Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Aschenbröd­el verzaubert nicht nur Prinzen

Der Kultfilm ist im Liliom auf Großleinwa­nd zu sehen. Mancher Mann erweist seiner Frau da einen Liebesdien­st

- VON DIANA ZAPF-DENIZ

Kenner schmelzen allein bei Erwähnung des Filmtitels dahin und beginnen, die bekannte Titelmelod­ie zu summen: Der tschechisc­he Märchenfil­m „Drei Nüsse für Aschenbröd­el“hat eine große Fangemeind­e, die wahrschein­lich jede Szene nachspiele­n könnte: Aschenbröd­el, wie es den selbstverl­iebten Prinzen mit Schnee bewirft und beim Jagen besiegt. Aschenbröd­el, wie es mit seinen einzigen Vertrauten spricht, einer Eule und einem Pferd. Aschenbröd­el, wie es auf dem Ball in Schloss binnen Sekunden einen kompletten Hofstaat verzaubert.

Jedes Jahr im Advent warten die Fans gespannt darauf, wann der Film diesmal ausgestrah­lt wird. Kein Wunder also, dass das Angebot, ihn einmal auf Großleinwa­nd im Kino zu sehen, so gut angenommen wurde. Im Liliom zum Beispiel war der 1973 in der Tschechosl­owakei und der DDR gedrehte Film von Václav Vorlíc˘ek an allen vier Adventssam­stagen zu sehen.

Lea Ableitner und Manuel Kempinger, beide 18 Jahre und aus Augsburg, sehen ihn sich am Samstag als Pärchen an. „Ich habe den Film jedes Jahr als Sonntagsmä­rchen im Fernsehen gesehen. Es ist ein cooles Märchen. Das Aschenputt­el ist nicht so hilflos und lässt sich auch nicht alles gefallen“, schwärmt Ableitner. Außerdem gefallen ihr die Kleider und die Atmosphäre. Kemihre pinger ist seiner mitgegange­n.

Ebenso geht es Ralf Mayershofe­r, der mit Ehefrau Daniela Reichelt gekommen ist. Das Paar ist um die 40, und Reichelt erzählt: „Ich bin ein Ossi und ich habe den Klassiker von Kindheit an jedes Jahr gesehen.“Der Film sei eine Tradition für sie – wie Kartoffels­alat und Bratwurst. Er gehöre einfach zu Weihnachte­n dazu. „Bisher habe ich ihn immer nur im Fernsehen gesehen und ich dachte mir: Wenn der im Kino ganz groß auf Leinwand

Freundin

zuliebe kommt, dann muss ich da hin“, berichtet sie und ihre Augen leuchten. Für Monika Semm aus Türkheim stand auch sofort fest, dass sie ins Kino muss. Sie sah den Film das erste Mal mit acht Jahren und seitdem kulthaft jedes Jahr, während sie den Christbaum schmückt. Im Kino habe sie ihn noch nie gesehen. Semm liebt die Filmmelodi­e und freut sich auf ihre Lieblingss­zenen, wenn Aschenbröd­el als Junge verkleidet, abenteuerl­ich durch den Wald reitet und dem Prinzen begegnet. „Der Film hat einen Kitschfakt­or hoch zehn und ist zeitlos schön“, begeistert sie sich. Am Ende, wenn das Traumpaar über die Schneeland­schaft reitet, müsse sie immer weinen.

Freundin Alice Winter aus Friedberg liebt die Märchenver­filmung ebenfalls: „Das Aschenbröd­el ist emanzipier­t und clever, kann reiten und mit der Armbrust schießen. Den Prinzen hätte ich mir ein wenig schlauer gewünscht.“Winter freut sich, dass sich die neuen Inhaber des Liliom so viel Mühe geben und diesen Film bringen.

Und tatsächlic­h möchten die Betreiber Daniela Bergauer und Michael Hehn den Film in ihrem Kino zu einer Weihnachts­tradition werden lassen. Der Film spreche ein breites Publikum an, und sie möchten so das Erlebnis Kino wieder voranbring­en. Die Leute sollen „rausgehen und zusammenko­mmen und nicht alleine vor dem Fernseher versauern“.

Für die beiden Brüder Anatol und Constantin Moritz (sechs und vier Jahre) ist die Aufregung groß. Seit Tagen fragen sie, wann es endlich so weit sei, dass sie ins Kino dürfen. Sie kennen weder den Film noch waren sie je in einem Kino. Ihre Mutter Katharina möchte ihren Kindern diesen Film unbedingt zeigen, der bei ihr wohlige Kindheitsg­efühle weckt, da sie ihn immer bei ihrer Oma anschauen durfte. Nach der Vorstellun­g kommt Anatol freudestra­hlend aus dem Saal. Nicht nur sein Fazit lautete: „Der Film war sooooo schön.“Na dann: 2020 kommt er wieder – im Fernsehen auf jeden Fall, und vielleicht auch im Kino.

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Foto: Wdr/dpa/obs, Krieger Der prächtig gekleidete Prinz sucht im Film nach seinem Aschenbröd­el. Das Volk kann nicht glauben, wer dieses Mädchen sein soll.
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Katharina und Alexander Moritz kamen mit den Kindern Constantin und Anatol.
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Lea Ableitner
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Daniela Reichelt

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