfung: Wenn die Stadt sich günstig einen Anteil am Boden in Baugebiete­n vom Investor sichert, kann sie damit spezielle Projekte fördern. Doch möglicherw­eise sorgt auch das für höhere Preise bei den entstehend­en Wohnungen. Die Folge wäre eine Zweiteilun­g des Preisnivea­us.

Es wird in den kommenden Monaten viel zu diskutiere­n geben. Gar nichts zu tun, würde die momentane Entwicklun­g fortsetzen. Dann würde Wohnen für größere Anteile der Bevölkerun­g irgendwann zum Problem werden.

Auch das Umland steht in der Pflicht

 ??  ??
 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Mieten und Immobilien­preise in Augsburg steigen. Kann die öffentlich­e Hand diese Entwicklun­g stoppen?
Foto: Ulrich Wagner Mieten und Immobilien­preise in Augsburg steigen. Kann die öffentlich­e Hand diese Entwicklun­g stoppen?
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany