Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ein tödlicher Schlag auf offener Straße
Zwei Ehepaare sind auf dem Heimweg vom Christkindlesmarkt, als sie auf eine Gruppe junger Leute treffen. Einer der Jugendlichen schlägt zu, ein 49-Jähriger stirbt. Seitdem ist die Betroffenheit nicht nur in Augsburg groß
Ein kleiner Baum am Königsplatz ist seit Wochen von einem Meer aus Kerzen umrahmt. Sie erinnern an einen 49-jährigen Mann, der hier in der Nähe am Freitag, 6. Dezember, getötet wurde. Der Mann hatte mit seiner Ehefrau und einem befreundeten Ehepaar den Christkindlesmarkt besucht und war nach Erkenntnissen der Polizei auf dem Heimweg, als die Gruppe am Königsplatz auf sieben Jugendliche und junge Erwachsene traf. Was dann passierte, ist seither Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens von Polizei und Staatsanwaltschaft – und hat Augsburg bundesweit in den medialen Fokus gerückt.
In jedem Fall ist es eine Tragödie. Denn der 49-Jährige, von Beruf Feuerwehrmann für die Stadt Augsburg, wird nach Auskunft der Polizei aus der siebenköpfigen Gruppe heraus angegriffen, er wird von einem 17-jährigen Jugendlichen ins Gesicht geschlagen. Und er stirbt an den Folgen dieses Schlages, auch wenn Ersthelfer und Rettungskräfte noch versuchen, den Mann wiederzubeleben. Auch der Begleiter des
Opfers, ein 50-jähriger Mann, wird von den Jugendlichen attackiert und schwer im Gesicht verletzt.
Die Polizei fahndet nach der Gruppe und nimmt schließlich am Sonntag sieben Verdächtige fest. Es sich um junge Männer, 17 bis 20 Jahre, alle gebürtige Augsburger mit Migrationshintergrund, viele von ihnen aus Oberhausen. Zugeschlagen haben soll im Fall des 49-jährigen Mannes nur einer aus der Gruppe, in Untersuchungshaft kommen zunächst aber alle sieben Verdächtigen. Der 17-Jährige wegen des Verdachtes auf Totschlag, die anderen wegen des Verdachtes auf Beihilfe dazu.
Das mediale Interesse an dem Fall ist gewaltig. Bei einer Pressekonferenz schildert die Polizei den Tatablauf so: Das Opfer sei von den Jugendlichen am Königsplatz umringt und dann unvermittelt von der Seite geschlagen worden. Es ist eine Version, die von den Anwälten der Beschuldigten schnell in Zweifel gezogen wird, unter anderem wegen des Videos von der Dashcam eines Taxis am Königsplatz, das aus ihrer Sicht Zweifel nährt.
Auf der Sequenz ist zu sehen, wie es ein kurzes Handgemenge gibt – offensichtlich zwischen dem 49-jährigen späteren Opfer und mehreren Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Von wem das erste Schubsen ausging, ist auf dem Video nicht zu erkennen. Es ist unscharf und aus Distanz gefilmt.
Nicht nur die Anwälte, sondern auch ein früherer Bundesrichter behandelt zweifelt, dass es sich bei der Tat juristisch gesehen um einen Totschlag handelt und dass sich die Begleiter des 17-Jährigen, der zugeschlagen haben soll, der Beihilfe dazu schuldig gemacht haben könnten.
Ohnehin ist die Resonanz auf die Gewalttat groß. Im Internet wird vor der Festnahme der Tatverdächtigen massiv Kritik an der Vorgehensweise der Polizei geübt, keine genaue Täterbeschreibung oder Fahndungsfotos zu veröffentlichen; es gibt Beschimpfungen und Unterstellungen, auch gegenüber der Presse. Die Kripobeamten sind sich allerdings schon recht früh sicher, die mutmaßlichen Täter ermitteln zu können – und wollen sie nicht zum Untertauchen animieren. Entscheidend sei der Ermittlungserfolg, heißt es von der Augsburger Polizei, deren Präsident mehrfach Stellung bezieht gegen die Pöbeleien im Netz. Der Abschluss der Ermittlungen wird voraussichtlich noch eine Weile dauern. Die Stadt und ihre Bürger werden die Tat und seine Folgen ohnehin noch sehr lange beschäftigen.